Tod auf Ormond Hall
gemacht", erwiderte Michelle, Sie sah nicht ein, weshalb sie sich rechtfert igen sollte.
"Mit Mister Nevins", bemerkte die Hausdame. Sie seufzte auf. "Sie sehen, es hat sich bereits herumgesprochen. Kein Wunder, dass Master Kevin so wütend ist."
Michelle gab ihr keine Antwort. "Ich komme schon alleine zurecht, danke, Mistreß White", sagte sie, als sie ihr Zimmer erreicht hatte, und gab ihr die Decke zurück. Rasch öffnete sie die Tür und schloss sie gleich wieder hinter sich. Minutenlang lehnte sie sich mit geschlossenen Augen gegen die Wand, dann ging sie ins Bad und begann sich auszukleiden.
Als die junge Frau eine halbe Stunde später in den Salon hi nunterkam, fand sie nur Lady Patricia vor. Ihre zukünftige Schwiegermutter erkundigte sich freundlich, ob sie sich schon etwas von ihrem Abenteuer erholt hätte.
"Unwetter kommen hier meist unverhofft", sagte sie. "Als ich Ihnen den Rat gab, einen Spaziergang zu machen, ahnte ich nicht, dass Sie durch den Wald gehen würden."
"Es tut mir leid, dass Sie sich um mich gesorgt haben", erwiderte Michelle. Sie trat ans Feuer. Trotz des heißen Bades fröstelte sie noch immer.
"Es sollte dir auch leid tun", sagte Kevin Ormond von der Tür her. Auch er hatte sich umgezogen. "Komm bitte in mein Arbeit szimmer, Michelle. Ich habe einiges mit dir zu besprechen."
Michelle hasste den Ton, in dem er mit ihr sprach, dennoch folgte sie ihm, weil sie sich nicht vor seiner Mutter mit ihm stre iten wollte. "Deine Wut ist völlig unangebracht, Kevin", bemerkte sie, als er die Tür hinter ihr schloss.
"So?" Seine Augen funkelten vor Zorn. Er ballte die Hände. "Als ich nach Hause kam und mir meine Mutter sagte, dass du noch nicht von einem Spaziergang zurückgekehrt bist, war ich außer mir vor Angst, dass dir etwas passiert sein könnte. Ein Sturm zog auf, es begann bereits zu regnen. Wir durchsuchten den ganzen Park. Schließlich sagte mir Edwards Pfleger, dass er dich vom Fenster aus in Richtung Friedhof hätte gehen sehen."
"Ich wollte Danielles Grab sehen", warf Michelle ein. "Es war mir wichtig."
"Und du bist den ganzen Nachmittag auf dem Friedhof gebli eben?" Wieder packte er ihren Arm. Er griff unter ihr Kinn und hob es an. "Sag mir die Wahrheit, Michelle, du hattest dich dort mit Roger Nevins verabredet."
"Keineswegs, Kevin!" Die junge Frau versuchte, sich aus se inem Griff zu befreien. Seine Finger pressten ihren Arm so fest zusammen, dass es sie schmerzte.
"Du willst mir doch nicht erzählen, dass du diesen Kerl erst auf dem Rückweg getroffen hast."
"Wir haben uns ganz zufällig getroffen. Er sprach von der kleinen Kapelle und ich bat ihn, sie mir zu zeigen", erwiderte Michelle. "Und jetzt lass mich endlich los."
Kevin gab sie frei. Er lehnte sich gegen den Schreibtisch. Mit einer Hand umklammerte er einen steinernen Briefbeschwerer. Sein Gesicht wirkte wie eine Maske. "Gehst du immer so einfach mit fremden Männern mit?“, fragte er. "Ich will dir zugute halten, dass du nicht wissen kannst, was dieser Mensch mir und meiner Familie angetan hat. Ich habe ihm verboten, meinen Grund und Boden noch einmal zu b etreten."
Michelle fiel auf, dass Kevin ständig von seinem Besitz und seinem Grund und Boden sprach, obwohl sein Vater noch lebte und der eigentliche Erbe des Besitzes Edward sein würde. "Ohne Mister Nevins hätte ich den Heimweg sicher nicht gefunden", sagte sie. "Aber vielleicht wäre es dir lieber gewesen, wenn ich mich im Wald verirrt und mir eine Lungenentzündung geholt hä tte."
Kevin atmete tief durch. "Michelle, du musst meine Wut auf diesen Mann verstehen. Nach Danielles Tod versuchte er, mich und meine Familie in den Schmutz zu ziehen. Aber das ist nicht alles. Danielle und er waren befreundet." Er stieß den Briefb eschwerer beiseite. "Als Danielle ihn kennen gelernte, veränderte sie sich. Ich kann es nicht beweisen, aber ich habe den Verdacht, dass sie mit ihm ein Verhältnis hatte."
"Mit jemanden befreundet zu sein, muss noch lange nicht he ißen, auch mit ihm zu schlafen", bemerkte Michelle, wenngleich sie von Roger wusste, dass er Danielle geliebt hatte.
"Wie dem auch sei, ich verbiete dir, Roger Nevins jemals wi ederzusehen."
"Dazu hast du kein Recht, Kevin." Michelle sah ihm ins G esicht. "Ich bin ein freier Mensch und es gewohnt, meine eigenen Entscheidungen zu treffen." Sie zog ihre Kette aus dem Ausschnitt. "Wenn einer Grund hat wütend zu sein, dann bin ich es wohl. Hattest du nicht behauptet, die Münzhälfte, die ich auf
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