Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
mochte es gar nicht, von irgendetwas ausgeschlossen zu sein.
***
Die Kollegen der
Kriminaltechnik waren noch mitten in der Arbeit, als Oda am Nassauhafen
eintraf. Christine stand bereits neben dem Kollegen Herz auf dem schwimmenden
Steg und wartete darauf, dass sie an Bord gehen durfte. Wie stets war sie
perfekt gekleidet. Heute trug sie ihr langes Blondhaar zu einem Knoten am Hinterkopf
zusammengefasst. Das dunkelblaue Kostüm ließ eher an eine Bankmanagerin denn an
eine Kommissarin denken. Na ja. Oda ertappte sich leider immer wieder dabei,
dass ein kleiner Schuss Neid in ihr hochstieg, wenn sie Christine in dieser
Perfektion erlebte. Dabei war das absolut unnötig. Und unschön. Denn vielleicht
brauchte Christine es, nach außen hin perfekt zu sein, um von ihrem derzeit
wirklich desaströsen Privatleben abzulenken. Während Oda sich darauf freute,
mit Jürgen zusammenzuziehen, hatte Christine im letzten Oktober erfahren
müssen, dass Frank, mit dem sie noch immer verheiratet war, Vater geworden war.
Inzwischen allerdings stand Christines Scheidung unmittelbar bevor. Oda machte
sich, auch wenn Christine und sie nun nicht gerade als dicke Freundinnen zu
bezeichnen waren, durchaus Sorgen, wenn sie sah, wie ihre Kollegin immer dünner
wurde.
Forsch trat Oda
näher. »Moin.«
»Moin«, sagte
Herz, und auch Christine, die sich inzwischen bestens an die hiesigen
Sprachgepflogenheiten angepasst hatte, erwiderte: »Moin.« Erst vor knapp zwei
Jahren war sie aus Hannover nach Wilhelmshaven gekommen, kannte die Stadt aber
inzwischen wie manch anderer nicht, der hier geboren war. Was an ihrem
Perfektionismus lag, wie Oda wusste.
»Haben die von der
Spurensicherung schon was gesagt?« Sie blickte in Richtung der beiden
Segelschiffe, die miteinander vertäut am Ponton lagen.
»Das Ganze klingt
ziemlich nebulös. Der Name des Schiffes und der Heimathafen sind abgekratzt.
Dadurch ist Herr Fademrecht, der die Leiche gefunden hat, darauf gekommen, dass
etwas nicht in Ordnung sein könnte.« Christine deutete auf ein Paar, das nicht
weit von ihnen entfernt stand. Der Mann hielt die Frau umschlungen. »Ich hab
gerade schon kurz mit ihnen gesprochen.«
War ja klar,
dachte Oda. Hast wieder nicht abwarten können, bis ich da bin.
»Hast du«,
erwiderte sie.
»Ja.« In knappen
Zügen erzählte Christine, was das Ehepaar Fademrecht berichtet hatte.
»Aha.« Oda griff
in die Tasche ihrer Weste und zog eine Schachtel Zigaretten heraus. Nachdem sie
sich eine angesteckt hatte, sagte sie: »Wenn du das schon erledigt hast, dann
warten wir mal, was Manssen und Co zu sagen haben.« Sie inhalierte noch dreimal
und trat dann die Zigarette aus. In diesem Moment fiel ihr ein, dass sie es
nicht geschafft hatte, Jürgen zu Weihnachten ihren Nichtraucherstatus zu
schenken. Mist. Ach was, dachte sie gleich darauf, ich höre eben demnächst auf.
Wenn wir in der neuen Wohnung sind. In diesem Moment klingelte ihr Handy. Es
war Jürgen, wie sie auf dem Display sah.
»Na, das war wohl
Gedankenübertragung«, meldete sie sich fröhlich. »Hast du gemerkt, dass ich
gerade an dich gedacht hab?« Sie entfernte sich ein paar Schritte.
Jürgen klang
anders als sonst. »Ich muss mit dir reden. Es ist dringend. Kannst du zu Mittag
im ›Haven Café‹ sein?« Anscheinend stand er heftig unter Strom.
»Weiß ich nicht.
Hab grad eine Leiche am Nassauhafen und kann überhaupt nicht sagen, wie lange
es dauert. Die Spurensicherung ist noch an Bord, und erst wenn die weg sind,
können Christine und ich loslegen. Um was geht's denn?«
»Das kann ich dir
am Telefon nicht sagen. Ruf bitte an, sobald du Zeit hast.«
»Ist gut.« Oda war
verdutzt. Was war das denn jetzt? Solche Töne hatte sie noch nie von Jürgen
gehört. Kriegte der jetzt Schiss wegen der gemeinsamen Wohnung? Sie wollte
schon auflegen, als sie noch einmal seine Stimme hörte. »Ach Oda …«
»Ja?«
»Ich hab dich
lieb.«
Nein, da war etwas
ganz und gar nicht in Ordnung. Sie nickte. »Ich hab dich auch lieb. Und ich
meld mich, sobald ich Luft habe.«
»Na dann: Halt
dich wacker.« Mit diesen Worten war Jürgen wieder der Alte und verabschiedete
sich.
Nachdenklich
steckte Oda ihr Handy zurück in die vordere Jeanstasche.
»Alles okay?«,
fragte Christine mit einem Stirnrunzeln.
Oda ließ
geräuschvoll die Lippen flattern, wie ein Pferd, das zu wiehern beginnt. »Keine
Ahnung.«
Christine zog die
Augenbrauen hoch.
»Ich weiß es
wirklich nicht«, bekräftigte Oda. »Aber jetzt ist
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