Tod eines Holländers
orgen statt, höre ich ? «
» Stimmt. War Ihnen das nicht bekannt? Ein junger Offizier kam gestern vorbei, um Signora Giusti zu sprechen, und ich habe ihn m ir vorgeknöpft. Irgend je m and m uß sich schl i eßlich um das Organisatorische kü m mern. Wanda, seine Frau, ko m mt nicht herunter. Ich schätze, daß sie schon ko mm en wollte, aber die Schwieger m utter ist eine ziemlich do m inierende Person. N i cht, daß Wanda nicht etwas davon abbekom m en hätte – sie weiß genau, was sie will –, aber in ihrer Verfassung… Ist irgendwas ? «
» N e in . «
Der Wachtmeister richtete sich auf. »Nein… ich m uß die Piazza beobachten.«
» Ach so. Na, dann gehen wir doch am besten hinaus und unterhalten uns vor der T ür, das schont Ihren Rücken . «
»Ich m öchte lieber nicht gesehen werden… Ich habe m i t Überraschung gehört, daß er hier bestattet werden soll . «
»Ist nichts Überraschendes dabei. Ich weiß, d i e Leute hier m unkeln, daß die Fa m ilie Angst vor einem Skandal hat, aber was dies angeht, kann ich Sie aufklären. Die Überlegung ist ja n i cht ganz abwegig, immerhin war ja von Selbst m ord die Rede, was für die Fa m ilienangehörigen keine erfreuliche Sache ist, aber tatsächlich wollte er schon immer hier begraben werden, so steht es auch in seinem Test a ment, ich kann es bezeugen. Er wollte bei seinen Eltern begraben werden, was nur verständlich ist. Manche Leute haben ihn den Holländer genannt, wie se i nen Vater auch, aber Toni ist hier zur Welt gekom m en und hier großgeworden. Er war einer von uns. Er konnte nicht mal Holländisch, gerade so viel, daß es für sein Geschäft reichte, und selbst dann sprach er zu m eist englisch. Je m anden gesehen?«
» N e in … «
» Darf ich fragen, wen Sie suchen ? «
Der Wachtmeister zögerte. Signora Goossens sch i en hier in dem Viertel als eine Art Heilige zu gelten. Sonderlich beliebt würde er sich nicht machen, wenn er erklärte, daß er nach ihr Auss c hau hielt; andererseits benötigte er die Infor m a t ionen, die dieser Mann ihm geben konnte. Am Ende sagte er: »Ich beobachte, ob jemand das Haus betritt, der hier nicht wohnt.«
» Na, warum haben Sie das nicht gleich gesag t ? Ich kann m einen Lehrling nach draußen vor die Tür schicken, und wenn je m a nd das Haus be t ritt, kann er r asch herbeigelaufen kom m en und Ihnen Bescheid sagen. He y , Franco…«
Der sch m ächtige Junge im schwarzen Kittel, der aus einer Werkstatt auftauchte und sich dabei die Hände an einem Lappen abwischte, erinnerte den Wachtmeister an jenen anderen Vor m ittag und an den jungen Bruder, der behutsam das blutversetzte Öl von den Händen des Sterbenden getupft hatte.
» Du stellst dich neben die Tü r « , k o m m andierte Signor Beppe, »und wenn jemand, der hier nicht wohnt, das Haus betritt, dann kom m st du sofort herbeigelaufen und sagst dem Wachtmeister Bescheid. Ist der Ofen aus ? «
» Ja, ich bin fertig… aber ich weiß n i cht, ob alles in Ordnung ist . «
»Ich werd ' s m ir m al ansehen. Raus m it dir ! « Der Junge verschwand.
»Ich bringe ihm das Einbrennen bei. Erinnert m ich an die Zeit, als Toni anfing. Was er nicht von seinem Vater gelernt hat, das habe ich ihm beigebracht.«
» Aber so viel älter können Sie doch gar nicht sein.«
» Sechs Jahre. Ich war zwanzig, als Toni anfing.«
» So lange sind Sie schon hier ? «
»Ich war zwölf, als ich hier anfing. Ich war Goossens' erster Lehrling. Da m als war natürlich alles anders. Wir stellten Sch m uck her, zum Teil s ogar ganz exquisite Sachen. Ich spreche von den Florentinern. Die haben heutzutage kein Geld m ehr. Die Adligen sind verar m t, und die Bourgeoisie, also die Leute m it Geld, interessiert sich nur noch für die Größe eines Steins, den sie für ihr Ge l d beko m mt, und weniger für die handwerkliche Qualität. W i r werden oft gebeten, Stücke zu reparieren oder u m zuändern, die sie geerbt haben, und m anch m al lohnt es nicht einmal den Arbeitsaufwand, aber nicht selten stellt sich he r aus, daß das Stück hier angefertigt wurde, und dann übernehme ich den Auftrag lieber, als daß ich alte Kunden wegschicke, auch wenn ich daran nichts verdiene . «
»Trotzdem scheint es Ihnen ja ganz gut zu gehen.«
Die großen Augen des Wachtmeisters registrierten die Ausstattung des Rau m es und wander t en zum Korridor, von dem er wußte, daß er zu anderen Werkräumen führte, i n denen deutlich hörbar gearbeitet wurde.
» Oh, ich behaupte ja g
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