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Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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erwartet. Selbst wenn er sich weigerte, das zuzugeben – er war überaus erleichtert, denn seine größte Sorge war ihm genommen.
    Es war äußerst befriedigend gewesen, Jessop mitzuteilen, dass er sich wegen der fragwürdigen Mieterinnen seines Hauses am Coldbath Square keine Sorgen mehr zu machen brauchte, da sie andere Räumlichkeiten gefunden hatten, größer und zu einem günstigeren Mietzins – nämlich gar keinem –, und daher so bald wie möglich ausziehen würden, spätestens aber in ein oder zwei Tagen.
    Er war verblüfft. »Wir hatten eine Vereinbarung, Mrs. Monk!«, protestierte er. »Wissen Sie etwa nicht, dass Sie einen Monat Kündigungsfrist einzuhalten haben?«
    »Nein«, sagte sie schlicht. »Sie haben mir mit fristloser Kündigung gedroht, und ich habe Sie beim Wort genommen. Ich habe etwas anderes gefunden – und das wollten sie doch von mir.«
    Er tobte und weigerte sich, die im Voraus bezahlte Wochen-miete für die nun ungenutzte Wohnung zurückzuerstatten.
    Daraufhin lächelte sie ihn, wenn auch nicht ganz so liebenswürdig wie geplant, an und sagte, das würde ihr nicht das Geringste ausmachen. Er war verwirrt darüber, und das wiederum machte ihn zornig. Gegen Ende des Meinungsaustauschs hatten sich zahlreiche Zuhörer eingefunden, die deutlich auf Hesters Seite waren.
    Wutentbrannt stürmte Jessop davon, klug genug, sich mit Drohungen zurückzuhalten. Diejenigen, die mächtiger sind als man selbst, machte man sich besser nicht zum Feind. Jessop kannte seine Grenzen. Wer immer Hester und Margaret sein Haus kostenlos überlassen hatte, musste einen schönen Batzen Geld übrig haben, und Geld war Macht.
    Die Genugtuung, die sie bei seinem Abgang empfanden, war unermesslich. Bessie gluckste vor Freude.
    Sie versicherte Hester und Margaret, dass sie, sobald die Gerichtsverhandlung angefangen hatte, tagsüber auch sehr gut ohne die beiden auskommen würde. Im Notfall würde sie einen Straßenjungen aus der Gegend zu Mr. Lockhart schicken, und wenn das immer noch nicht reichte, auch zu einer von ihnen. Da die Geschäfte immer noch schlecht liefen und Leute in der Gegend bei Widrigkeiten im Großen und Ganzen wenigstens für die Dauer der Krise zusammenhielten, würde es sowieso friedlicher zugehen als sonst.
    Auch Constable Hart versprach bei Bedarf seine diskrete Unterstützung. Zu seiner Verlegenheit bedankte sich Hester überschwänglich und schenkte ihm ein Glas Schwarze-Johannisbeer-Marmelade, das er erfreut mit beiden Händen entgegennahm. Unter den Polizisten war er eindeutig die Ausnahme von der Regel, fand sogar Bessie.
    Bei Eröffnung der Gerichtsverhandlung saßen Margaret, Hester und Monk also zusammen auf der Besuchergalerie und Dalgarno kreidebleich auf der Anklagebank. Ein paar Reihen vor ihnen rutschte der unglückliche Jarvis Baltimore nervös hin und her, neben ihm die schweigsame Livia. Mr. Talbot Fowler eröffnete das Verfahren mit der Anklage.
    Er ging äußerst sorgfältig vor. Nach und nach rief er alle Zeugen auf, um Dalgarnos Talent und Ehrgeiz zu beweisen, sein Genie im Umgang mit Zahlen und wie erfolgreich er beim Bau der Eisenbahnstrecke von London nach Derby für Baltimore und Söhne die Grundbesitzverhandlungen geführt hatte.
    Am zweiten Tag legte er dar, wie offensichtlich Dalgarno Katrina Harcus den Hof gemacht hatte. Dass er sich absichtlich oft mit ihr gezeigt hatte, hätte nicht nur sie von seiner Zuneigung überzeugt. Auch zwei Zeugen hatten noch im selben Monat mit der Verlobungsanzeige gerechnet.
    Margaret, die neben Hester saß, lehnte sich etwas nach vorne. Mehrmals war sie nahe daran, etwas zu sagen, und Hester wusste, dass sie sich fragte, warum Rathbone die Zeugen nicht ins Kreuzverhör nahm, um wenigstens den Schein einer Verteidigung zu wahren. Doch ihre Gefühle für Rathbone bewahrten sie davor, ihre Angst in Worte zu kleiden, die wie Kritik gewirkt hätten.
    Monk, auf ihrer anderen Seite, saß auch angespannt und steif da, mit hochgezogenen Schultern, die Augen starr nach vorne gerichtet. Ihm ging es wohl ähnlich, aber aus völlig anderen Gründen.
    Wenn Rathbone versagte, bedeutete das für ihn mehr, als nur von jemandem enttäuscht zu werden, in den man sich gerade verliebte hatte; für ihn würde es wahrscheinlich bedeuten, seinen Platz mit dem auf der Anklagebank zu tauschen.
    Obwohl Fowler einen Zeugen nach dem anderen aufmarschieren ließ, sagte und tat Rathbone gar nichts.
    »Um Himmels willen!«, flehte Monk verzweifelt, als er am Abend

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