Tod eines Fremden
noch ein paar zum Wechseln. Kleider – Dundas hatte ihm beigebracht, sich gut, sehr gut zu kleiden, und das Vergnügen daran hatte er nie verloren.
Erinnerungsfetzen von Anproben bei Schneidern tauchten auf, Dundas, der sich zurücklehnte und Anweisungen gab, da noch ein wenig höher, dort einen Zentimeter mehr oder weniger, in den Beinen ein wenig länger. Ja – so stimmt's! Dieser Hemdenschnitt ist der beste, ägyptische Baumwolle, so knotet man eine Krawatte. Elegant, aber vulgär – tragen Sie nie so eine! Unter treiben, immer untertreiben. Ein Gentleman hat es nicht nötig, Auf merksamkeit auf sich zu lenken. Diskret, aber teuer. Qualität macht sich auf lange Sicht bezahlt.
Monk stellte fest, dass er unwillkürlich lächeln musste, dabei hatte er einen Kloß im Hals, den er nur mit Mühe hinunterschlucken konnte.
Diese Vorliebe hatte er immer noch; er gab immer noch viel zu viel Geld für Kleider aus.
Was war mit dem Geld passiert?
Was hatte Mrs. Dundas hinterlassen, als sie starb?
Auch das war leicht herauszufinden, als er ihr Testament entdeckte: sehr wenig. Die Jahresrente erlosch mit ihrem Tod. Das Haus war eine kleine Summe wert, aber ein Teil davon ging für die Begleichung offener Schulden drauf. Sie hatte an den Grenzen ihres mageren Einkommens gelebt.
Wenn er Dundas' Testamentsvollstrecker gewesen war, wie war er das Geld dann losgeworden? Wo? Bei wem? Und vor allem, warum? Diese Frage quälte ihn auf Schritt und Tritt, wie ein zu enger, scheuernder Schuh.
Er trank einen heißen Kaffee, war jedoch zu angespannt, um etwas zu essen.
Was hatte das mit Baltimore zu tun? Vielleicht würden ihm die Verhältnisse von Baltimore und Söhne Aufschluss darüber geben oder ihn auf eine neue Spur führen, der er folgen konnte.
Er brauchte bis zum nächsten Tag, um jemanden zu finden, der sowohl fähig als auch willens war, die Sache mit ihm zu besprechen: Mr. Carborough, der im Hinblick auf eigene Investitionen eine Untersuchung von Unternehmen durchführte.
»Gute Gesellschaft«, sagte er begeistert und fuhr mit einem Bleistift durch die Luft. »Klein, aber gut. Hat hübsche, wenn auch nicht übermäßige Gewinne aus den Landkäufen gezogen, und noch höhere natürlich aus dem Eisenbahnbau selbst. Zentrale jetzt in London, glaube ich. Bauen noch so eine hübsche Strecke nach Derby.«
Sie saßen in Carboroughs Büro, das eine schmale belebte Straße in der Nähe der Docks überblickte. Salzgeruch trieb zu dem halb offenen Fenster herauf, Rufe, Verkehrslärm und das Quietschen der Winden, mit denen Ballen auf- und abgeladen wurden, drangen herein.
»Was ist mit Dundas und dem Landbetrug?«, fragte Monk mit betont ruhiger Stimme, als hätte er kein persönliches Interesse an dem Thema.
Carborough schürzte die Lippen. »Dumm, sich bei einer solchen Banalität erwischen zu lassen«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Habe es nie begriffen. Er war brillant. Einer der besten Handelsbankiers in der Stadt, wenn nicht sogar der beste. Dann geht er hin und macht so etwas Dummes, wie die Gitternetzmarkierungen auf einem Messtischblatt zu ändern, damit der Streckenverlauf über seinen eigenen Grund geführt wird, und er macht – wie viel?« Er zuckte die Achseln. »Höchstens tausend Pfund. Als hätte er die nötig gehabt. Zur selben Zeit sollte er einen Anteil von dem bekommen, was die Gesellschaft mit den neuen Bremsen verdiente. Er beschaffte das Geld für ihre Entwicklung.«
»Welche neuen Bremsen?«, fragte Monk schnell.
Carborough machte große Augen.
»Ach … Sie haben ihr eigenes Bremssystem für Eisenbahnwagen und Güterwaggons entwickelt. Um einiges billiger als die Standardausführung, die jetzt benutzt wird. Hätte ein Vermögen eingebracht. Weiß nicht, was da passiert ist. Sie haben die Sache nie weiterverfolgt.«
»Warum nicht?«, fragte Monk. Erinnerungsmomente blitzten auf und versanken im selben Augenblick wieder.
»Das weiß ich nicht, Mr. Monk«, antwortete Carborough. »Nach Dundas' Prozess schien alles eine Weile stillzustehen. Dann starb er, wissen Sie?« Er legte den Bleistift neben seinen Block und richtete ihn parallel dazu aus. »Im Gefängnis, der arme Teufel. Vielleicht war der Schock zu viel für ihn. Jedenfalls haben sie sich danach auf neue Strecken konzentriert. Schienen die Sache mit den Bremsen völlig zu vergessen. Bauten ihre eigenen Wagen und so. Haben ganz schön was damit verdient. Sind, wie gesagt, nach London gezogen.«
Monk stellte ihm weitere Fragen, aber
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