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Tod Auf Dem Jakobsweg

Tod Auf Dem Jakobsweg

Titel: Tod Auf Dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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lebte allein in einer großen Wohnung.
    Als Nina nach der Adresse fragte, stutzte Mira. «Warum willst du das wissen?»
    «Weil sie sicher ist, dass Dietrich ein Freund ihres Vaters war», antwortete Leo rasch statt ihrer. «Sie hat es gestern gleich erkannt, als sie die Fotos sah. Obwohl sie sehr gute Freunde waren, haben sie sich aus den Augen verloren. Sicher möchte er der Frau und dem Sohn seines alten Freundes einen Kondolenzbrief schreiben.»
    «Vielleicht ist es ihm ein Trost.» Nina sah Mira so bittend an, dass sie ihr Misstrauen vergaß.
    «Entschuldigt, wenn ich ein bisschen erstaunt bin, in all den Jahren hat niemand nach Dietrich gefragt. Ich wusste, dass es anders ist, sonst hätte ich angenommen, es gibt überhaupt keine Familie oder alten Freunde. Und nun werde ich gleich zweimal nach ihm und Camilla gefragt. Ich würde euch gerne helfen, aber wir haben Camillas Adresse noch nicht. Und bevor ihr fragt: ebenso wenig die neue Telefonnummer.» Natürlich sei es ihr sehr schlecht gegangen, sie sei nach der Beerdigung gleich wieder abgereist. Viele ihrer Sachen seien hier, sie, Mira, hoffe, Camilla kehre doch noch zurück. Noch habe sie keine Arbeit in Santiago gefunden. Sie werde sich schon melden, sobald sie wieder klar denken könne. Die Freundin heiße Fabia und sei Lehrerin. «Aber nun fragt mich nicht, an welcher Schule oder nach dem Familiennamen. Ich habe keine Ahnung.»
    Es fiel Leo schwer, das zu glauben, andererseits lebten Mira und Julián in einer anderen Welt, hier verlief das Leben gemächlicher, abwartender. Sicher habe sie die Adresse der Eltern Camillas, beharrte sie, dort könne Nina fragen.
    Mira hatte ihr Adressbuch aufgeschlagen und bedauernd die Schultern gehoben. Da stehe nur die alte Anschrift, hatte sie gesagt, wie eben schon erwähnt, seien sie kürzlich umgezogen, sie habe versäumt, die neue zu notieren.
    Sie wusste nur den Namen Ruíz, Camillas Vater heiße Juan, die Mutter Clara. Sie waren nur selten hier oben im hostal gewesen, sie hatten diese Art Leben nicht gemocht, aber immerhin respektiert. Ihre neue Wohnung lag wie die alte in der Nähe der Porta do Camiño.
    «Die Wohnung von Camillas Freundin muss in der Nähe eines Parks und auch nicht weit von der Altstadt sein, sie hat so etwas erwähnt.»
    «Du hast gesagt, du bist schon einmal nach Dietrich gefragt worden?», fragte Leo. «Auch von einem Touristen?»
    «Ja, am vergangenen Freitag. Er hat mit Julián gesprochen und ihm etwa die gleichen Fragen gestellt. Er ist ein Schulfreund von Dietrich, das hat er jedenfalls gesagt. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, ist es doch seltsam, dass er Dietrich nach all den Jahren gefunden hat. Ein Zufall kann es nicht gewesen sein, er hat direkt nach ihm gefragt.»
    «Vielleicht kennen wir ihn», sagte Leo und drückte Ninas Arm, damit sie schweige. «Wer war er?»
    «Du bist neugierig wie unsere Ziegen», stellte Mira lächelnd fest. «Wir haben nicht nach seinem Namen gefragt, und er hielt es für überflüssig, sich vorzustellen. Er hat bei uns auch nur eine Rast gemacht. Er ist recht attraktiv, wenn man den Typ mag. Dunkles Haar, ständig die Sonnenbrille auf der Nase, für meinen Geschmack ein bisschen glatt. Er schien mir um einiges jünger als Dietrich, aber das kann ja täuschen.»
    Da hatte Jakob nach ihnen gerufen. Wo sie denn blieben, es sei höchste Zeit, loszugehen.
    Bis zum Cruz de Ferro dauerte es nur eine knappe Stunde. So einsam der Weg bisher gewesen war, so viel Trubel herrschte am höchsten Punkt der Passstraße. Das schlichte eiserne Kreuz hoch auf einem fünf oder sechs Meter langen Eichenmast, der wiederum aus einem haushohen Stein- und Geröllhaufen aufragte, zählt als höchste Stelle des camino zu den unerlässlichen Programmpunkten. Auf dem Parkplatz standen zwei Reisebusse und einige Pkws, bei der geschlossenen Kapelle aus grobem Stein nahe dem Kreuz eine ganze Anzahl von Mountainbikes. Wanderer, Radfahrer, Bus- und Autoreisende scharten sich um das Kreuz, sicher waren auch ein paar Pilger darunter. Sie krabbelten auf den rutschigen Steinen herum und machten Lärm, wie Edith streng bemerkte. Allerdings stürzte sie sich als Erste ins Getümmel, um den Stein, den sie gemäß uralter Tradition von zu Hause mitgebracht hatte, am Fuß des Kreuzmastes abzulegen. Ein glückverheißender Beleg für das Hiergewesensein und Bitte um Schutz auf dem Rest des Weges.
    Als sie vor dem Steinhaufen standen und zum Kreuz hinaufsahen, Hände die Augen gegen die Sonne

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