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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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einen Halbbruder«, fuhr der
     Wirt fort und senkte die Stimme. »Er war ein guter Seemann; er fuhr
     im Tuchhandel zwischen den Cinque Ports und Dordrecht. Sein Schiff ging
     mit Mann und Maus unter. Roffel kreuzte zu jener Zeit in der Gegend. Er
     gab den Franzosen die Schuld. Ich gab sie ihm.«
    »Aber Ihr habt Geschäfte
     mit ihm gemacht?«
    »Freilich, verdammt -
     und ihn teuer dafür bezahlen lassen. Er war Schotte und liebte seinen
     Usquebaugh. Ich kaufte ihn im Faß aus Leith in Schottland und
     verkaufte ihn zum dreifachen Preis an diesen miesen Dreckskerl. Vor dem
     Auslaufen seines Schiffes füllte er immer seine Flasche damit und wußte
     stets bis auf den Tropfen genau, wieviel er noch hatte.«
    »Habt Ihr noch etwas
     davon?«
    »Oh ja«, sagte
     Richard. »Eines Tages werde ich es selbst austrinken. Schluck für
     Schluck trinke ich auf seine schwarze Seele.«
    »Können wir das Faß
     sehen?« fragte Athelstan.
    Der Wirt zuckte die Achseln,
     ging nach hinten in die Speisekammer und
     kam mit einem Fäßchen zurück, das einen Durchmesser von
     etwa einen Fuß hatte. Am unteren Rand saß ein kleiner
     Zapfhahn. Er nahm einen verbeulten Zinnbecher vom Bord, ließ ein
     wenig von dem Getränk hineinlaufen und reichte Cranston den Becher.
    »Kostet!«
    Sir John tat, wie geheißen,
     und leerte den Becher in einem Zug. Der Wirt grinste boshaft.
    »Heiliges Kanonenrohr!«
     rief Cranston. Er lief violett an und hustete. »Bei den Eiern des
     Satans! Was zum Teufel ist denn das?«
    »Usquebaugh, Sir John.
     Schmeckt er Euch?«
    Sir John schmatzte. »Scharf!«
     sagte er. »Anfangs stark, aber den Bauch wärmt er jedenfalls.
     Wie viele Fässer habt Ihr davon?«
    »Nur dieses eine.«
    »Und bevor er seine
     letzte Reise antrat, füllte Roffel seine Flasche eigenhändig?«
    »Oh ja, natürlich.
     Und dann trank er gleich etwas davon, einen kleinen Becher.«
    Athelstan, der mit halbem
     Auge zusah, wie ein portugiesischer Seemann seinen zahmen Affen fütterte,
     schaute den Wirt plötzlich überrascht an.
    »Er hat hier etwas
     davon getrunken?«
    »Ja.« Der Wirt
     drehte sich um und spähte wütend in die lärmende Küche.
     »Sir John, wenn Ihr weiter keine Fragen habt - ich habe ein Geschäft
     zu führen.«
    Cranston bedankte sich
     knurrend, und sie verließen die Taverne. Gottlob hatte es aufgehört
     zu regnen. Der Coroner packte Athelstan bei der Schulter.
    »Der Usquebaugh kann es
     nicht gewesen sein, nicht wahr, Bruder? Oder die Flasche?«
    Athelstan schüttelte den
     Kopf. »Nein, nicht, wenn Roffel hier daraus getrunken hat,
     ohne eine üble Wirkung zu verspüren.« Er stapfte neben dem
     Coroner die regennasse Straße hinauf.
    »Ist das nicht die
     falsche Richtung, Sir John? Wir wollten doch zu Roffels Haus.«
    »Nein, da ist noch
     jemand anderes.« Cranston blieb stehen und nahm einen kräftigen
     Schluck aus seinem Weinschlauch. »Wie ich schon sagte, Bruder:
     jemand, der alles beobachtet, was am Fluß so vor sich geht.«
    An der Ecke der Gasse blieb
     der Coroner plötzlich wieder stehen und drehte sich unvermittelt um.
     Die beiden Gestalten am anderen Ende der Gasse versuchten gar nicht, sich
     zu verstecken. Athelstan folgte dem Blick des Coroners.
    »Wer ist das, Sir John?«
     Angestrengt spähte er die Gasse entlang. In ihren braunen Gewändern
     sahen die Gestalten wie Benediktinermönche aus. »Folgen die
     uns?«
    »Sie waren fast die
     ganze Zeit dicht hinter uns«, sagte Cranston leise. »Lassen
     wir sie noch eine Weile in Ruhe.«
    Sie gingen weiter, über
     die Thames Street und hinunter in Richtung Vintry, und dann nach rechts,
     vorbei an Lagerhäusern und über Queen’s Hithe auf Dowgate
     zu. Dichter, schwerer Nebel brodelte über dem Fluß und verbarg
     die Schiffe, die dort vor Anker lagen.
    »Wohin gehen wir denn?«
     wollte Athelstan wissen.
    »Geduld, lieber Bruder.
     Geduld!«
    Nun waren sie auf dem Kai.
     Cranston spähte in die dunklen Ecken und rief plötzlich: »Komm
     heraus!«
    Eine zerlumpte, verhüllte
     Gestalt trat schlurfend hervor. Als der Mann näherkam, sah Athelstan
     die Stoffetzen, die um sein Gesicht und seine Hände gewickelt waren,
     und bemühte sich, seinen Ekel zu unterdrücken. Der Mann bewegte
     sich schwerfällig und läutete dabei eine kleine Glocke.
    »Unrein!« krächzte
     die gespenstische Gestalt. »Unrein!«
    »Ach, scheiß
     darauf«, gab Cranston zurück. »Ich glaube nicht, daß
     ich mir bei dir die Lepra hole.«
    Der Mann

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