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Tod Eines Senators

Titel: Tod Eines Senators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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sechzig achtete er im Winter darauf, genügend Schichten übereinander zu streifen. Er schleppte mich in die Bibliothek. Jetzt wusste ich, wozu sie gedacht war – für Komplotte. Glaucus hatte dafür gesorgt, dass ein Kohlebecken hereingestellt wurde. Eine Kleinigkeit zu essen und Wein folgten.
    »Soll ich meine Notiztafel holen?«, fragte ich.
    »Besser nicht.« Die Stimmung war jetzt eindeutig düster. Das hatte nichts mit der früh einsetzenden Winterdunkelheit zu tun. »Du wirst es vorziehen, nichts von dem aufzuschreiben, was ich dir erzähle, Marcus.«
    Ich setzte mich auf eine Leseliege. »Und was«, fragte ich, immer noch etwas befremdet, »wird das sein, Decimus?«
    »Alles«, erwiderte Helenas Vater ruhig, »was ich über die ehemaligen Karrieren von Silius Italicus und Paccius Africanus weiß.«
    Mir sackte der Unterkiefer hinunter. »Du kannst mir ein paar schmutzige Geschichten erzählen?«
    »Dich daran erinnern, vielleicht. Das kam alles im Senat zur Sprache.«
    »Ich gebe zu, dass ich daran wirklich keine Erinnerung habe.«
    »Tja, ich war dabei. Deshalb ist es wohl hängen geblieben. Es geschah in den frühen Sitzungen, als Vespasian gerade Kaiser geworden war.« Decimus hielt kurz inne. »Hätten sich die Dinge anders entwickelt, hätte ich hoffen können, von seiner Inthronisierung zu profitieren. Daher war ich regelmäßig in der Kurie, und es war fesselnd.«
    Wir wurden beide nachdenklich. Camillus Verus war um diese Zeit herum durch das Vorgehen eines Verwandten politisch vernichtet worden. Er hatte eine möglicherweise große Karriere verloren. Fünf Jahre später lastete dieser Makel nach wie vor schwer auf ihm und seinen Söhnen.
    Er riss sich zusammen und fuhr fort: »Der junge Domitian führte im Namen seines Vaters immer noch den Vorsitz. Das war, bevor er zu weit ging und ihm die Flügel gestutzt wurden.« Vespasian und sein älterer Sohn Titus zogen es vor, auf Domitians damaliges Verhalten nicht weiter einzugehen. Um gerecht zu sein, der jüngere Sohn des Kaisers war zu der Zeit erst zwanzig und vertrat seinen Vater fünf Jahre bevor er normalerweise zum Senat zugelassen worden wäre. »Das ist gefährliches Material. Ich kann dir nicht raten, wie du damit verfahren sollst, Marcus, aber ich werde mein Bestes tun, dir die komplette Geschichte zu liefern.«
    Ich war beeindruckt von der Tatsache, dass Camillus mich hierher gebracht hatte, statt eines unserer Häuser mit dem zu beschmutzen, was er zu sagen hatte. Er war ein Mann von seltsamer Kultiviertheit.
    Wie gesagt, die Bibliothek wurde selten benutzt. Heute kam mir das gerade recht. Es wäre nicht gut gewesen, wenn andere von diesem Gespräch erfahren hätten.
     
    Wir unterhielten uns lange Zeit, bis ich in alles eingeweiht war.
    Danach kehrte ich schweigend heim, den Kopf voller Ideen. Helena nahm mein Schweigen hin. Vielleicht hatte ihr Vater angedeutet, wie er mich einweisen wollte.
    Nichts von dem, was er mir erzählt hatte, war ein Geheimnis. Vor sechs Jahren hatte ich den Senat verabscheut und seine Alltagsroutine verhöhnt. Vielleicht hatte ich über die relevanten Debatten im Tagesanzeiger gelesen, aber es hatte mich damals wenig beeindruckt. Zu der Zeit wurden wir mit Nachrichten überschwemmt. Vespasians Thronbesteigung war das Ende einer langen Periode düsterer Ereignisse gewesen. Jedes einzelne zu bewerten war unmöglich. Unsere Hauptsorge hatte darin bestanden, dass die Bürgerkriege und die Hungersnot in der Stadt endeten, zusammen mit Straßenkämpfen, Feuern, Zerstörung und Ungewissheit.
    An diesem Abend konnte ich mich nicht entscheiden, was ich tun sollte. Es machte mich nervös, dieses heiße Material vor Gericht zu verwenden. Ich sprach mit Helena, die mich ermutigte, kühn zu sein. Einige unserer Geschworenen waren während dieser Debatten dabei gewesen. Es war gefährlich, alte Empfindsamkeiten wieder ans Tageslicht zu zerren. Ich würde einen politischen Skandal wiederbeleben, was in einer hoch politischen Stadt immer brenzlig ist.
    Ich schlief gut in dieser Nacht. Dazu verhalf mir langes Training. Als ich am nächsten Morgen mit Helena das Haus verließ, war ich immer noch unentschlossen. Aber sobald ich die Basilica betrat, die langen Reihen der Geschworenen sah und das Stimmengewirr im Saal hörte, wusste ich es. Die Sache war riskant, aber zu gut, um sie links liegen zu lassen.
    Ich schaute zur oberen Galerie hinauf. Helena Justina, die um einen Vorhang lugte, las meine Gedanken und lächelte.
     
    Die

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