Tod auf der Themse
zu machen, einander zuzuhören.
Athelstan schlüpfte zur Kirchentür hinaus und zum Haus hinüber.
»Pater - auf ein Wort…?«
Athelstan fuhr herum, die
Hand am Türriegel.
Die beiden verhüllten
Frauen mußten lautlos herübergekommen sein. Mit bleichen
Gesichtern schauten sie ihn an.
»Emma Roffel.«
Die eine schlug die Kapuze zurück. »Ihr erinnert Euch an mich,
Pater?«
Emmas Gesicht war ernst, das
graue Haar zerzaust, als habe sie sich kaum die Mühe gemacht, ihre
Toilette zu beenden. Tabitha Velour, die hinter ihr stand, sah genauso
ernst und müde aus.
»Am besten kommt Ihr
herein.« Athelstan führte sie in die Küche, ließ sie
Platz nehmen und bot ihnen Brot und Wein an, aber sie lehnten ab. Er
setzte sich an das Kopfende des Tisches und streichelte den schnurrenden
Bonaventura, der ihm auf den Schoß gesprungen war.
»Warum seid Ihr hier?«
fragte er Emma. »Ich dachte, Euer Mann wird heute vormittag
beerdigt?«
»Ja, in einer Stunde«,
antwortete Emma. »Ich komme wegen der Sache, die sich letzte Nacht
in St. Mary Magdalene ereignet hat.« Ihre Augen weiteten sich.
»Ich mußte Euch fragen, Pater - habt Ihr den Schuldigen
gefunden? Wieso tut jemand etwas so Abscheuliches?«
»Ihr kommt über
den Fluß, um mir diese Frage zu stellen? Sir John und ich wollten
Euch heute noch besuchen.«
»Ich war bei Sir John«,
sagte Emma Roffel, »aber er war nicht zu Hause. Man hatte ihn
ins Rathaus gerufen. Ich will ja nur wissen, wer es getan hat.«
»Madam, wir wissen
nicht, wer es war oder warum es geschehen ist. Aber Euer Mann hatte wenige
Freunde und viele Feinde.«
Emma Roffel seufzte tief.
»Er war ein harter
Mann, Pater.«
Athelstan sah sie prüfend
an. »Eigentlich seid Ihr nicht deshalb hier«, stellte er fest.
»Da gibt es noch etwas anderes, nicht wahr?«
»Laßt mich für
sie sprechen.« Tabitha Velour beugte sich vor. »Als wir heute
früh in die Kirche von St. Mary Magdalene kamen, war Pfarrer Stephen
immer noch sehr aufgebracht. Er hat gehört, wie Ihr zu Sir John
sagtet, daß Kapitän Roffel vielleicht vergiftet wurde. Stimmt
das?«
»Ich glaube, ja«,
sagte Athelstan. »Wahrscheinlich mit weißem Arsen. Das ist
billig und leicht zu bekommen.«
»Aber wie denn?«
fragte Emma Roffel. »Mein Mann war immer sehr vorsichtig an Bord. Er
hat nur gegessen und getrunken, was auch die Mannschaft bekam.«
»Nicht ganz«,
widersprach Athelstan. »Euer Mann war Schotte. Er hatte eine
besondere Flasche, die er sich in einer Schenke bei Queen’s Hithe füllen
ließ, und zwar mit einem feurigen Schottentrank namens Usquebaugh.«
Emma Roffel schlug die Hand
vor den Mund. »Natürlich«, flüsterte sie. »Wo
er hinging, da ging auch diese Flasche hin.« Sie starrte Athelstan
an. »Aber er hat sie stets in dieser Schenke füllen lassen. Und
er ging selbst hin, denn er bezahlte den Wirt dafür, daß er ein
Fäßchen davon aus der Hafenstadt Leith in Schottland
importierte.«
»Hatte er diese Flasche
immer bei sich?« fragte Athelstan.
»An Land trank er nicht
davon«, sagte Emma. »Aber auf See ja. Und er ließ sie
nie in seiner Kajüte, sondern trug sie am Leibe.«
»Und auf See konnte er
sie natürlich nicht nachfüllen lassen«, sagte Athelstan
nachdenklich.
Emma stand plötzlich
auf. »Pater, Ihr müßt uns entschuldigen. Die Totenmesse
ist um zehn. Außer uns beiden wird niemand da sein. Wir müssen
gehen.«
»Dürfen wir Euch
später besuchen?« fragte Athelstan.
»Ja, ja«, sagte
sie ungeduldig und rauschte, gefolgt von ihrer Zofe, eilig hinaus.
Athelstan deckte das Feuer
ab, griff nach der Ledertasche mit seinem Schreibwerkzeug, füllte
Bonaventuras Schälchen mit Milch und ging hinaus, um den
widerstrebenden Philomel zu satteln.
»Komm, mein Alter«,
flüsterte er und stemmte sich behutsam in den Sattel. »Besuchen
wir den alten John Cranston, was?«
Philomel wieherte erfreut.
Das alte Schlachtroß tat nichts lieber, als dem dicken Coroner in
den ausladenden Bauch oder das breite Hinterteil zu stupsen. Als sie an
der Kirchentür vorbeikamen, sah Athelstan, daß Marston und zwei
andere Gefolgsleute Sir Henrys in der Gasse gegenüber lauerten.
Athelstan hielt nicht an. Seine Gemeindekinder waren inzwischen aus der
Kirche gekommen. Säuberlich in zwei Gruppen gespalten, die eine von
Pike, die andere von Watkin angeführt, debattierten sie immer
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