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Tod auf Ormond Hall

Tod auf Ormond Hall

Titel: Tod auf Ormond Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Alexander
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gewohnt war, die Dienerschaft mit eiserner Hand zu regieren. Lady Patricia stellte sie einander vor.
    "Bringen Sie bitte Miss Bryant auf Ihr Zimmer, Mistreß White", bat sie.
    "Sehr wohl, Mylady", erwiderte die Hausdame. Sie schenkte Michelle ein freundliches Lächeln und bat sie, mit ihr mitzuko mmen.
    "Wir sehen uns dann beim Lunch, Darling", sagte Kevin und küsste seine Verlobte auf die Wange. "Ich habe etwas mit meinem Vater zu besprechen."
    "Schon gut", meinte Michelle, obwohl es ihr lieber gewesen wäre, wenn er sie begleitet hätte. Es gab keinen Grund, sich vor Mistreß White zu fürchten, aber die Gegenwart der Hausdame bereitete ihr Unbehagen.
    Die junge Frau folgte Edda White in die verwinkelte Halle des Hauses. Bei ihrer Ankunft hatte sie keine Gelegenheit gehabt, sich umzusehen, da Kevin und sein Bruder sie gleich in den Salon g eführt hatten, nun bemerkte sie die Gemälde, die an den weißen Wänden hingen, die Ritterrüstungen und Schwerter, den geschwungenen Tisch mit den Scherensesseln und eine uralte Reisetruhe. Es gab mehrere Treppen, die in die einzelnen Stockwerke des Hauses führten. Überall standen Pflanzen. Michelle fragte sich, ob sie von Edward betreut wurden.
    Sie blieb vor einem Gemälde stehen, das zwei kleine Jungen von etwa sechs und acht Jahren vor dem Hintergrund von Ormond Hall zeigte. Der Blick des Älteren war in die Ferne gerichtet, wä hrend der Jüngere sich nur für den Welpen zu interessieren schien, den er in den Armen hielt.
    Mistreß White warf einen wehmütigen Blick auf das Gemälde. "Master Edward und Master Kevin", sagte sie. "Der kleine Hund gehörte eigentlich Master Edward. Er hatte ihn zum achten G eburtstag bekommen. Eines Morgens fanden wir Blacky tot vor dem Haus."
    "War er krank?“, fragte Michelle.
    Die Hausdame schüttelte den Kopf. "Nein, Blacky ist während der Nacht aus dem Fenster des Kinderzimmers im zweiten Stock gesprungen. Vermutlich hatte er unten im Park einen anderen Hund gehört."
    "Es muss schlimm für die beiden Jungen gewesen sein", meinte Michelle betroffen. Sie folgte der Hausdame eine Treppe hinauf. Die Geschichte erschien ihr unwahrscheinlich. Jedenfalls hatte sie noch nie gehört, dass ein Hund aus einem Fenster im zweiten Stock gesprungen war.
    Sie wollten gerade in einen schmalen Gang einbiegen, als ihnen ein großer, blonder Mann entgegenkam. Er trug Cordhosen und einen weißen Pullover. Über seine rechte Gesichtshälfte zog sich eine schmale Narbe. Kurz vor den beiden Frauen blieb er stehen. Seine Lippen formten unartikulierte Laute. Unwillkürlich rann Michelle ein Schauer über den Rücken.
    "Master Edward, wo kommen Sie denn her?“, fragte Edda White energisch. "Sind Sie wieder einmal Ihrem Pfleger entko mmen?"
    Edward Ormond streckte die Hand nach Michelle aus. Bevor die junge Frau es verhindern konnte, hatte er bereits ihren Arm gepackt. Vergeblich versuchte Michelle, sich zu befreien. Er hielt sie wie in einem Schraubstock gefangen und zerrte sie zur Treppe zurück.
    Michelle stieß einen halblauten Schrei aus.
    "Master Edward, was soll das?“, fragte Edda White. "Wo sind Ihre Manieren? Miss Bryant ist die Verlobte Ihres Bruders." Sie ergriff Edwards Hand und zwang ihn, die junge Frau loszulassen. "Sie sollten sich schämen, Ihrer zukünftigen Schwägerin Angst einzujagen. Was soll Miss Bryant jetzt von Ihnen denken? Sie möchten doch sicher nicht, dass ich ..."
    "Bitte, nicht schimpfen, Mistreß White", bat Michelle. Sie hatte sich wieder gefangen und spürte plötzlich heftiges Mitleid mit Kevins Bruder. Es kostete sie Überwindung, aber sie nahm seine Hand. "Vielleicht könnten wir Freunde werden", meinte sie und schenkte ihm ein Lächeln.
    Edward Ormond erwiderte es, doch dann wies er mit einer u nmissverständlichen Geste die Treppe hinunter zum Portal. Es gab keinen Zweifel, er wollte, dass Michelle das Haus verließ.
    In diesem Moment tauchte der Pfleger auf. "Ich habe Sie schon überall gesucht, Master Edward", sagte er vorwurfsvoll. "Sie wi ssen sehr genau, dass Sie nicht alleine herumstreifen sollen." Er nickte Michelle zu, ergriff Edwards Arm und führte den jungen Mann über die Galerie in einen anderen Teil des Hauses.
    Mistreß White blickte ihnen nach, dann wandte sie sich M ichelle zu. "Ich war noch ein junges Ding, als ich vor vielen Jahren nach Ormond Hall kam, Miss Bryant", erzählte sie. "Ich liebte sie alle beide, Master Edward und Master Kevin. Ich sah sie aufwachsen. Von Anfang an waren sie

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