Tod auf der Themse
erörtert. Vor
einem Gericht würde die Sache allerdings anders aussehen. Manch einer
würde sogar behaupten, Ashby und Aveline hätten sich
verschworen, Sir Henry zu ihrem eigenen Vorteil zu ermorden. Sie mußte
gewußt haben, daß Sir Henry gegen eine solche Liebesverbindung
sein würde. Ashby war auf frischer Tat ertappt worden. Wenn er sein
Schweigen bewahrte, würde er am Galgen hängen. Wenn er sich zu
verteidigen versuchte, würde Aveline ihm womöglich Gesellschaft
leisten, weil sich habgierige Verwandte, die darauf brannten, ihren Anteil
von Sir Henrys Reichtum zu ergattern, ihrer auf diese Weise entledigen
wollten.
Athelstan blieb am Fuße
der Altartreppe stehen und betrachtete die bangen, blassen Gesichter des
Liebespaares.
»Habt Ihr irgendeinen
Beweis?« fragte er.
»Ich dachte mir, daß
Ihr danach fragen würdet«, sagte Aveline.
Bevor Athelstan sie daran
hindern konnte, knöpfte sie ihr Mieder auf und zog es herunter.
»Nur das hier«, sagte sie. »Es kam später hervor.«
Und Athelstan sah einen violetten Bluterguß an ihrer milchweißen
Schulter.
»Dort hat Sir Henry
mich gepackt«, sagte sie, zog ohne jede Verlegenheit das Kleid
wieder hoch und knüpfte die kleinen Schleifen zu. »Habe ich
mich einer großen Sünde schuldig gemacht, Pater?«
Athelstan starrte die nun
wieder verhüllte Schulter an. Diesen Fleck konnte sie sich niemals
selbst beigebracht haben. Da er glaubte, daß sie und Ashby die
Wahrheit gesagt hatten, machte er das Kreuzzeichen über sie.
»Ich spreche Euch los
von Euren Sünden«, sagte er. »Der Himmel weiß, was
ich jetzt tun werde.«
»Ihr könntet für
uns sprechen«, meinte Aveline hollnungsvoll.
»Wer würde mir
denn glauben?« erwiderte Athelstan. »Und was Ihr mir erzählt
habt, steht unter dem Siegel des Beichtgeheimnisses. Nein, nein. Ich muß
jetzt sorgfältig und kühl nach einer Lösung für all
das suchen. Wir wollen die Sache für den Augenblick beiseite lassen.
Ich möchte Euch noch über etwas anderes befragen. Sir Henry hat
Kapitän Roffel und das Schiff God’s Bright Light finanziert,
nicht wahr?«
Ashby nickte.
»Und Ihr seid im
September an Bord gekommen, aber als das Schiff in Dover anlegte, wieder
an Land gegangen?«
»Ja.«
»Ist auf der Reise
irgend etwas geschehen?«
»Ich sagte schon,
Roffel war wie immer, verdrießlich und verschlossen - nur nicht,
nachdem das Fischerboot gekapert worden war.«
»Was wißt Ihr
sonst noch über Roffel?«
»Er hat viel getrunken.«
Ashby lächelte düster. »Nicht nur Wein oder Bier wie wir
anderen. Das natürlich auch, aber er hatte noch eine besondere
Flasche mit einem sehr feurigen Getränk. Usquebaugh nannte er es. Vor
jeder Reise ging er an Land und ließ sich die Flasche hinter einem
Lagerhaus in Queen’s Hithe, in der Schenke ›Zu den gekreuzten
Schlüsseln‹, damit füllen.«
»Er selbst?«
»Oh ja, Pater. Wo
Roffel hinging, da ging auch diese Flasche hin.«
Athelstan lächelte, als
er an Cranstons Weinschlauch dachte. »Also durfte niemand sonst die
Flasche füllen?«
»Das sagte ich doch,
Pater. Aber wir wußten, daß er daraus trank. Sein Atem roch
danach. Er trank es in sehr kleinen Quentchen. Einmal erzählte er
mir, es sei fünfmal so stark wie jeder Wein, und es wärme ihn
nachts, wenn es kalt sei auf See.«
»Und Roffel war zu
Anfang der Reise guter Dinge?«
»Ja. Sir Henry hatte
mir einen versiegelten Umschlag für ihn mitgegeben, doch ich weiß
nicht, was er enthielt.«
»Wißt Ihr es,
Lady Aveline?« fragte Athelstan.
»Nein. Aber mein
Stiefvater war anscheinend sehr zufrieden mit sich.«
»Und dann?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Ich weiß es nicht.«
»Ich habe oft solche
Umschläge mitgenommen«, sagte Ashby. »Roffel las, was sie
enthielten, und warf sie dann ins Meer.«
»Halt!« Avcline
beugte sich vor. »Ja, jetzt fallt es mir ein. Als die God’s
Bright Light ihre Reise begann, war mein Stiefvater sehr, sehr zufrieden,
aber als Nicholas zurückkam, änderte sich seine Stimmung. Ich hörte,
wie er sagte, daß er kein Vertrauen zu Roffel habe. Er behauptete,
der Kapitän betrüge ihn. Er fuhr nach London, um Roffel zur Rede
zu stellen, und da…« Sie sprach nicht zu Ende.
»Gibt es noch etwas?«
fragte Athelstan.
Sie schüttelte den Kopf.
Athelstan hockte sich nieder
und nahm ihre Hand.
»Ihr seid die Erbin
Eures
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