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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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nicht. Dann versuchte er es in die andere Richtung,
     und diesmal merkte er, daß sich die Platte ein Stückchen
     bewegte. Er drehte den Haken weiter, wie um ihn abzuschrauben, und die
     Platte lockerte sich und löste sich schließlich ganz. Dahinter
     war eine Höhlung im Balken. Athelstan schob die Hand hinein. Seine
     Finger berührten weiche Holzspäne und dann einen kalten, harten
     Gegenstand. Er bekam ihn mit zwei Fingern zu fassen und zog ihn heraus.
     Eine Silbermünze lag auf seiner Handfläche. 
    Er hörte, wie ein Boot längsseits
     kam; hastig schraubte er den Haken wieder an den Pfosten und ging dann zu
     Cranston, um ihn zu wecken.
    »Sir John!«
     zischte er. »Um Gottes willen, wacht auf, Sir John.«
    Der Coroner öffnete die
     Augen und schmatzte.
    »Einen Becher Roten«,
     hauchte er. »Eine Pastete mit Rindfleisch und Zwiebeln, und ich will
     sofort die Kerlchen sehen.«
    »Um Himmels willen, Sir
     John!« Athelstan schüttelte ihn. »Wir sind noch auf dem
     Schiff.«
    Cranston rieb sich das
     Gesicht und kam mühsam auf die Beine.
    »Was zum Teufel…?«
     Er sprach nicht weiter, als Athelstan ihm das Silberstück vor die
     Augen hielt.
    »Du Frettchen von einem
     Ordensbruder! Du kleines Frettchen!« Cranston gluckste, packte
     Athelstan fest bei den Schultern und küßte ihn auf beide
     Wangen.
    Athelstan wußte nicht,
     ob er sich die schmerzenden Schultern reiben oder sich das Gesicht
     abwischen sollte. Er zeigte auf die Laterne. Cranston ging breitbeinig hinüber;
     er sah immer noch schlaftrunken aus.
    »Da drin? Das ist ein
     blöder Ort!«
    »Nein, Sir John. Hinter
     der Befestigungsplatte des Hakens befindet sich ein kleiner Hohlraum. Was
     immer Roffel von dem Fischerboot geraubt hat, hat er dort aufbewahrt, aber
     jetzt ist es weg.«
    »Aha!« hauchte
     Cranston. »Das paßt alles zusammen.«
    Athelstan steckte die Silbermünze
     ein, als es an der Tür klopfte. Southchurch trat ein.
    »Ich habe Sir Jacob
     mitgeteilt, daß Ihr hier seid«, sagte er, »und er hat
     einen Boten geschickt. Er möchte Euch trotz des Alarms heute abend
     als Gäste auf der Holy Trinity begrüßen.«
    Cranston schaute an sich
     herunter. »Ich würde mich ja gern umziehen«, sagte er und
     grinste dann, »doch ich sehe wohl in jeder Kleidung stattlich aus.«
     Er strich mit dem Finger über die Stoppeln an Athelstans Kinn.
     »Was man von dir nicht gerade sagen kann, Brüderchen. Aber komm
     - ich sterbe vor Hunger, und Crawley kann ein guter Gastgeber sein.«
    *
    Dichter Nebel legte sich
     über den Fluß, und das hektische Treiben des Nachmittags
     erstarb. Die Kunde von den französischen Galeeren hatte die Stadt
     erreicht, und die Kirchenglocken läuteten bereits Alarm. Viele
     Schenken wurden geschlossen. Sogar die Huren verzogen sich auf die
     Ostseite der Southwark Bridge; sie vertrauten darauf, daß die Brücke
     eine natürliche Barriere sein würde, sollten die Galeeren die
     Themse heraufkommen. Eine Abordnung von Händlern begab sich nach
     Westminster, um vor dem Kronrat gegen dieses neuerliche Anzeichen für
     den Niedergang englischen Geschicks zu protestieren. Die Selbstsüchtigeren
     begannen, ihre Habe zu verstecken und kostbare Gegenstände in eiserne
     Kassetten zu legen. Es wurde dunkel. Der Kai lag verlassen da; nur der
     Menschenfischer und seine Phantome spähten jetzt aus finsteren Gassen
     und schmutzigen Gängen, die zur Themse hinunterführten. Die
     seltsamen Augen des Menschenfischers funkelten bei der Aussicht auf
     Gewinn. Wenn auf dem Fluß gekämpft wurde, dann konnte man
     Leichen aus dem Wasser fischen; man konnte ihnen die Geldbörsen
     abschneiden und bei den Behörden der Stadt hohe Gebühren
     kassieren. Er und seine vermummte Schar schlichen sich am Steelyard vorbei
     nach Queen’s Hithe. Dort standen sie am Kai und spähten zu den
     Schiffen hinaus. Der Menschenfischer drehte sich um.
    »Gut! Gut!«
     wisperte er heiser. »Wir müssen uns bereithalten. Bleibt an der
     Uferböschung und behaltet das Wasser im Auge.« Er gluckste.
     »Wie heißt es in der Schrift? Die Tiefe wird ausspeien ihre
     Reichtümer.« Seine Miene wurde wieder ernst. »Oh ja,
     meine Schönen. Mutter Themse hat viele Geheimnisse.«
    Er verbarg den aufflackernden
     Ärger, als er die Lichter der God’s Bright Light erkannte. Der
     Menschenfischer fühlte sich betrogen. Drei Seeleute waren von dieser
     Kogge verschwunden. Er hatte von dem Mord an Bernicia und vom Verschwinden
    

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