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Tod Eines Senators

Titel: Tod Eines Senators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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müssen. Und Marponius und ich waren auch ein paarmal aneinander geraten. Der Mann war ein mieser Enzyklopädienverkäufer, ein Lieferant billigen Wissens für die aufstrebenden Schichten, der mit dem Verhökern zu Geld gekommen war und es benutzt hatte, aus den Niederungen des unteren Aventin zu der mit Tempeln bestandenen Kuppe des Hügels aufzusteigen. Dem Gremium der anerkannten Richter anzugehören war für ihn der absolute Glanzpunkt seines Lebens. Er war ehrgeizig, niederträchtig, engstirnig und berühmt dafür, bigottes Gefasel von sich zu geben. Er saß in seinem Gericht wie ein warmer Geysir auf den Phlegräischen Feldern und rülpste stinkende Vulkanluft aus – eine Gefahr für alles Lebendige in seiner Umgebung.
    Als Petronius uns verließ, meinte er, wir würden in dem Richter unseres anstehenden Prozesses sicherlich einen Mann voller Talent und Menschlichkeit finden.
    »Ich hoffe nicht«, murmelte Honorius. »Einen verdammten Interventionisten können wir nicht brauchen.«
    Ich teilte ihm mit, Marponius sei berühmt für seine innovativen Anweisungen an die Geschworenen. Paccius bekam das mit. Er und Honorius schauten sich an und zuckten zusammen.
    Das war typisch für Marponius. Er war ihnen noch nicht mal begegnet, und doch hatte er bereits die juristischen Vertreter beider Seiten verstört.

XXXVIII
     
     
    Marponius war total begeistert. Wir erfuhren, er sei so hingerissen, den Vorsitz bei einem prestigeträchtigen Prozess zu übernehmen (statt sich mit Badehauswürgern und Bordellschlägern abgeben zu müssen), dass er sich eine neue Toga gekauft hatte – und vergessen hatte, einen Preisnachlass zu verlangen. Petronius schien Zugang zum Haus des Richters zu haben. Er wusste so viel über dessen Reaktionen, dass es für mich so klang, als kröchen die Vigiles wie Wanzen unter das Kissen des Richters, wenn der sich am Abend mit seinem Becher Kamillentee und einer Schriftrolle von Cicero zur Ruhe begab …
    Tatsächlich führte Marponius, ein kinderloser Witwer, ein Leben moralischer Strenge und Enthaltsamkeit. Das war einer der Gründe, warum Petro und seine Männer ihn nicht ausstehen konnten. Es gab nichts, was sich gegen ihn verwenden ließ, wenn sie einen Fall in die richtige Richtung lenken wollten.
    Marponius war so scharf darauf, im Gerichtsreport des Tagesanzeigers erwähnt zu werden und den Massen auf dem Forum Gelegenheit zu geben, sich zu fragen, wer zum Hades er eigentlich war, dass er Calpurnias Prozess vorverlegte und die Geschworenenauswahl beschleunigte. Offenbar hatte Marponius mehr Einfluss, als wir angenommen hatten, denn es gelang ihm darüber hinaus, sich die Benutzung der Basilica Julia zu ergaunern. Die war normalerweise für das Gericht der Einhundert reserviert, vor dem Erbschaftsprozesse verhandelt wurden. Passend – obwohl Marponius vermutlich nur einfach den richtigen Gerichtsbeamten kannte. Da das Centumviralgericht in Wahrheit einhundertachtzig Richter hatte und gelegentlich alle am Prozess teilnahmen, würde es genug Platz für Zuschauer geben, aber ich fand, dass Marponius es übertrieb.
    Es war ein kühler Tag, als ich den Vicus Jugarius hinunterschlenderte, unter dem Triumphbogen des Tiberius hindurch, und das Forum am historischen Ende nahe des Kapitols betrat. Die Basilica erstreckte sich zwischen dem Tempel des Saturn und dem Tempel des Castor, inmitten einer dramatischen und erhabenen Gruppe von Monumenten. Überragt von den großen Tempeln auf dem Hügel darüber, war dieser Teil der Via Sacra voll mit historischen Stätten. Ich kam an einer Ecke beim See des Servilius heraus – eines antiken Helden, der hier einst sein Pferd getränkt hatte (oder vielleicht war es auch der Name des durstigen Pferdes). Davor lagen die Rostra, geschmückt mit den Bugs eroberter Schiffe, der so genannte Umbilicus der Stadt und der mysteriöse Lapis Niger, der Schwarze Stein. Sehr historisch. Ein guter Platz für Faulenzer und Nichtstuer, sich hier mit ihren Freunden zu verabreden. Ich fand den Rest meiner eigenen Gruppe im Schatten der aufragenden Statuenplinthen versammelt, die die Via Sacra säumen.
    Wir stiegen die Stufen in der Mitte hinauf. Zum ersten Mal bemerkte ich die elegante Symmetrie der doppelt hohen Bogenreihen, auf die wir uns zubewegten. Es mussten beinahe zwanzig sein – ich konnte mich nicht darauf konzentrieren, sie zu zählen –, alle ganz und gar aus teurem Marmor. Im Inneren fielen mir Verblendungen auf, denn dort bestanden die Stützpfeiler aus

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