Tod einer Göttin (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)
der Abteistraße ausgezogen war und noch nichts Passendes gefunden hatte. Lange vor der heutigen Wohnung, in der jetzt das Kind mit dieser Haushälterin lebte.
Auch die Kollegen, die hier im Hause abstiegen, hatten es gewusst. Curd Jürgens drehte gerade ‚Des Teufels General’, als Gustav und und sie in die Suite zogen. 1955. Ihr eigener Ruhm war noch nicht auf dem Höhepunkt gewesen.
Doch der Trupp belästigte sie da schon.
Gustav hatte sich mit ihnen auseinandersetzen wollen.
Sie zur Einkehr bewegen. Ihnen Entschädigung geben.
Deine Lösungen sind nicht die, nach denen ich suche, hatte sie zu Gustav gesagt.
Was waren heute ihre Lösungen?
Jana Tempel tastete nach der Schlangenledertasche, die sie neben sich auf das kleine Sofa gestellt hatte. Noch im Aufzug hatte sie nachgeschaut, ob der Scheck auch wirklich darin läge. Eine halbe Million Schweizer Franken.
Stan, der ewige Verlierer, war tollkühn geworden.
Doch er versprach ihr Frieden dafür.
Hoffentlich hatte er die Macht.
Die Tempel bestellte eine Kanne Earl Grey und eine Auswahl von Törtchen gegen das Unbehagen.
Sie blickte auf das kleine in Brillanten gelegte Zifferblatt ihrer Armbanduhr. Zwei Minuten noch bis zur vereinbarten Zeit.
Dass sich Block in die Halle traute.
Dieser belebte Hintergrund war ihre Bedingung gewesen.
Er könne ihr im Gegenzug etwas aushändigen, das ihre Sicherheit in Zukunft garantiere, hatte Block gesagt.
Sie wollte es gerne glauben.
Der dicke Herr, der nahe dem Kaminfeuer saß, beobachtete sie. Hatte Block Späher ausgesandt?
Die Tempel stellte die Teetasse ab, als sie bemerkte, dass die in ihrer Hand zu sehr zitterte. Eines der kleineren Stücke des Gebäcks steckte sie in den Mund und kaute schnell. Vielleicht tat der Zucker ihr gut.
Dem dicken Herrn schien es zu warm zu werden am Kamin. Er hatte gerötete Wangen und Schweiß auf der Stirn.
Der Ober näherte sich ihm und wies auf einen Tisch am Fenster, der freigeworden war. Viel zu nah an ihrem.
Jana Tempel sah zu, wie ein Tablett hinübergetragen wurde.
Der dicke Herr erhob sich, um dem Tablett zu folgen.
Von Block noch immer nichts zu sehen.
Eine Viertelstunde schon über der Zeit.
Der dreiteilige Anzug, den der Herr trug, war wirklich zu warm für die Temperatur. Schwerer Wollstoff. Vielleicht kollabierte er noch. Er fächelte sich Luft mit der Teekarte zu.
Jana Tempel griff zur Schlangenledertasche und hatte auf einmal das Gefühl, der Mann am Nebentisch sei ein Teil der Inszenierung, die der Trupp für sie vorgesehen hatte.
Vielleicht sollte ihr die Tasche entrissen werden, wenn der Dicke auf dem Teppich lag und alle sich um ihn bemühten.
Oder standen sie schon oben vor der Zimmertür?
Die Tempel gab dem Ober ein Zeichen und bat um einen Cognac und wenn sie den getrunken habe, um einen Pagen, der sie ins Zimmer begleiten sollte. Sie fühle sich nicht gut.
Der Ober sah besorgt zwischen den beiden Gästen hin und her. Der dicke Herr lächelte beruhigend.
Jana Tempel hätte den Cognac gern hinuntergestürzt. Doch sie nippte nur daran. Wenn das Glas leer war, würde sie nach oben gehen. Dann hatte Stan Block eine halbe Stunde Zeit gehabt, um zu spät zu kommen.
Lag es in seiner Absicht, sie zum Narren zu machen?
Er hatte glaubwürdig geklungen, am Telefon.
Wenn auch gehetzt.
Der dicke Herr deutete eine kleine Verbeugung an, als sie an seinem Tisch vorbeikam. Am Arm des Pagen. Die Tasche fest in der anderen Hand.
Die Tempel erinnerte sich daran, dass der Junge, an dessen Arm sie da hing, der selbe war, der ihr am Tag ihrer Ankunft eine so vorsichtige Antwort auf ihre Frage gegeben hatte, was hinter dem Absperrband passiert war.
Hatten sie Fritzels Mörder noch nicht gefunden?
Der Pianist spielte ‚Father and Son’, als Jana Tempel aus der Halle ging. Doch sie kannte das Lied nicht.
Oben in ihren Zimmern hätte sie den Jungen gern gebeten, hinter alle Vorhänge zu schauen, in die Schränke und unter das Bett. Sie tat es nicht. Nur keine Blöße geben.
Fing sie nicht ohnehin an, sich wie eine alte Frau zu fühlen?
Sie fingerte in ihrer Schlangenledertasche und drückte dem Jungen einen Zehneuroschein in die Hand.
„Tu mir einen Gefallen“, sagte sie, „gib in der Halle Bescheid, dass ich gleich informiert werden will, wenn ein Herr nach mir fragt.“ Ob Block tatsächlich noch käme?
Sie zog die hochhackigen Schuhe aus, auch sie aus dem verpönten Schlangenleder, und bewegte die Zehen sacht in den puderfarbenen Perlons. Die
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