Tod Eines Senators
Anklage gegen Calpurnia Cara: M. Didius Falco zu C. Paccius Africanus
»Mein junger Kollege Honorius hat gestern mit großer Eloquenz zu Ihnen gesprochen. Ich war beeindruckt von seiner Darstellung der Ereignisse. Ich gratuliere ihm zu der Art, wie er schwierige Dinge angesprochen hat. Bei der Beschreibung von Calpurnia Caras Dilemma ist er sehr objektiv geblieben, ohne dabei die Forderung nach einer gerechten Strafe für ein schreckliches Verbrechen zu vergessen.
Da er so ausgezeichnete Arbeit geleistet hat, könnten Sie sich fragen, warum wir entschieden haben, dass ich über das nächste Thema zu Ihnen spreche. Honorius ist von senatorischem Rang, ein viel versprechender Advokat, der ohne jede Frage sowohl vor speziellen Gerichten als auch im Senat selbst eine ausgezeichnete Karriere machen wird. Meine Herren, nach diesem hervorragenden Beginn ist er natürlich erpicht, die Sache vor Ihnen abzuschließen, und es ist ihm in der Tat schwer gefallen, an mich zu übergeben. Er hat mir seinen Platz eingeräumt, weil ich über besondere Einblicke in einen gewissen Personentypus verfüge, der die Angeklagte beeinflusst haben könnte.
Mein Name ist Marcus Didius Falco. Ich bin im Rang eines Ritters, eine Position, die ich dem persönlichen Interesse des Kaisers verdanke. Einige von Ihnen – und unser ganz hervorragender Richter Marponius, der mich gut kennt – werden sich bewusst sein, dass ich nicht zum ersten Mal vor dem Mördertribunal erscheine. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, Mörder aufzuspüren und vor Gericht zu bringen. Dabei hatte ich einigen Erfolg. Wenn ich mich denen vorstellen sollte, die mich nicht kennen, würde ich sagen, meine Spezialität besteht darin, bei Vergehen zu ermitteln, die nicht für die Vigiles geeignet sind oder für die den hart bedrängten Vigiles die unmittelbaren Ressourcen fehlen. Manchmal bin ich offiziell mit Ermittlungen im Gemeinwesen beauftragt worden, und ich darf sagen, dass meine Aufträge gelegentlich von höchster Stelle kamen. Aber es liegt in der Natur der Sache, dass ich über diese Arbeit nicht sprechen kann. Ich erwähne es nur, damit Sie einschätzen können, dass Menschen mit treffsicherem Urteilsvermögen in hoher Stellung, ja, die engsten Berater des Kaisers, meine Dienste zu schätzen wissen.
Warum rede ich so viel von mir? Weil mein Beruf, wenn ich ihn kühn so nennen darf, der eines Privatermittlers, eines Informanten, eines Denunzianten ist. Es fällt mir schwer, ihn so zu nennen – denn der Begriff wird so oft in negativen Zusammenhängen gebraucht. Wenn wir in diesem Moment aufs Forum Romanum hinausgingen und Passanten bäten, Informanten zu definieren, würden wir wahrscheinlich zu hören bekommen: unmoralische Patrizier, Männer, die trotz mangelnder persönlicher Talente rasch aufsteigen wollen, Männer ohne Prinzipien und Unterschichtskröten, die sich an die Togazipfel der Macht hängen. Sie könnten verwerfliche Ambitionen und mitleidlose Schachzüge anführen. Sie könnten andeuten, dass Informanten sich ihre Opfer aus Eigennutz aussuchen, unter dem Vorwand, der Gesellschaft durch ihre Säuberungsaktionen zu dienen. Sie würden sich zweifellos über Männer beschweren, die aus extremer Armut zu fragwürdigem Wohlstand gekommen sind, Männer von Bedeutungslosigkeit, die unerklärliches Prestige erlangen. Sie würden sagen, dass Informanten ihre Opfer rücksichtslos angreifen und dazu Mittel benutzen, die oft von zweifelhafter Rechtmäßigkeit sind. Am schlimmsten von allem und in Erinnerung an die Exzesse und Übergriffe unter Kaisern wie Nero, der jetzt für seine abstoßenden Verbrechen ›in die Erinnerung verbannt‹ wurde, würden die Leute fürchten, dass die Rolle des Informanten immer noch die des geheimen, subversiven Denunzianten ist, der dem Kaiser Gift ins Ohr flüstert.
Durch diese Aussagen zu meinem eigenen Beruf stelle ich mich in ein ungünstiges Licht, aber ich will damit zeigen, wie offen und ehrlich ich bin. Ich weiß, dass viele die genannten Ansichten vertreten, aber ich hoffe darauf hindeuten zu können, dass es eine andere Sichtweise gibt. Es gibt ethisch saubere Informanten. Sie leisten wertvolle Arbeit, ihre Ambitionen sind lobenswert, und ihre Motive sind moralisch und integer. Ich habe selbst Fälle übernommen, für die es keine finanzielle Entlohnung gab, wie ich von Anfang an wusste, nur weil ich an die damit verbundenen Prinzipien glaubte. Natürlich lachen Sie …«
Das taten sie natürlich. Aber
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