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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lennon
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Entwässerungskanäle,
     die weit im Norden in die Bucht The Wash und damit in die Nordsee mündeten und in denen sich jetzt die hoch am Himmel ziehenden
     Wolken spiegelten.
    Fletcher hielt neben einem dieser Kanäle, aß sein Sandwich und schaute dabei ins Wasser. Er versuchte, sich Jakes Eltern aus
     dem Kopf zu schlagen und stattdessen über Olga nachzudenken.
    Warum war sie hergekommen? Um durch die Ehe mit einem Mann, der doppelt so alt war wie sie, einer Umgebung der Armut und Kriminalität
     zu entkommen? Durchaus möglich. Sie hatte gesagt, sie habe versagt – in ihrer Katalog-Ehe vielleicht? Vielleicht hatte ihr
     Versagen ja darin bestanden, dass sie sich in den verrückten Jake Skerrit in der Einliegerwohnung verliebte. Und jetzt hatte
     sie Angst vor etwas oder jemandem. Doch nicht etwa vor
Crispin?
    Wer kam sonst noch in Frage?
    Er ließ den Motor wieder an und bog in die Abzweigung nach Wittris ein. Hier änderte sich die Landschaft. Die Gegend lag noch
     tiefer, und statt der guten Böden um Thinbeach fand man hier kärgliche Felder, noch immer von nicht entwässertem Sumpfland
     durchsetzt, und der Straßenrand war mit Abfall übersät.
    Wittris konnte mühelos das Etikett des hässlichsten Ortes in den ganzen Fens für sich beanspruchen: aus dem Boden gestampfte
     Behausungen, in denen man die verarmten Dörfler aus der Umgebung in den sechziger Jahren zusammengepfercht hatte. Der damalige
     Wirtschaftsboom hatte den soentstandenen Ort vollkommen ausgelassen. Das herausragende Kennzeichen des Städtchens war eine unregelmäßige Reihe fünfstöckiger
     Sozialwohnungsblocks entlang der Hauptstraße, von der Gemeindeverwaltung in einem kränklichen Gelb gestrichen. Wegen der angeblichen
     Ähnlichkeit mit dem Zustand des Beißwerkzeugs der Einwohnerschaft wurden diese Häuser allgemein die Wittris-Zähne genannt.
    Andererseits gab es hier wenigstens ein Handynetz. Fletchers Freisprechanlage läutete, als die Skyline der nackten Wittris-Zähne
     vor dem Hintergrund der Spätnachmittagssonne auftauchte. Die energische Stimme von Dr.   Ntele, der Gerichtsmedizinerin, schallte durch den Wagen. Mit ihrem simbabwischen Akzent eröffnete sie das Gespräch so schnörkellos
     wie einen chirurgischen Schnitt.
    »Sie wollten einen Bericht über Jake Skerrits Leiche.«
    »Wie geht es Ihnen, Dr.   Ntele?«
    »Die Todesursache war ein Schädel-Hirn-Trauma, was Sie nicht überraschen dürfte. Eine tiefe Verletzung der Schädelseite, bei
     der die Halsschlagader durchtrennt wurde. Davor wurden beide Arme abgetrennt, so dass das Opfer zum Zeitpunkt der tödlichen
     Verletzung möglicherweise bewusstlos war. Es geht mir gut, danke.«
    »Gibt es irgendetwas . . .«
    »Verdächtiges? Nach dem zu urteilen, was von ihm noch übrig ist, nein. Für einen Jungen, dem der halbe Kopf fehlt, ist seine
     körperliche Verfassung sogar bemerkenswert gut. Leichter Fußpilz. Etwas Cannabis im Blut, kein Alkohol. Nichts, was auf einen
     Kampf hindeutet. Außer . . .«
    Fletcher hielt am Straßenrand, ließ den Motor laufen und griff nach einem Notizblock.
    ». .. einigen Kratzspuren zwischen den Schulterblättern und in der Mitte des Rückens.«
    »Welche Ursache?«
    »Das spielt eigentlich keine Rolle, denn die Kratzer warenschon fast verheilt und stammten vermutlich von letztem Mittwoch oder Donnerstag.«
    »Aber sie lassen auf einen Angriff schließen?«
    »Nicht unbedingt.« Man hörte, dass Dr.   Ntele lächelte und die Sprechmuschel dichter an den Mund hielt. »Sie wollen wissen, woher diese Kratzer stammen? Als Pathologin
     würde ich sagen, von menschlichen Fingernägeln. Als Frau tippe ich auf weibliche Fingernägel. Da müssen Sie seine Freundin
     fragen, nicht mich.«
     
    Zu den germanischen Vorzügen von Fletchers Audi gehörte leider kein Navigationssystem, und als er in Wittris eintraf, wusste
     er nicht recht, wie er Tevershams Straße finden sollte. Langsam rollte er an einer Ladenzeile vorbei: eine Imbissbude, ein
     Waschsalon und ein kleiner Supermarkt, alle mit Stahlgittern vor den Fenstern. Ein Kleinkind auf dem menschenleeren Bürgersteig
     winkte ihm mit dem schmutzigen Händchen zu. Am Ende der Straße hielt er vor einem Lokal, einem langen, einstöckigen Gebäude
     mit Wellblechdach und einem Schild entlang der ganzen Länge der Dachkante:
The Hereward Pool Hall   – Ausschank im Haus – auch für Gesellschaften.
    Fletcher dachte an Tevershams sorgsam im Kofferraum des alten Wagens verstautes Queue mit

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