Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
Vom Netzwerk:
Knaben und hübsche
     junge Männer. Hat ihnen dauernd an den Hintern gefaßt, jawohl.
     Mir allerdings nie, was ich bedaure. Wenn er einen leiden konnte, kriegte
     man nämlich immer gute Rationen.«
    »Du wolltest beichten«,
     erinnerte Athelstan ihn.
    »Ach ja.« Der
     Gauner machte ein flüchtiges Kreuzzeichen. »Segne mich, Vater,
     denn ich habe gesündigt. Meine letzte Beichte war vor dreißig
     Jahren. In Demut und Reue bekenne ich alles.«
    »Was meinst du damit?«
     fragte Athelstan.
    »Ich bekenne alles«,
     wiederholte Robard. »Was immer Euch einfallt, Pater, ich hab’s
     getan. Ich habe Frauen und Knaben gevögelt, und einmal sogar ein Schaf. Ich habe anderen Männern
     ihr Hab und Gut gestohlen, sogar ihre Weiber. Es vergeht keine Stunde, da
     ich nicht fluche. Ich war nie in der Kirche.« Die Augen des Mannes füllten
     sich plötzlich mit Tränen. »Wißt Ihr, Pater, ich
     habe einen Scheißdreck gemacht mit diesem Leben. Nicht eine gute Tat
     habe ich getan.« Er blinzelte ein paarmal und sah den Ordensbruder
     an. »Ich habe niemals Liebe gezeigt, aber ich habe ja auch nur einen
     Scheißdreck bekommen. Meinen Vater kenne ich nicht, und meine Mutter
     hat mich auf die Kirchentreppe gelegt, als ich zwei Sommer alt war.«
     Robard fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Und jetzt
     werde ich sterben, Pater. Auf Erden war ich in der Hölle - warum also
     muß ich den Rest der Ewigkeit auch da verbringen?« Die Tränen
     rannen ihm jetzt ungehemmt übers Gesicht. »Ich wünschte,
     ich könnte noch einmal zurück«, flüsterte er. »Ich
     wünschte, es ginge. Es gab einmal ein Mädchen, Pater. Sie hieß
     Anna, und sie war weich und warm. Ich glaube, sie hat mich geliebt.«
     Er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. »Es tut mir leid,
     Pater.« Wieder leckte er sich über die trockenen Lippen.
     »Nie wieder werde ich das Meer oder den Himmel sehen. Nie wieder die
     zarte Haut eines Weibes fühlen oder roten Wein trinken. Ich habe
     guten Wein getrunken, Pater. Gott, ich könnte jetzt welchen
     gebrauchen.«
    Athelstan sah sich nach Simon
     um. »Simon, bring diesem Mann etwas zu trinken - einen ordentlichen
     Rotwein.« Er wühlte eine Münze aus der Börse und warf
     sie dem Henker zu; der fing sie geschickt auf. Athelstan deutete mit dem
     Finger auf ihn. »Und für dich auch einen.«
    Simon verschwand in der nächsten
     Taverne und kam mit einem zweihenkligen
     Flaschenkorb zurück, in dem ein randvoller Krug mit einem starken
     Bordeaux stand. Er gab ihn Athelstan, und der reichte ihn Robard
     -vorsichtig, denn dem waren die Hände gefesselt.
    Robard schob ihn sanft zurück.
     »Nein, Pater, nehmt Ihr einen Schluck. Und wünscht mir alles
     Gute.«
    Athelstan tat, wie geheißen.
     »Ich wünsche dir alles Gute, Robard.«
    Robard nahm den Wein.
    »Hast du den Tod
     verdient?« fragte Athelstan.
    »Gewiß. Ich habe
     die Hure totgeschlagen. Sie hat über meinen Arm gelacht. Komme ich in
     die Hölle, Pater?«
    »Willst du hin?«
     fragte Athelstan.
    »Oh nein.«
    Athelstan murmelte die Worte
     der Absolution und machte langsam ein Kreuzzeichen. »Du bist von
     deinen Sünden freigesprochen, Robard. In der Hölle sind nur die,
     die dort sein wollen.« Athelstan stand auf. »Du hast
     vielleicht ein schlechtes Leben geführt, aber du wirst einen guten
     Tod haben. Christus hat am Kreuz gezeigt, daß er auf der Seite der
     bußfertigen Sünder steht. Jetzt trink deinen Wein. Und trinke
     ihn schnell. Möge Gott dir helfen.«
    Athelstan kletterte vom
     Karren. Als er beim Henker vorbeikam, nahm er ihn beim Arm.
    »Um der Liebe Christi
     willen«, flüsterte er, »laß ihn seinen Wein
     trinken, und dann mach es kurz.«
    Simon nickte. Athelstan ging
     zu Philomel und stieg in den Sattel.
    »Pater!«
    Athelstan sah sich nach dem
     Schafott um. Er stieß dem Pferd die Fersen in die Weichen und lenkte
     es zum Karren. Robard leerte seinen Humpen.
    »Ich habe gesagt, daß
     mir keiner Liebe gezeigt hat. Scheißdreck war das Wort, das ich
     benutzt habe.« Der Verurteilte lächelte. »Aber ich habe
     mich geirrt. Wie nennt man Euch, Pater?«
    »Athelstan.« 
    »Gott sei mit Euch,
     Bruder Athelstan.«
    Athelstan ruckte an Philomels
     Zügel und trieb ihn voran. Hinter sich hörte er Simons Peitsche
     und das Knarren der Räder, als die Pferde Robard den Karren unter den
     Füßen wegzogen. Ihm war, als höre er bei Simons kräftigem
     Zug an den Beinen des Gehenkten auch Robards Genick

Weitere Kostenlose Bücher