Tod Eines Senators
Kontrolle halten sollte.
»Alexander kennt also das Geheimnis?«
»Muss er wohl, aber er gehört zur Familie. Er würde es nie verraten. Außerdem«, nuschelte der Verwalter, »ist Alexander in Lanuvium.«
Nein, war er nicht. Julius hatte ihn überredet, mit nach Rom zu kommen. Doch das behielt ich für mich.
Ich bot dem Verwalter an, ihm beim Einbrechen ins Haus zu helfen, aber er war damit zufrieden, in einem Zimmer über der Kaschemme zu übernachten. Ich hatte den Eindruck, dass er sich vermutlich gar nicht erst abmühen würde, die Treppe zu der Schlafpritsche hinaufzukriechen, sondern am Tresen hocken bleiben und sich zuschütten würde wie ein Mann, der gerade den Wein entdeckt hat. Seine ganze Eleganz war ihm abhanden gekommen. Er war zerzaust und genauso wenig zu verstehen wie jeder Penner, der eine üble Pechsträhne hat. Es sah so aus, als stünde diesem Verwalter eine düstere Zukunft bevor.
Noch einmal ermutigte ich ihn, nach Hause zu gehen. Betrunken weigerte er sich, nachzugeben, zahlte mir aber mein Hilfsangebot damit heim, mich voll reinknallen zu lassen.
»Sie haben mich mal gefragt, Falco, was mein Herr als Letztes gegessen hat. Es ist mir wieder eingefallen …« Er hatte es nie vergessen. »Kalten Braten und Salat. Das gab es immer. Aber mein Herr hatte ein Geschenk bekommen, sie sagte, damit er ihr verzeihe … Verlogene kleine Kuh.«
Mir lief es kalt über den Rücken. »Was für ein Geschenk?«
»Zwei hübsche Wachteln auf einer Silberplatte. Bei uns gab es nie Wachteln. Calpurnia findet kleine Vögel eklig. Ich kaufe nie Lerchen oder Feigenpicker … Doch mein Herr mochte sie. Er lachte und sagte zu mir, er würde der Frau nie verzeihen, aber er aß sehr gerne Wild und bat mich, das Geschenk nicht zu erwähnen – und dann aß er die Wachteln.«
Man kann Wachteln mit Schierling füttern und die Wachteln dann essen … »Haben Sie außer mir noch jemandem davon erzählt?«
»Niemand hat mich danach gefragt.«
Diese alte Leier! Der Verwalter war entweder zu verängstigt – oder hatte gehofft, selbst Gewinn daraus schlagen zu können.
»Und wer hat das Geschenk geschickt? Von wem reden Sie?«
»Von wem wohl? Saffia.«
Ich riet dem Verwalter, das Leben leicht zu nehmen, dann verließ ich ihn und ging nach Hause. Ich ging langsam. Ich suchte mir den weitesten Weg aus. Ich musste über vieles nachdenken.
So wie der Prozess lief – und zu welchen extremen Reaktionen sich die Gegenseite hinreißen ließ –, gab es keinen Zweifel daran, dass wir gewinnen würden. Wir konnten erfolgreich dafür sorgen, dass Calpurnia Cara schuldig gesprochen wurde. Aber jemand anders hatte Metellus getötet.
Für meine Partner und mich war das katastrophal. Kein Ausweg, wir mussten uns damit befassen. Wenn die Behauptung des Verwalters erhärtet wurde, war unsere Anklage unhaltbar. Alles war für die Katz gewesen. Und noch bevor ich es wagte, die anderen ins Bild zu setzen, wusste ich, dass wir den Schaden nicht abwenden konnten. Wir hatten fälschlich eine Frau im Senatorenrang angeklagt. Sie hatte einen Spitzenverteidiger an ihrer Seite. Die Anklage war eine grauenhafte Verleumdung einer Unschuldigen, und der Prozess war eine schreckliche Qual für sie gewesen. Paccius Africanus, den ich vor zwei Tagen so heftig gedemütigt hatte, würde Entschädigung verlangen – und das nicht zu knapp.
Marponius würde seine Chance verlieren, bei diesem Prozess Ruhm zu ernten, und dafür würde er uns hassen. Warum ihm einen Vorwurf machen? Wir hatten die Anklage erhoben, und wenn wir sie zurückzogen, waren wir haftbar. Einer Person von Status durch eine betrügerische Klage zu schaden ist schon immer mit schweren Strafen belegt worden. Marponius würde unserem Opfer genau das zuerkennen, was Paccius verlangte.
Ich wagte gar nicht daran zu denken, um welche Summe es sich handeln könnte.
Doch wie es sich auswirken würde, wusste ich schon jetzt. Falco und Partner waren erledigt. Die beiden jungen Camilli und Honorius würden gemeinsam beim Strafmaß genannt werden. Ich konnte sie nicht abschirmen, auch wenn ich es wollte. Ich besaß ein paar Ersparnisse, aber nicht die finanziellen Möglichkeiten, ihren Teil mit zu übernehmen. Wir konnten unseren Verlust auch nicht dadurch wieder hereinholen, dass wir eine Mordanklage gegen Saffia Donata einreichten. Saffia war tot. Alle meine Ressourcen würden den Bach runtergehen. Meine Zukunft und die Zukunft meiner Familie waren gerade ausgelöscht worden. Wir
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