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Tod auf der Themse

Tod auf der Themse

Titel: Tod auf der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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bringen.«
     Lächelnd tätschelte er Sir Johns Arm. »Ihr seid ein Held,
     Sir John. Ihr habt ein tapferes, mutiges Herz. Lady Maude wird stolz auf
     Euch sein.« Athelstan grinste. »Und ich werde den beiden
     Kerlchen erzählen, daß ihr Vater ein veritabler Hektor ist.«   
    Der Menschenfischer kauerte
     am Kai. Er sah, wie das Boot mit Athelstan die Holy Trinity verließ
     und nach Southwark fuhr. Er sah die Umrisse des Flaggschiffes und die
     grausig zuckenden Gestalten an den Enden der Stricke. Er lächelte,
     als die Phantome sich um ihn scharten.
    »Erntezeit, meine Süßen.«
     Er wandte den Kopf und lauschte angestrengt in die Dunkelheit. »Es
     sind Lebende wie Tote im Fluß. Wenn sie ans Ufer kommen, sagt ihnen,
     ihr wolltet ihnen helfen. Wenn sie auf Französisch antworten, tötet
     sie. Sind es Engländer, so helft ihnen. Aber vergeßt nicht,
     nach den Leichen Ausschau zu halten.«
    Eines der Phantome zupfte ihn
     am Armei und deutete auf den Fluß, wo eine Leiche im weißen
     Hemd und dunkler Hose, das Gesicht nach unten gewandt, auf sie zugedümpelt
     kam.
    »Ja, ja.« Der
     Menschenfischer lächelte. »Endlich ist Erntezeit!«

 
    Elf
    Am nächsten Morgen
     schlief Athelstan lange. Im Morgengrauen wachte er das erste Mal auf, und
     jeder Knochen tat ihm weh; seinem Arm allerdings ging es schon besser.
     Noch immer waberte draußen der Nebel. Aus dem Fenster seiner
     Dachkammer konnte er nicht einmal die Kirche sehen.
    »Gott verzeih mir«,
     murmelte er. »Aber ich fühle mich schrecklich.« Er ging
     die Treppe hinunter, fachte das Feuer an, trank einen Schluck Wein und
     ging wieder hinauf ins Bett. Er schlief mehrere Stunden und erwachte erst,
     als Watkin eine Stunde vor Mittag an seine Tür hämmerte.
     Athelstan zog sich eine dünne Decke um die Schultern und hastete
     hinunter. Er schob den Riegel beiseite und lächelte, als er das
     erstaunte Gesicht des Mistsammlers sah.
    »Pater, habt Ihr
     geschlafen?«
    Athelstan führte ihn in
     die Küche. Hinter Watkin sah er die anderen Gemeindemitglieder, die
     sich auf der Kirchentreppe versammelten. Sogar Marston war da und schaute
     mit banger Sorge zum Pfarrhaus herüber. Athelstan ließ sich am
     Tisch auf einen Schemel fallen.
    »Pater, was habt Ihr
     denn? Sonst seid Ihr immer auf. Seid rasiert, gebadet, habt die Messe
     gelesen und die Kirche gefegt.« Watkin verbarg seine Liebe zu dem
     sanftmütigen Pfarrer hinter seiner üblichen Großmäuligkeit. 
    Athelstan lächelte
     schmal. »Watkin, ich war letzte Nacht mit Sir John auf dem Fluß.«     
    »Ihr wart dort, Pater?«
    »Ich war, Gott helfe
     mir, auf der Holy Trinity, als die Franzosen angriffen.«
    Watkin marschierte zur Tür
     und stieß sie auf.
    »Der Pater ist ein
     Held!« brüllte er den anderen Pfarrkindern zu. »Er und
     der Fettarsch - ich meine, er und Sir John Cranston - haben letzte Nacht
     auf dem Fluß gegen die verdammten Franzosen gekämpft!«
    Athelstan verbarg das Gesicht
     in den Händen.
    »Unser Pfarrer ist ein
     richtiger Held!« blökte Watkin. »Es stimmt also doch, was
     Moleskin uns erzählt hat. Crim, lauf zum Fluß hinunter und sag
     Moleskin, es täte mir leid, daß ich ihn einen verlogenen Furz
     genannt habe.«
    »Aber der Pater braucht
     mich hier!« maulte Crim. 
    »Wirst du wohl, du
     freche kleine Krabbe!« Watkin schlug die Tür hinter dem Jungen
     zu und watschelte zu Athelstan zurück. »Pater, Ihr seht blaß
     und erschüttert aus.«
    »Ehrlich gesagt,
     Watkin, ich fühle mich schon viel besser. Und übrigens war ich
     kein Held, sondern ein sehr ängstlicher Pfaffe.«
    »Bescheiden wie immer,
     bescheiden wie immer.« Herablassend klopfte Watkin ihm auf die
     Schulter. »Wir werden Huddle ein Bild malen lassen und es dann in
     der Kirche aufhängen; es soll Bruder Athelstan in der großen
     Seeschlacht darstellen. Ganz Southwark wird alles wissen wollen.« Er
     atmete geräuschvoll durch haarige Nasenlöcher. »Überall
     im Watt jagen sie Franzosen. Die Galgen hängen voll, und auf der
     London Bridge stecken sie Piratenköpfe auf Stangen.«
    Die Tür ging auf.
     Athelstans Gemeindekinder drängten sich herein und reckten die Hälse,
     um einen Blick auf ihren heldenhaften Priester zu werfen.
    »Geht weg! Geht weg!«
     befahl Watkin großartig. »Bruder Athelstan braucht jetzt
     Zuspruch und Trost. Ich, als Oberhaupt des Pfarrgemeinderates, werde euch
     die Neuigkeit später vortragen.« Er schlug die Tür zu.
     »Verpißt euch!«

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