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Tod einer Queen

Tod einer Queen

Titel: Tod einer Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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sein Zimmer rannte und die Tür hinter sich zuknallte. Dennoch konnte es nicht ewig aufgeschoben werden, und diesmal würde er es nicht Teresa überlassen, die ihn wie gelähmt vor Angst anstarrte .
    Er zog seinen Mantel aus und hängte ihn langsam auf .
    »Ist schon gut. Ich werde mit ihm reden. «
    »Du wirst nicht… «
    »Nicht was?« Sie nahm doch wohl nicht an, daß er ihn schlagen würde? Er hatte die beiden Jungen noch nie hart angefaßt. Es war immer Teresa gewesen, die ihnen, wenn nötig, einen Klaps versetzt hatte. Dennoch sah sie ihn besorgt an .
    »Schimpf ihn bitte nicht aus! Was für eine furchtbare Geschichte… «
    Er wußte genau, was sie meinte. Für jemanden in seiner Position war es tatsächlich eine furchtbare Geschichte. Sie sah ihm unruhig in die Augen. »Es ist nur… du siehst so… Erschreck ihn nicht zu sehr, Salva. Es ist ernst, aber die Hauptsache ist doch, die Gründe herauszufinden, ihn zu verstehen. «
    »Keine Sorge. «
    »Mach ihm keine allzu heftigen Vorwürfe, sonst… «
    »In Ordnung! «
    Jetzt war nicht die Zeit, ihr zu erklären, daß seine eigene Angst diese Stimmung bei ihm erzeugt hatte. Er öffnete die Tür zum Jungenzimmer. Totò saß mit bleichem und verheultem Gesicht steif auf dem Rand seines Bettes. Er atmete mühsam. Giovanni stand daneben und sah ihn an .
    Er mußte sich wohl gefragt haben, was los war, doch als sein Vater das Zimmer betrat, drehte er sich schweigend um und ging unaufgefordert hinaus. Er hatte auf seine Frage zwar keine Antwort bekommen, spürte aber etwas Furchtbares, weshalb er bereitwillig den Raum verließ. Kaum waren sie allein, wurde noch deutlicher, daß Totò Atembeschwerden hatte. Seine schwache Brust hob und senkte sich, und in der Stille war jeder gepreßte flache Atemzug zu hören .
    »Also…« Wo beginnen? Ihn fragen, warum er einen kleinen Kinderpullover stehlen wollte, der für ihn oder jeden anderen nutzlos gewesen wäre? Was hätte das gebracht? Dann fiel ihm etwas ein, was er fragen konnte und sollte. »Wieso warst du eigentlich in der Stadt? Wieso warst du denn nicht in der Schule? «
    »Heute ist Montag.« Seine Stimme war flach und zitterte .
    »Und? «
    »Wir sollten kurz vor der Mittagspause zur Sporthalle rüber… und die liegt doch in der Stadt. «
    »Du meinst, du warst unterwegs dorthin? «
    Totòs Angst war jetzt viel stärker als die Hoffnung, sich mit Lügen herausreden zu können. »Wir gehen nie dorthin. Wir treiben uns in der Stadt rum. «
    »Weshalb? Weshalb? «
    »Es ist doch blöd! Wir müssen kilometerweit laufen, und dann sind von der Stunde nur noch zwanzig Minuten übrig, und in dieser blöden Turnhalle rennen wir immer im Kreis herum, es gibt gar keine Geräte! Und überhaupt, wir haben immer Hunger. Wir besorgen uns Pizza – also, bis wir zur Mittagspause zurück sind, ist es fast halb drei. Das ist doch beknackt! «
    Wo hatte er all das schon einmal gehört? Das Gesicht einer selbstbewußten Frau mit Brille fiel ihm ein… der Elternabend. Hatte sie nicht von einer Art Petition gesprochen? Er hatte sie aber nicht zu Gesicht bekommen, deswegen konnte er sich nicht mehr erinnern… »Kein Wunder, daß einige von ihnen schwänzen.« Die Worte stiegen plötzlich klar in seiner Erinnerung auf .
    »Kein Wunder… «
    »Du schwänzt also jede Woche den Sportunterricht, ja? «
    »Das tun alle. «
    »Mit alle meinst du diese Clique, der du dich angeschlossen hast? «
    Totò gab keine Antwort .
    »Und stehlen auch alle in dem Kaufhaus? «
    Die Kinderstimme war nur noch ein heiseres Wispern .
    »Wir haben uns abgewechselt. «
    »Und heute warst du dran?« Er nickte .
    »Was haben die anderen denn geklaut? «
    »Nichts Besonderes. Buntstifte, Bonbons. Am Stand neben der Kasse. «
    »Bonbons! Aber du mußtest die anderen übertreffen und einen Pullover klauen. Mein Gott… «
    »Es ist deine Schuld! Es ist alles deine Schuld! Du bist der einzige Grund, warum ich es getan habe. Ich hab’s satt, daß sie mich auslachen und hänseln, bloß weil mein Vater Carabiniere ist! Ich hab’s satt!« Er brüllte hysterisch, und seine Augen blitzten. »Über Giovanni lachen sie auch, über Giovanni auch! Alle sagen, wir sind Schwächlinge und Musterknaben, daß wir es nicht mal wagen würden, eine Einbahnstraße in der falschen Richtung entlangzugehen. Du bist schuld! Deinetwegen machen sie uns an! Warum kannst du dir nicht einen richtigen Job suchen wie alle anderen Väter? Andere Väter verdienen haufenweise Geld und haben

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