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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Luft aufgelöst, genau wie der
     Schurke, der die Kaufmannshäuser ausraubt.«
    Athelstan lächelte.
     »Niemand kann sich in Luft auflösen, Sir John, und das gilt
     auch für den mysteriösen Einbrecher in das Haus, das wir eben
     besucht haben. Ich habe einen Verdacht. Nein, nein.« Er hob die
     Hand, als Sir Johns Augen erwartungsvoll aufleuchteten. »Noch nicht.
     Erstmal wollen wir uns mit Roffels Witwe beschäftigen. Aber bevor
     wir das tun: Kennt Ihr die Schenke ›Zu den gekreuzten Schlüsseln‹
     in der Nähe von Queen’s Hithe?«
    »Ja. Der Wirt ist ein
     Verwandter von Admiral Crawley. Ein alter Seefahrer. Warum? Was gibt’s
     da, Bruder?«
    Athelstan stützte die
     Ellbogen auf den Tisch und ließ den Kopf auf die Hände sinken.
     »Roffel pflegte dort Usquebaugh zu kaufen, ein schottisches Getränk;
     er bewahrte es in einer Flasche auf, die er stets bei sich trug. Ist Euch
     übrigens aufgefallen, Sir John, daß Crawleys Name immer wieder
     auftaucht? Er konnte Roffel nicht ausstehen. Nur aufgrund seiner Aussage
     wissen wir, daß jemand sich der God’s Bright Light genähert
     hat. Er muß den Wortwechsel zwischen Bracklebury und Bernicia gehört
     haben. Und jetzt gehört auch noch einem seiner Verwandten die
     Schenke, wo Roffel den Usquebaugh kaufte, welcher, wie ich vermute, das
     Arsen enthielt, an dem er gestorben ist.«
    Cranston trank seinen Becher
     leer und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
    »Schauen wir uns diese
     Schenke an.« Er legte den Zeigefinger an die fleischige Nase.
     »Und dann besuchen wir noch jemand anderen - einen Mann, der weiß,
     was am Fluß vor sich geht, weil er aus ihm seinen Lebensunterhalt
     bezieht.«      
    Cranston legte ein paar Münzen
     auf den Tisch, und sie verließen die Gassenschenke. Es fing an zu
     regnen. Die Straßen waren leer, und so hielten sie sich im Schatten
     der Häuser, um den dreckigen Pfützen auszuweichen und Schutz vor
     dem Regen zu finden.
    »Wir hätten die
     Pferde mitnehmen sollen«, murrte Athelstan.
    »Halt’s Maul und
     bete«, gab Cranston launig zurück.
    Die Taverne »Zu den
     gekreuzten Schlüsseln«, eine lärmerfüllte
     Seemannsschenke, duckte sich hinter die Lagerhäuser. Gäste aus
     aller Herren Länder drängten sich in der Schankstube:
     Portugiesen in bunten Gewändern, mit bärtigen, dunklen
     Gesichtern und silbernen Ohrringen, stolze und streitbare Gascogner und
     Hanseaten mit ernsten Mienen, schwitzend unter Pelzmützen und Mänteln.
     Salziger Fischgeruch mischte sich mit seltsamen Kochdünsten. Cranston
     leckte sich die Lippen, als ein Schankbursche eine Schüssel mit gewürfeltem
     Rindfleisch unter einer dicken Zwiebeltunke an ihm vorbeitrug. Athelstan
     steuerte den Coroner umsichtig durch die lärmende Menge auf den Wirt
     zu, der rund und gedrungen wie ein Faß vor einem großen
     Fischernetz an der Wand stand. Der Mann beobachtete unablässig den
     Schankraum und brüllte seinen verschwitzten Knechten Befehle zu. An
     seinem wiegenden Gang und an den Augenfalten, die durch jahrelanges Spähen
     in Sonne und beißendem Wind entstanden waren, erkannte Athelstan, daß
     er sein Leben auf See zugebracht hatte. Mit seinen apfelroten Wangen und
     dem kahlen Schädel sah er recht munter aus, und seinem Mund entströmte
     eine Kette farbenfroher Flüche, die sogar Cranston zum Lachen
     brachten.
    »Ihr seid der Eigentümer?«
     fragte Cranston, als er vor ihm stand.
    »Nein, ich bin eine
     gottverdammte Seejungfrau!« zischte der Kerl aus dem Mundwinkel, während
     er sich zur Küche wandte, um einen Befehl hineinzubrüllen.
    »John Cranston ist mein
     Name, und das ist mein Sekretär, Bruder Athelstan.«
    Der Coroner streckte seine
     fette Pranke aus. Der Wirt ergriff sie und lächelte.
    »Von Euch habe ich
     schon gehört. Ich bin Richard Crawley, einst Herr über ein
     Schiff, jetzt Beherrscher dessen, was Ihr hier seht. Ich kann mir denken,
     warum Ihr hier seid: Rottels Tod, Gott verdamme ihn!«
    »Ihr mochtet ihn nicht?«
    »Genau wie mein Vetter
     Sir Jacob habe ich Roffel bis aufs Mark gehaßt. Er war ein übler
     Halunke, und ich hoffe, er kriegt, was er so reichlich verdient: Er soll
     in der Hölle verrotten…« Plötzlich brach er ab und
     schrie einen Küchenjungen an. »Bei den Titten einer
     Seejungfrau! Halte den Teller gerade! Du krängst ja wie ein
     kenterndes Schiff!«
    »Warum habt Ihr ihn
     gehaßt?«
    »Warum nicht? Aus
     demselben Grund wie Sir Jacob. Ich hatte

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