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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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zu machen, einander zuzuhören.
     Athelstan schlüpfte zur Kirchentür hinaus und zum Haus hinüber. 
    »Pater - auf ein Wort…?«
    Athelstan fuhr herum, die
     Hand am Türriegel.
    Die beiden verhüllten
     Frauen mußten lautlos herübergekommen sein. Mit bleichen
     Gesichtern schauten sie ihn an.
    »Emma Roffel.«
     Die eine schlug die Kapuze zurück. »Ihr erinnert Euch an mich,
     Pater?«
    Emmas Gesicht war ernst, das
     graue Haar zerzaust, als habe sie sich kaum die Mühe gemacht, ihre
     Toilette zu beenden. Tabitha Velour, die hinter ihr stand, sah genauso
     ernst und müde aus.
    »Am besten kommt Ihr
     herein.« Athelstan führte sie in die Küche, ließ sie
     Platz nehmen und bot ihnen Brot und Wein an, aber sie lehnten ab. Er
     setzte sich an das Kopfende des Tisches und streichelte den schnurrenden
     Bonaventura, der ihm auf den Schoß gesprungen war.
    »Warum seid Ihr hier?«
     fragte er Emma. »Ich dachte, Euer Mann wird heute vormittag
     beerdigt?«
    »Ja, in einer Stunde«,
     antwortete Emma. »Ich komme wegen der Sache, die sich letzte Nacht
     in St. Mary Magdalene ereignet hat.« Ihre Augen weiteten sich.
     »Ich mußte Euch fragen, Pater - habt Ihr den Schuldigen
     gefunden? Wieso tut jemand etwas so Abscheuliches?«
    »Ihr kommt über
     den Fluß, um mir diese Frage zu stellen? Sir John und ich wollten
     Euch heute noch besuchen.«
    »Ich war bei Sir John«,
     sagte Emma Roffel, »aber er war nicht zu Hause. Man hatte ihn
     ins Rathaus gerufen. Ich will ja nur wissen, wer es getan hat.«
    »Madam, wir wissen
     nicht, wer es war oder warum es geschehen ist. Aber Euer Mann hatte wenige
     Freunde und viele Feinde.«
    Emma Roffel seufzte tief.
    »Er war ein harter
     Mann, Pater.«
    Athelstan sah sie prüfend
     an. »Eigentlich seid Ihr nicht deshalb hier«, stellte er fest.
     »Da gibt es noch etwas anderes, nicht wahr?«
    »Laßt mich für
     sie sprechen.« Tabitha Velour beugte sich vor. »Als wir heute
     früh in die Kirche von St. Mary Magdalene kamen, war Pfarrer Stephen
     immer noch sehr aufgebracht. Er hat gehört, wie Ihr zu Sir John
     sagtet, daß Kapitän Roffel vielleicht vergiftet wurde. Stimmt
     das?«
    »Ich glaube, ja«,
     sagte Athelstan. »Wahrscheinlich mit weißem Arsen. Das ist
     billig und leicht zu bekommen.«
    »Aber wie denn?«
     fragte Emma Roffel. »Mein Mann war immer sehr vorsichtig an Bord. Er
     hat nur gegessen und getrunken, was auch die Mannschaft bekam.«
    »Nicht ganz«,
     widersprach Athelstan. »Euer Mann war Schotte. Er hatte eine
     besondere Flasche, die er sich in einer Schenke bei Queen’s Hithe füllen
     ließ, und zwar mit einem feurigen Schottentrank namens Usquebaugh.«
    Emma Roffel schlug die Hand
     vor den Mund. »Natürlich«, flüsterte sie. »Wo
     er hinging, da ging auch diese Flasche hin.« Sie starrte Athelstan
     an. »Aber er hat sie stets in dieser Schenke füllen lassen. Und
     er ging selbst hin, denn er bezahlte den Wirt dafür, daß er ein
     Fäßchen davon aus der Hafenstadt Leith in Schottland
     importierte.«
    »Hatte er diese Flasche
     immer bei sich?« fragte Athelstan.
    »An Land trank er nicht
     davon«, sagte Emma. »Aber auf See ja. Und er ließ sie
     nie in seiner Kajüte, sondern trug sie am Leibe.«
    »Und auf See konnte er
     sie natürlich nicht nachfüllen lassen«, sagte Athelstan
     nachdenklich.
    Emma stand plötzlich
     auf. »Pater, Ihr müßt uns entschuldigen. Die Totenmesse
     ist um zehn. Außer uns beiden wird niemand da sein. Wir müssen
     gehen.«
    »Dürfen wir Euch
     später besuchen?« fragte Athelstan.
    »Ja, ja«, sagte
     sie ungeduldig und rauschte, gefolgt von ihrer Zofe, eilig hinaus.
    Athelstan deckte das Feuer
     ab, griff nach der Ledertasche mit seinem Schreibwerkzeug, füllte
     Bonaventuras Schälchen mit Milch und ging hinaus, um den
     widerstrebenden Philomel zu satteln.
    »Komm, mein Alter«,
     flüsterte er und stemmte sich behutsam in den Sattel. »Besuchen
     wir den alten John Cranston, was?«
    Philomel wieherte erfreut.
     Das alte Schlachtroß tat nichts lieber, als dem dicken Coroner in
     den ausladenden Bauch oder das breite Hinterteil zu stupsen. Als sie an
     der Kirchentür vorbeikamen, sah Athelstan, daß Marston und zwei
     andere Gefolgsleute Sir Henrys in der Gasse gegenüber lauerten.
     Athelstan hielt nicht an. Seine Gemeindekinder waren inzwischen aus der
     Kirche gekommen. Säuberlich in zwei Gruppen gespalten, die eine von
     Pike, die andere von Watkin angeführt, debattierten sie immer

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