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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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die Kirchentür hatte sich geöffnet.
     Marston kam herein und blieb stehen; mit verschränkten Armen starrte
     er nach vorn in den Chor. Athelstan achtete nicht auf ihn, sondern schaute
     Aveline an.
    »Mylady«, sagte
     er leise, »Ihr seid hier im Haus Gottes, Ihr dürft nicht lügen.«
    Ashby verschluckte sich an
     einem Stück Brot. Athelstan klopfte ihm kräftig auf den Rücken.
    »Der Tag hat kaum
     begonnen, Mylady«, fuhr Athelstan trocken fort, »und schon
     bringt Ihr, die Tochter des Mannes, den Ashby angeblich ermordet hat, ihm
     allerlei Vorräte und was er sonst noch zu seinem Wohlbehagen braucht.
     Und jetzt sitzt Ihr neben ihm auf den Altarstufen und teilt das Essen mit
     ihm.«
    Lady Aveline errötete
     und schlug die Augen nieder.
    »Liebt Ihr ihn?«
     fragte Athelstan.
    »Ja«, flüsterte
     sie.
    »Und Ihr sie auch,
     Ashby?«
    Der junge Mann nickte und
     wischte sich die Augen, die ihm nach dem Hustenanfall immer noch tränten.
    »So, so, so«,
     sagte Athelstan. »Und ich nehme an, Ihr wollt heiraten?«
    »Ja«, flüsterten
     die beiden einstimmig.
    »Gut.« Athelstan
     rieb sich die Hände. »Aber die Heilige Mutter Kirche verlangt,
     daß man beichtet und die Absolution empfängt, bevor man das
     Sakrament der Ehe erhalten kann. Wollt Ihr nun einzeln beichten…oder
     vielleicht zusammen?«   
    Die beiden Liebenden starrten
     einander an.
    Athelstan hatte große Mühe,
     seine Heiterkeit zu verbergen. »Gut«,
     sagte er, »Ihr habt keine Einwände; ich fahre also fort.
     Nicholas, man beschuldigt Euch der Sünde des Mordes: Ihr hättet
     Sir Henry Ospring getötet.« Er sprach so leise, daß seine
     Worte nicht bis zu Marston drangen, der hinten in der Kirche stand.
     »Ihr habt es aber nicht getan, oder?«
    »Ich bin unschuldig«,
     flüsterte der junge Mann.
    »Das allerdings«,
     sagte Athelstan und wandte sich an Aveline, »kann man von Euch nicht
     sagen.«
    Sie hob den Kopf, und ihre
     Augen rundeten sich erschrocken und überrascht.
    »Gott verzeih mir«,
     sagte Athelstan, »aber, Lady Aveline, ich beschuldige Euch des
     Mordes an Eurem Vater.«
    Die junge Frau wurde kalkweiß.
     Sie stand auf und preßte erregt die Finger zusammen.
    »Das stimmt nicht!«
     zischte Ashby, aber Athelstan drückte dem jungen Mann einen Finger an
     die Lippen. »Lügt nicht in der Beichte«, sagte er.
     »Lady Aveline, setzt Euch bitte.«
    Die junge Frau gehorchte, und
     Athelstan nahm ihre eiskalten Hände.
    »Ihr habt Euren Vater
     ermordet, nicht wahr?«
    »Gott verzeih mir,
     Pater. Ja, ich habe es getan. Woher wißt Ihr das?«
    Athelstan schaute durch die
     Kirche. Marston hatte offenbar gesehen, wie erregt Lady Aveline war, und
     kam jetzt langsam heran. Athelstan erhob sich und ging ihm entgegen.
    »Kann ich Euch helfen?«
    »Ich bin hier, um Lady
     Aveline vor diesem Mörder zu beschützen.«
    »Lady Aveline ist bei
     mir in sicheren Händen«, antwortete Athelstan.
    »Ich bin außerdem
     hier, um dafür zu sorgen, daß dieser Dreckskerl nicht entkommt.«
    »Redet nicht so«,
     mahnte Athelstan. »Nicht im Hause des Herrn.«
    Der Mann wich verdattert zurück.
    »Bitte wartet draußen«,
     sagte Athelstan. »Ihr dürft auf der Treppe warten. Da könnt
     Ihr sicher sein, daß niemand die Kirche verläßt, ohne daß
     Ihr es wißt.«
    Marston wollte Einwände
     erheben.
    »Es wäre auch Sir
     John Cranstons Wunsch«, fügte Athelstan honigsüß
     hinzu.
    Marston zuckte die Achseln,
     ging hinaus und machte die Tür hinter sich zu.
    Athelstan kehrte in den
     Altarraum zurück, wo Ashby und Aveline die Köpfe
     zusammensteckten und verschwörerisch miteinander tuschelten.
     Athelstan setzte sich ohne weitere Umstände zwischen sie.   
    »Wie und wann habt Ihr
     es erfahren?« fragte Ashby.   
    »Oh, es ist mir heute
     morgen während der Messe klargeworden«, sagte Athelstan.
     »Es ist eine Sache der Logik. Erstens: Man hat Euch mit der Hand am
     Dolch angetroffen. Warum? Weil Ihr dabei wart, ihn herauszuziehen. Aber
     warum solltet Ihr das tun? Es war nicht Euer Dolch, er gehörte, wie
     Ihr ja sagtet, Sir Henry. Eurer steckt noch in der Scheide an Eurem Gürtel.
     Das habe ich schon gestern morgen gesehen. Zweitens: Wenn Ihr Sir Henry
     nicht umgebracht habt, wer hat es dann getan? Wer hatte das Recht, sich
     einem so mächtigen Lord zu nähern, wenn er noch im Nachthemd
     war? Bestimmt nicht Marston. Das hat er uns sehr deutlich klargemacht.
     Wenn Ihr und Marston es also nicht waren, wer

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