Tod auf der Themse
Der Mann kam mit dem Dolch in der Hand auf
sie zu. Bernicia kreischte auf und rannte zur Tür. Der Seemann packte
die Hure bei den Haaren - und fluchte, als er die Perücke in der Hand
hielt. Schluchzend und jammernd griff Bernicia nach dem Riegel, wollte ihn
aufschieben, aber der Kopf wurde ihr in den Nacken gerissen, und das
Messer durchtrennte ihre zarte Kehle von einem Ohr zum anderen.
Athelstan, frisch und
ausgeschlafen, sah am nächsten Morgen in der Messe eine größere
Gemeinde als sonst vor sich. Ashby, der bei Athelstans Rückkehr am
Abend zuvor in tiefem Schlummer gelegen hatte, half Crim wiederum beim
Altardienst. Rasiert und gewaschen sah er schon ansehnlicher aus. Er hatte
sich am Tag zuvor eifrig betätigt, hatte den Gemeindemitgliedern
geholfen, den großen Karren ins Querschiff zu fahren, und von den
Altarstufen aus Anweisungen beim Aufspannen der großen rückwärtigen
Plane gegeben.
Athelstan lächelte
leise, als er die letzten Worte der Messe sprach. Ite missa est - geht,
ihr seid entlassen. Er verneigte sich, küßte den Altar und sah
sich dann kurz unter den Leuten um, die sich hinter dem Lettner
zusammenkauerten. Aveline war da, das Gesicht halb hinter einem Schleier
verborgen. Sie saß auf einem Schemel in einer Ecke des Chors und ließ
ihren Geliebten nicht aus den Augen. Und dort hockte Watkin, der
Mistsammler, und funkelte Pike, den Grabenbauer, wütend an. Athelstan
stöhnte; ihre Feindseligkeit hatte auf ihre Ehefrauen übergegriffen,
die einander jetzt auch mit schmalen Augen anblitzten. Der Maler Huddle saß
auf seinen Fersen und schaute verträumt zur Decke hinauf. Mugwort,
der schwachsinnige, bucklige Glöckner, zappelte wild; er brannte
darauf, durch das Kirchenschiff zu laufen und die Glocke zu läuten,
um anzuzeigen, daß die Messe vorüber war. Ursula, die Schweinebäuerin,
war ebenfalls da, und neben ihr hingestreckt lag ihre mächtige
Lieblingssau. Neben Ursula saß Pemel, die Flämin; sie hatte
versucht, sich die Haare zu färben, und jetzt hingen sie in einem
Gemisch aus Schwarz und Flachsgelb herunter und sahen neben dem weiß
geschminkten Gesicht um so scheußlicher aus.
Athelstan verbarg seine Enttäuschung.
Er hatte sich während der Messe von dem Gedanken ablenken lassen, daß
Benedicta vielleicht kommen würde. Die Witwe mit der glatten,
olivfarbenen Haut, den entzückenden Augen und dem kohlschwarzen Haar
ging ihm ab. Oft erzählte er ihr, womit er und Cranston gerade beschäftigt
waren, und fragte sie um Rat. Benedicta hatte einen klugen Verstand, einen
scharfen Witz und einen sarkastischen Humor, der sich als wertvoll erwies,
wenn es darum ging, die verschiedenen Streitparteien im Gemeinderat
miteinander zu versöhnen.
Athelstan seufzte und ging
mit wehenden Gewändern in die Sakristei. Crim half ihm, sie
abzulegen, während die Gemeinde pfeilschnell zu dem großen
Wagen hinüberrannte und weiter über die Frage debattierte, wer
was wann wo und wie tun sollte. Athelstan trat wieder hinaus und half
Crim, den Altar abzuräumen und Buch, Glocke und Wein- und Wasserkännchen
zu verstauen; dabei sah er, daß Lady Aveline und Master Ashby tief
ins Gespräch versunken waren. Er bot ihnen ein Frühstück
an, aber sie lehnten höflich ab; Ashby deutete auf die
Provianttasche, die Lady Aveline mitgebracht hatte. Als Athelstan sah, daß
seine Pfarrkinder in Wortgefechte verwickelt waren, verließ er
unauffällig die Kirche und ging hinüber, um nach Philomel zu
sehen. Dann ging er weiter ins Pfarrhaus.
Erstaunt sah er sich um. Die
Küche war gefegt, frische Binsen bedeckten den Boden, und das Feuer
war angefacht. Neben einem Teller mit dampfender Hafergrütze und dem
Hornlöffel lag eine Scheibe Brot mit Butter und Käse. Ein Krug
Ale stand auch auf dem Tisch. Athelstan hörte ein Geräusch aus
der Speisekammer und grinste, als Benedicta herauskam.
»Lady, ich dachte, Ihr
wärt noch nicht wieder da«, sagte er.
Er ergriff die warmen Hände
der Witwe und gab ihr einen sanften Kuß auf die Wange. Benedicta
trat errötend zurück, aber in ihren Augen funkelte die Fröhlichkeit.
»Ich wollte Euch überraschen,
Pater. Nun, gefällt es Euch?« Sie deutete mit gespieltem Ernst
in die Küche. »Im Herd war nur noch Asche, die Binsen waren
nicht ausgewechselt worden, der Tisch war nicht geschrubbt, und ich
glaube, ordentlich gegessen habt Ihr auch
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