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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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meinen?«
    Der Kapitän zuckte die
     Achseln. »Sir John, ich würde Euch gern helfen, doch das ist
     nicht meine Sache. Roffel ist fort, und sein Erster Maat und zwei Matrosen
     ebenfalls.«
    Athelstan meldete sich zu
     Wort; er sprach leise, denn ihm war ein wenig übel, weil das Deck
     unter seinen Füßen schwankte. »Wir wollen nichts weiter
     als die Erlaubnis, Roffels - oder besser gesagt, Eure - Kajüte zu
     durchsuchen, Master Southchurch. Es ist wichtig, daß wir es tun,
     bevor das Schiff wieder in See geht.«
    Der junge Kapitän lächelte.
     »Natürlich«, willigte er gleich ein. »Ihr werdet
     die Kajüte leer finden. Meine Sachen sind nämlich noch nicht an
     Bord. Sir John, Bruder Athelstan, seid meine Gäste.« Er wedelte
     mit der Hand, winkte sie in die Kabine und schloß die Tür
     hinter ihnen.
    Die kleine Kammer war sauber
     gefegt. Athelstan sah sich verzweifelt um. Über sich hörten sie
     Fußgetrappel und das unaufhörliche Befehlsgeschrei der
     Offiziere, während das Schiff kampfbereit gemacht wurde. Hin und
     wieder neigte die Kajüte sich ein wenig zur Seite, wenn die rauhe
     Themse die Kogge packte und schaukelte, daß sie an der Ankerkette
     zerrte. Athelstan ließ sich auf die schmale Koje fallen und hielt
     sich mit beiden Händen den Magen. Cranston grinste ihn an, nahm einen
     großen Schluck aus seinem Weinschlauch, rülpste und setzte sich
     neben ihn.
    »Gibt nicht viel, was
     man hier drin verstecken könnte«, sagte er. »Komm schon,
     Bruder, benutze deine Seemannsbeine.«
    Athelstan stand seufzend auf
     und ging in der Kajüte umher.
    »Wenn ich der Kapitän
     wäre«, sagte er leise und halb zu sich selbst, »und wenn
     ich etwas Klobiges wie einen Gürtel voller Silber verstecken wollte,
     was würde ich dann tun?«
    Er sah, daß diese Kajüte
     kaum der Rede wert war. Unter den Bodenplanken war nichts als die Höhle
     des Laderaums - dies war kein Haus, unter dem sich geheime Gänge
     graben ließen. Es gab keine dicken Wände, wo man Schränke
     hinter der Täfelung verbergen konnte. »Es tut mir leid«,
     sagte Athelstan. »Sir John, wir haben diesen Weg umsonst gemacht.
     Bonaventura könnte hier nicht einmal eine Maus verstecken. Die Koje
     ist nichts, Tisch und Stühle sind überaus simpel, es gibt keine
     richtige Wand, keine Decke, keinen Boden.«
    Ein lautes Schnarchen
     antwortete ihm. Er drehte sich um und wäre beinahe gefallen, als das
     Schiff sich wieder auf die Seite legte.
    »Oh, gütiger
     Himmel, nein!« stöhnte er. »Sir John, nicht jetzt.«
    Aber Cranston lag flach auf
     der Koje, Arme und Beine von sich gestreckt, den Kopf zurückgelegt,
     den Mund weit offen, und schnarchte wie eines seiner Kerlchen.
    Athelstan setzte sich auf
     einen Schemel. Allmählich gewöhnte er sich an die Bewegungen des
     Schiffes und merkte, daß ihm die Augen schwer wurden. Am liebsten hätte
     er das alles hinter sich gelassen. Er gehörte nach St. Erconwald und
     zu seiner Pfarrgemeinde - zu Watkin mit seinem kleinlichen Ehrgeiz, zu
     Pike mit seinen dreisten Spötteleien, zu Pemel, der Flämin, mit
     ihren verzweifelten Versuchen, sich das Haar zu färben, und zu der
     sarkastischen Fröhlichkeit und jenem anderen, das er in Benedictas hübschen
     Augen las. Wie es wohl Ashby mit Aveline erging? Bei dem Gedanken an sie
     war ihm jetzt wohler - wenn Cranston diese Sache erledigt hätte, würde
     Sir Henry Ospring beim König nicht mehr in so hohem Ansehen stehen.
     Er fing an, über das Mysterienspiel nachzudenken und sich zu überlegen,
     wo die Gemeinde sitzen sollte …
    Seine Augen schlossen sich,
     und er döste ein. Als jemand an Deck über ihm krachend etwas
     fallen ließ, schrak er hoch. Es wurde schon dunkel in der Kajüte.
     Ob Sir John wohl einen Feuerstein bei sich hatte, um die Laterne anzuzünden,
     die an einem der dicken Stützbalken des Decks herabhing? Er stand
     auf, klappte die Vorderseite der Laterne auf und betrachtete dann den
     dicken Haken aus Bronze oder Kupfer, an dem sie hing. Der Haken saß
     auf einer Platte, die ihrerseits an den Balken geschraubt war. Athelstan
     verspürte leise Erregung. Warum solch ein schwerer Haken für
     eine Laterne, die sich viel leichter anfühlte als die, mit denen brave Bürger
     abends ihre Haustüren beleuchteten? Die Platte maß mindestens
     neun Zoll im Durchmesser. Athelstan nahm die Laterne herunter und zog am
     Haken. Nichts geschah. Er versuchte, den Haken rechtsherum zu drehen, aber
     er rührte sich

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