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Tod eines Mathematikers

Tod eines Mathematikers

Titel: Tod eines Mathematikers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind / Walter K. Ludwig
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Auto zu zerren.
    Nein, er hatte seine ›Aktionen‹ immer sehr genau geplant. War taktisch vorgegangen, wie beim Schach. Die Sache mit den Wohnorten stimmte allerdings schon, wenigstens insoweit, als dass er die Frauen vorher gekannt hatte. Sein Beruf als Gas- und Wasserinstallateur hatte ihm die Frauen zugeführt. Seine drei Lieblinge, wie er sie nannte, Claudia, Nicole und Charlotte. Sie hatten ihn gerufen. Und er war gekommen. Als Handwerker. Claudia hatte sich ein neues Waschbecken im Gäste-WC einbauen lassen. Keine große Sache. In der Altbauwohnung, in der Nicole mit einer Freundin lebte, war ein Bleirohr durchgerostet gewesen, sodass das Wasser allmählich in die Wand sickerte und sich ein Schimmelfilm über die Feuchtigkeit gelegt hatte. Charlotte hatte auch irgendeine Kleinigkeit gehabt. Was, war ihm entfallen.
    Er hatte sich immer nur Frauen ausgesucht, denen er alleine begegnet war. Claudias Mann war bei der Arbeit gewesen, die Tochter im Kindergarten. Nicoles Freundin war noch an der Uni gewesen. Und auch Charlotte hatte ihm die Tür geöffnet, als ihr Freund nicht da gewesen war.
    Claudia, seinen ersten Liebling – er mochte das Wort Opfer gar nicht –, hatte er nach seinem Handwerkereinsatz in ihrer Wohnung über ein Jahr lang beschattet. Hatte vor ihrer Haustür gelauert, war ihr unauffällig gefolgt, um ihre Gewohnheiten zu studieren. Geduld war seine Stärke, geschult beim Schach. Niemand würde sich nach über einem Jahr noch erinnern, dass es da mal eine kleine Reparatur gegeben hatte in der Wohnung. Die Telefonverbindungsdaten waren längst gelöscht. Und natürlich hatte er auch nie eine Rechnung ausgestellt, sondern einen lachhaft kleinen Betrag in bar kassiert, das war Teil des Plans. Nicht auszudenken, wenn man bei allen drei Frauen die Rechnungen mit seinem Briefkopf gefunden hätte. Das wäre ja fast einem schriftlichen Geständnis gleichgekommen. Und weil die Frauen immer allein gewesen waren, wusste niemand in ihrem Umfeld, wer die Reparatur durchgeführt hatte. Und selbst wenn die Frauen davon erzählt hatten, würde sich nach so langer Zeit wohl niemand mehr an seinen Namen erinnern.
    Nur den Frauen war er natürlich in bester Erinnerung geblieben. Weil er so billig gewesen war. Und so nett.
    Er hatte sie abgepasst. Vierundvierzig Jahre alt war er beim ersten Mal gewesen. Hatte im Wonnemonat Mai zugeschlagen. »Hallo, Frau Tiefenbach, erinnern Sie sich noch an mich? Ich war doch mal bei Ihnen wegen des neuen Waschbeckens. Sind Sie zufrieden? Ja? Das freut mich. Empfehlen Sie mich bitte weiter. Dass Handwerk einen goldenen Boden hat, stimmt leider schon lange nicht mehr. Hahahahaha … Wollen Sie nach Hause, ich kann Sie gerne ein Stück mitnehmen.«
    Nein, er war nicht schockiert gewesen über sich selbst. Er hatte es genossen. Dieses Gefühl von Macht. Herr zu sein über Leben und Tod. Und ihr Wimmern durch den Knebel, hatte ihn erst recht wild werden lassen.
    Nach dem ersten Mal hatte er gewusst, dass er es wieder tun würde. Er war ein Jäger. Ein Jäger auf der Pirsch. Aber es musste schon die richtige Frau sein. Nicht irgendeine. Das, was er tat, war schließlich etwas Besonderes. Für sie. Und für ihn. Er war der Mann im Leben dieser Frauen. Der wichtigste Mann, auch wenn sie ihn nicht geliebt, sondern gefürchtet hatten.
    Nicole Wollenbeck hatte ihm gleich gefallen. Dieses Lachen, ihre offene, freundliche Art. Anfangs war er nicht mal alleine hinter ihr her gewesen. Irgend so ein junger Mann mit Brille lungerte ebenfalls dauernd vor ihrem Wohnhaus rum. Er war ihm gefolgt, um rauszukriegen, wer er war. Bollwahn stand auf seinem Klingelschild. Aber dieser Bollwahn war nicht so ausdauernd gewesen wie er. Irgendwann hatte der Typ aufgegeben und er konnte Nicole endlich in Ruhe alleine observieren.
    Er folgte ihr heimlich, wenn sie morgens zur Uni unterwegs war. Fuhr am Nachmittag hinter der Straßenbahn her, bis zum Bahnhof, wo sie ausstieg und schräg über den Bahnhofsvorplatz ging, den Rembertiring entlang in die Hochstraße. Beobachtete, wie sie in einem Hochhaus verschwand. Und mit geröteten Wangen und zerzaustem Haar ein paar Stunden später wieder herauskam, mit diesem dunkelhaarigen Mann, der deutlich älter war als sie.
    Zuerst wusste er natürlich nicht, wer dieser Mann war. Doch dann entdeckte er ein Foto von ihm in dem Vorlesungsverzeichnis der Uni: Prof.   Dr.   Albert Katzenstein, Fachbereich Mathematik.
    Er war außer sich vor Wut gewesen. Nicole, diese kleine

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