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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Der Mann kam mit dem Dolch in der Hand auf
     sie zu. Bernicia kreischte auf und rannte zur Tür. Der Seemann packte
     die Hure bei den Haaren - und fluchte, als er die Perücke in der Hand
     hielt. Schluchzend und jammernd griff Bernicia nach dem Riegel, wollte ihn
     aufschieben, aber der Kopf wurde ihr in den Nacken gerissen, und das
     Messer durchtrennte ihre zarte Kehle von einem Ohr zum anderen.
    Athelstan, frisch und
     ausgeschlafen, sah am nächsten Morgen in der Messe eine größere
     Gemeinde als sonst vor sich. Ashby, der bei Athelstans Rückkehr am
     Abend zuvor in tiefem Schlummer gelegen hatte, half Crim wiederum beim
     Altardienst. Rasiert und gewaschen sah er schon ansehnlicher aus. Er hatte
     sich am Tag zuvor eifrig betätigt, hatte den Gemeindemitgliedern
     geholfen, den großen Karren ins Querschiff zu fahren, und von den
     Altarstufen aus Anweisungen beim Aufspannen der großen rückwärtigen
     Plane gegeben.
    Athelstan lächelte
     leise, als er die letzten Worte der Messe sprach. Ite missa est - geht,
     ihr seid entlassen. Er verneigte sich, küßte den Altar und sah
     sich dann kurz unter den Leuten um, die sich hinter dem Lettner
     zusammenkauerten. Aveline war da, das Gesicht halb hinter einem Schleier
     verborgen. Sie saß auf einem Schemel in einer Ecke des Chors und ließ
     ihren Geliebten nicht aus den Augen. Und dort hockte Watkin, der
     Mistsammler, und funkelte Pike, den Grabenbauer, wütend an. Athelstan
     stöhnte; ihre Feindseligkeit hatte auf ihre Ehefrauen übergegriffen,
     die einander jetzt auch mit schmalen Augen anblitzten. Der Maler Huddle saß
     auf seinen Fersen und schaute verträumt zur Decke hinauf. Mugwort,
     der schwachsinnige, bucklige Glöckner, zappelte wild; er brannte
     darauf, durch das Kirchenschiff zu laufen und die Glocke zu läuten,
     um anzuzeigen, daß die Messe vorüber war. Ursula, die Schweinebäuerin,
     war ebenfalls da, und neben ihr hingestreckt lag ihre mächtige
     Lieblingssau. Neben Ursula saß Pemel, die Flämin; sie hatte
     versucht, sich die Haare zu färben, und jetzt hingen sie in einem
     Gemisch aus Schwarz und Flachsgelb herunter und sahen neben dem weiß
     geschminkten Gesicht um so scheußlicher aus.    
    Athelstan verbarg seine Enttäuschung.
     Er hatte sich während der Messe von dem Gedanken ablenken lassen, daß
     Benedicta vielleicht kommen würde. Die Witwe mit der glatten,
     olivfarbenen Haut, den entzückenden Augen und dem kohlschwarzen Haar
     ging ihm ab. Oft erzählte er ihr, womit er und Cranston gerade beschäftigt
     waren, und fragte sie um Rat. Benedicta hatte einen klugen Verstand, einen
     scharfen Witz und einen sarkastischen Humor, der sich als wertvoll erwies,
     wenn es darum ging, die verschiedenen Streitparteien im Gemeinderat
     miteinander zu versöhnen.
    Athelstan seufzte und ging
     mit wehenden Gewändern in die Sakristei. Crim half ihm, sie
     abzulegen, während die Gemeinde pfeilschnell zu dem großen
     Wagen hinüberrannte und weiter über die Frage debattierte, wer
     was wann wo und wie tun sollte. Athelstan trat wieder hinaus und half
     Crim, den Altar abzuräumen und Buch, Glocke und Wein- und Wasserkännchen
     zu verstauen; dabei sah er, daß Lady Aveline und Master Ashby tief
     ins Gespräch versunken waren. Er bot ihnen ein Frühstück
     an, aber sie lehnten höflich ab; Ashby deutete auf die
     Provianttasche, die Lady Aveline mitgebracht hatte. Als Athelstan sah, daß
     seine Pfarrkinder in Wortgefechte verwickelt waren, verließ er
     unauffällig die Kirche und ging hinüber, um nach Philomel zu
     sehen. Dann ging er weiter ins Pfarrhaus.
    Erstaunt sah er sich um. Die
     Küche war gefegt, frische Binsen bedeckten den Boden, und das Feuer
     war angefacht. Neben einem Teller mit dampfender Hafergrütze und dem
     Hornlöffel lag eine Scheibe Brot mit Butter und Käse. Ein Krug
     Ale stand auch auf dem Tisch. Athelstan hörte ein Geräusch aus
     der Speisekammer und grinste, als Benedicta herauskam.
    »Lady, ich dachte, Ihr
     wärt noch nicht wieder da«, sagte er.
    Er ergriff die warmen Hände
     der Witwe und gab ihr einen sanften Kuß auf die Wange. Benedicta
     trat errötend zurück, aber in ihren Augen funkelte die Fröhlichkeit.
    »Ich wollte Euch überraschen,
     Pater. Nun, gefällt es Euch?« Sie deutete mit gespieltem Ernst
     in die Küche. »Im Herd war nur noch Asche, die Binsen waren
     nicht ausgewechselt worden, der Tisch war nicht geschrubbt, und ich
     glaube, ordentlich gegessen habt Ihr auch

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