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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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bewunderte seine Geschicklichkeit und Sicherheit. Schließlich
     machte er kehrt und ritt zurück in Richtung London Bridge. Als er an
     seiner Kirche vorbeikam, stürzte Crim, der Altarjunge, heraus.   
    »Pater! Pater!«
    Athelstan zügelte
     Philomel. Er befürchtete schon, Marston und seine Kerle hätten
     irgendwelche Bosheiten versucht; besorgt schaute er zur Kirche, aber alles
     schien ruhig zu sein.
    »Was gibt’s denn,
     Crim?«
    »Pater«,
     stotterte der Junge, »der Lord Roßzermalmer!«
    »Du meinst Sir John
     Cranston, den Coroner der Stadt London?«
    »Aye, Pater, den alten
     Fettarsch.«
    »Crim!«
    »Verzeihung, Pater,
     aber er hat einen Boten herübergeschickt. Ihr wißt doch, Pater
     - den mit dem verkniffenen Hintern, der wie eine Ente watschelt und immer
     das Gesicht verzieht, als ob er etwas Faules gerochen hätte.«
    »Und was hat dieser
     Bote gesagt?« fragte Athelstan geduldig.
    »Sir John will Euch
     dringend in der Cheapside sehen. Lady Benedicta ist schon losgegangen«,
     fügte er atemlos hinzu. »Sie wollte dort Vorbeigehen und Sir
     John sagen, daß Ihr unterwegs seid.«
    Athelstan warf dem jungen
     eine Münze zu und setzte seinen Weg fort. Zum erstenmal seit Wochen
     trieb er Philomel zum schnellen Trab und machte sich kaum noch die Mühe,
     die Grüße und Zurufe zu beantworten. Er trappelte auf die Brücke
     und schaute nicht nach rechts oder links. Weshalb mochte Sir John wohl so
     ungeduldig nach seiner Anwesenheit verlangen? Aus Höflichkeit klopfte
     er am Haus des Coroners in der Cheapside, aber Lady Maude teilte ihm mit
     schmalen Lippen lediglich mit, »der Vogel« sei »längst
     ausgeflogen«. 
    »In seine Kanzlei im
     Rathaus - sagt er wenigstens«, ergänzte sie düster.
     »Und Ihr wißt ja, wo das ist, Pater?«
    Athelstan lächelte
     taktvoll. Als die Tür sich geschlossen hatte, führte er den
     schnaubenden, wiehernden Philomel, der immer noch gegen die ungewohnt
     rauhe Beanspruchung protestierte, über den geschäftigen
     Marktplatz. Dann gab er die Zügel einem Pferdeknecht und betrat die
     Schankstube vom »Heiligen Lamm Gottes«. Sir John saß
     bereits da; vor sich hatte er zwei große leere Weinbecher und ein
     paar Krumen von einer Pastete.
    »Guten Morgen, Sir
     John.«
    Cranston rülpste leise.
    »In bester Verfassung
     wie immer, sehe ich«, sagte Athelstan und setzte sich zu ihm. 
    »Es hat schon wieder
     einen verdammten Mord gegeben«, verkündete Cranston. »Erinnerst
     du dich an Bernicia, Roffels kleines Flittchen? Na, sie - oder er - ist
     tot. Kehle durchgeschnitten, von einem Ohr zum anderen, und das ganze Haus
     auf den Kopf gestellt.« Cranston schlug mit der flachen Hand auf den
     Tisch. »Weiß der Himmel - sagt man nun er oder sie?
     Jedenfalls, Bernicia ist tot.«     
    »Bernicia führte
     ein Schattenleben«, antwortete Athelstan.
    »Was kümmert es
     mich, wie die Kreatur lebte?« blaffte Cranston. »Gott schenke
     dem armen Hund die ewige Ruhe. Aber hör dir das an, Bruder.« Er
     verlagerte seine Körpermassen. »Es gibt nicht viele Orte in
     London, wo jemand wie Bernicia hingehen kann. Vier oder fünf
     Spelunken, alles in allem, und alle nur ein paar Schritte voneinander
     entfernt.« Cranston unterbrach sich und brüllte nach einem
     vollen Becher. »Für gewöhnlich kümmere ich mich nicht
     um diese Häuser. Mich dauern die armen Menschen, die dort verkehren.
     Aber heute morgen, nachdem ich Bernicias Leiche gesehen hatte, war ich
     dort. Anfangs leugnete er, wie erwartet, aber dann förderte der
     silberzüngige Wirt einen Pagen zutage, der eine Reihe von Tatsachen
     auf seinen Eid nahm. Erstens: Bernicia war am Abend zuvor dort gewesen.
     Zweitens: Die Hure hatte sich mit jemandem getroffen und war mit ihm
     fortgegangen.«
    »Und?«
    »Der Junge sagt, der
     Fremde könnte Bracklebury gewesen sein. Jedenfalls war es ein
     Seemann, der Roffel und die God’s Bright Light kannte.«
    Athelstan lehnte sich zurück
     und pfiff durch die Zähne.
    »Seltsam«,
     murmelte er. »Ein logischer Irrtum, Sir John. Ich hatte immer
     angenommen, die Schiffswache sei entweder tot oder geflohen.«
    »Wenn es jemand von der
     Wache war«, sagte Sir John, »dann ändert sich das Bild,
     und es wird so einfach, daß man sich verwundert fragen kann, warum
     wir nicht schon eher darauf gekommen sind. Der Erste Maat hat die beiden
     Matrosen umgebracht und ist dann vom Schiff gesprungen. Warum oder womit
     er die Tat begangen hat, wissen

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