Tod Eines Senators
zusammenbekommen, um üppige öffentliche Spiele zu finanzieren, mit denen er sich die Stimmen zum Aufstieg auf der Karriereleiter zum nächsten protzigen Posten erkaufen konnte?
Er wünschte sich sichtlich, die Zuständigkeit für die Tempelinstandhaltung zu haben, wo Bestechungen notorisch waren.
Überall abgewiesen zu werden kann eine Ermittlung ruinieren. Ich bin davon abhängig, das System zu schlagen. Aber es macht mich nur entschlossener. Also scherte ich mich einen Dreck um die feineren Einzelheiten von Gift und Zeitabläufen, die ich heute untersuchen sollte. Ich beschloss, Verontius zu finden. Verontius war ein Ekel, aber er würde mit mir reden. Ich wusste, wie ich dafür sorgen konnte.
Normalerweise würde ich lieber barfuß über eine Meile brennenden Asphalt laufen, als in Verontius’ Nähe zu kommen. Er war ein verschlagener, schlurfender Arbeiter in der halb öffentlichen Welt des Straßenbaus. Er konnte Zahlen besser manipulieren als ein Zauberkünstler, der Tauben aus seinem Hintern zaubert. Ich durfte mich glücklich schätzen, wenn mir bei unserem Zusammensein keine Ader platzte und ich davonkam, ohne ihm meinen Hobel borgen zu müssen (wenn ich zuließ, dass er ihm je in die Finger fiel, würde ich das gute Stück nie wiedersehen). Verontius stank unter den Achseln und an den Füßen. Er verachtete mich. Ich verabscheute ihn. Außer in diesem Notfall würden wir einander von einem Saturnalienfest bis zum nächsten aus dem Weg gehen – an den Saturnalien waren wir stets gezwungen, uns zu begegnen. Leider war er seit zwanzig Jahren mit meiner stumpfsinnigen Schwester Albia verheiratet, und so waren wir unauflöslich miteinander verbunden – Verontius und ich gehörten zu ein und derselben Familie.
Albia war zum Glück nicht zu Hause. Ein Mitleid erregender Sklave mit Skorbut ließ mich ein. Ich musste mich an blassen Kindern vorbeizwängen, um das Hinterzimmer zu erreichen, in dem Verontius wie eine Kröte im Brunnen hockte. Vor ihm lag eine Schriftrolle mit offiziell aussehenden Tabellen, aber er kritzelte im Affenzahn auf einem Stück alten Fischeinwickelpapier. (Er hatte eine geheime Nebenbeschäftigung als Tintenfisch-Zwischenhändler.) Er schrieb wie eine Furie, stellte lange Kolonnen auf und fügte dann mit einer besseren Feder und neuer Tinte eine einzelne Zahl in die Ausschreibungstabelle ein. Alles an seinen raschen Berechnungen deutete darauf hin, dass er nichts Gutes im Schilde führte. Wenn er nicht an neuen Ausschreibungen herumpfuschte, verbrachte Verontius lange Stunden damit, die manipulierten Verträge, die er sich bereits unter den Nagel gerissen hatte, zu überwachen. Ich würde nicht behaupten, dass Albia und er im Elend lebten. Wir alle wussten, dass sie Geld hatten. Es war irgendwo gehortet. Auf gemeine Weise gehortet, nie ausgegeben. Sie würden beide früh sterben, ausgelaugte Opfer eines harten Lebens, das sie nicht hätten führen müssen.
»Marcus!« Er war farblos, kahlköpfig, kniff ständig die Augen zusammen und war halb taub. Schon immer, selbst vor langer Zeit. Was für ein Fang für Albia! Er hatte längst gelernt, unschuldig zu schauen, aber ich sah, wie die Berechnungen unauffällig in eine Obstschale geschoben wurden, während die Ausschreibung rasch unter seinem Hocker zusammengerollt wurde. Selbst bevor er wusste, weswegen ich gekommen war, sorgte Verontius dafür, dass ein neugieriger Schwager nichts Zweifelhaftes mitbekam.
Sobald er erfuhr, dass ich ihn wegen jemand anderem aushorchen wollte, wurde er fröhlich. »Metellus Negrinus? Netter Junge, toller kleiner Ädil – oh, wir mochten ihn alle sehr!«
»Weil er käuflich war? Nur nicht so zimperlich. Du brauchst dich auf nichts Gefährliches einzulassen, ich will nur wissen, wie das funktioniert hat. Du hast von der Korruption gewusst, nehme ich an?«
Verontius zwinkerte. »O nein!«
»Lügner.«
»Ich muss leben, Marcus. Aber ich bin nur ein kleines Licht.«
»Du bist nicht als Zeuge im Prozess gegen den Vater aufgetreten?«
»Bin dem Vater nur ganz selten begegnet. Er hatte es mit dem mächtigen Konsortium zu tun. Für den Prozess hatte ich zu wenig darüber zu erzählen. Aber man ist an mich herangetreten.« Er war stolz darauf, dass man ihn in Betracht gezogen hatte.
»Wer ist an dich herangetreten?«
»Einer von deiner Bande.«
»Meiner?«
»Ein Ermittler kam an, direkt vor dem Prozess.«
»Aber du hast beschlossen, den Mund zu halten, um dich zu schützen.«
»Um eine
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