Tod Eines Senators
Sie bestand sogar darauf, mich zu der Straße zu begleiten, wo er wohnte, und mir das Haus zu zeigen. Wir machten uns unter dem grauen Januarhimmel auf den Weg, beobachtet von ein paar verfrorenen Tauben. Es stellte sich heraus, dass Spindex’ Unterkunft ziemlich weit vom Fünften entfernt lag, den ganzen Weg zurück zum Zwölften Bezirk. Er wohnte gegenüber dem Aventin im Schatten der Servianischen Mauer nahe der Aqua Marica.
»Sehen Sie, ich musste Sie herbringen«, krähte Biltis. »Das ist ein schreckliches Loch. Sie hätten sich hier nie zurechtgefunden.«
»Du redest vom Ort meiner Geburt, Weib.« Ich verfluchte mich dafür, etwas Persönliches preisgegeben zu haben.
Wenn ich nicht darauf bestanden hätte, dass sie verschwand, wäre Biltis mir den ganzen Weg hinauf ins Zimmer des Spaßmachers auf die Hacken getreten und hätte sich dort auf meinen Schoß gesetzt, um sich unverschämt einzumischen, während ich ihm Fragen stellte. Ich erklärte ihr unverblümt, dass ich niemanden brauchte, der meine Notiztafel hielt, und nach ihrer zu erwartenden anzüglichen Entgegnung gelang es mir endlich, sie loszuwerden.
Alleine näherte ich mich der schmalen Öffnung, zu der dunkle Stufen von der Straße hinaufführten. Während sie mir von einem der Läden, die den Eingang flankierten, zum Abschied zuwinkte, rief mir Biltis nach, dass Spindex ein unordentlicher, schmutziger Kerl sei. »Sein Zimmer ist leicht zu finden – folgen Sie einfach dem Geruch.«
Ohne etwas zu entgegnen, stieg ich die engen Steinstufen hinauf. Hier ging es nicht in eine Mietskaserne, sondern in eine schmale Einfügung zwischen Geschäftshäusern. Spindex war wahrscheinlich alleiniger Bewohner des Dachgeschosses im dritten Stock, über den Wohnräumen der Ladenbesitzer, die diese direkt von den Läden aus erreichen konnten. Nur Spindex und seine Besucher gingen je hier hoch.
Biltis hatte Recht, vielleicht mehr Recht, als ihr bewusst war. Der Geruch im Treppenhaus war stark und wurde zweifellos jeden Tag schlimmer. Dieser Geruch war ein ganz besonderer und mir durch meine Arbeit vertraut. Voll böser Ahnung stieg ich hinauf und fand die Wohnung. Noch bevor ich die Tür öffnete, war ich sicher, dass Spindex dort drinnen sein würde. Und ich wusste, er würde tot sein.
XXXI
Der Beruf eines Beerdigungsspaßmachers schien ebenso glanzvoll und gut bezahlt zu sein wie der eines Privatermittlers. Auf der Treppe war kaum Licht. Auf dem Treppenabsatz krachte ich in leere Weinbehälter. Dann betrat ich eine kärgliche Wohnung. Zwei dunkle Räume – einer zum trübseligen Wachsein und der andere zum Schlafen, geplagt von Albträumen. Keine Vorrichtungen zum Kochen oder Waschen.
Ein hoch oben angebrachtes schmutziges Fenster ließ ein Quadrat trüben Sonnenlichts herein. Entweder war der Bewohner gewohnheitsmäßig unordentlich gewesen, oder ich betrachtete die Überreste eines Kampfes. Das ließ sich schwer sagen. Selbst zu meinen flauesten Zeiten als Junggeselle hatte mein Zimmer nie so ausgesehen. Ich räumte wenigstens ab und zu auf, für den Fall, dass sich eine Frau zu mir hereinlocken ließ.
Das hier war die scheußliche Bude eines Verlierers, der nie eine Wäscherei von innen gesehen noch sich je etwas Anständiges zu essen gekauft hatte. Er hatte wohl auch keine Aufzeichnungen seiner Arbeit aufgehoben. Noch bevor ich mit der Suche begann, wusste ich, dass hier nichts für mich zu finden war. Ich entdeckte weder eine Schriftrolle noch eine Notiztafel. Spindex musste alles im Kopf gehabt haben. Was nicht schwer war. Beerdigungen sind natürlich kurzlebige Angelegenheiten.
Ich kam an einem Tisch vorbei, bedeckt mit den schalen Überresten eines Besäufnisses. Zwei dreckige Becher lagen umgekippt da. Der eine war auf den Boden gerollt. Überall standen leere Flaschen, dazu eine halb volle, deren Stöpsel in einer Schale mit vertrockneten Oliven war. Die unsauber abgekauten Steine waren überall hingespuckt worden.
Die Leiche des Spaßmachers lag auf einem schmalen Bett im zweiten Zimmer. Aus ihrer schiefen Stellung schloss ich, dass sie wohl nach dem Tod dort hingeschleift und abgeladen worden war. Es sah aus, als wäre er erdrosselt worden, aber das war schwer zu erkennen. Spindex war von Tiasus’ Mannschaft seit Monaten nicht mehr gesehen worden, also musste sein Tod vor einiger Zeit eingetreten sein. Ich hielt mich nicht lange auf, überließ es den Vigiles, mit den Überresten fertig zu werden. Zufällig befanden wir uns noch
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