Tod im Albtal
Einladungen von unserer eigenen Hotelküche machen lassen. Müssen wir ja, wenn wir Bad Herrenalb unterstützen wollen. Die arme Frau.«
»Wie wirkte sie an jenem Abend?«
»Sie war sehr aufgeregt. Ich vermute, es war Nervosität, weil sie nicht daran gewöhnt war, größere Gesellschaften zu geben. Ich glaube, Friederike hatte nicht viel Selbstwertgefühl. Ich hatte bis dahin gar nicht gewusst, dass sie so hübsch malte, und ich kann gar nicht verstehen, warum sie ihre Bilder nicht öffentlich zeigen wollte und sie oben in ihrem Haus geradezu versteckt hat. Dann lernte sie jetzt Französisch, und außerdem arbeitete sie noch stundenweise als Lehrerin. Sie war ja wohl auch recht beliebt.«
»Tatsächlich.«
»Ja. Sie ist schließlich mit einem Abgeordneten verheiratet, und da sollte sie sich rechtzeitig an vielerlei Verpflichtungen gewöhnen. Ich muss auch bei uns im Ort um jede alte Katze in der Anlage buhlen. Gut, sie hatten noch keine Kinder, aber das hätte ja noch kommen können.«
»Wie alt ist Ihre Tochter?«
»Achtzehn.« Sie strahlte stolz. »Ein hübsches Mädchen. Sie war keine besonders gute Schülerin, aber umgänglich und fleißig. Sie soll einmal in die Hotelbranche, ich will, dass sie das Familienerbe weiterführt. Ein Neffe meines Mannes hatte sich auch mal für die Hotels interessiert, aber ich habe damals gesagt: Tibor, ich bin wirklich gutmütig und lasse über alles mit mir reden, aber was Maritta zusteht, das wird ihr keiner nehmen! Keiner!«
Ich erschrak fast. Plötzlich sah Angelika Lodemann nicht mehr fröhlich aus. In ihre Augen war ein neues, hartes Glitzern getreten. Ganz kurz schoss es mir durch den Sinn, wie sie wohl auf das Auftauchen einer leiblichen und erwachsenen Tochter ihres Mannes reagiert hätte. Einer, die nicht nur eine studierte Lehrerin, sondern auch mit einem Politiker verheiratet war. Vielleicht wäre dieses neue Kind ihrer Ansicht nach eine Bedrohung für ihr eigenes Mädchen gewesen. Dabei wirkte Angelika Lodemann so harmlos. Unvorstellbar …
Ich fröstelte plötzlich und wagte den Gedanken nicht zu Ende zu denken. Es passte nicht. Sie war eine Frau.
Schon sprach sie weiter: »Der arme Horst. Muss jetzt von vorne anfangen. Jedenfalls hatte sie einen ausgewachsenen Minderwertigkeitskomplex. Das sagt auch mein Mann.«
»Aha.«
»Es ist kein Wunder. Ihre Eltern waren ja recht einfache Leute. Die, die von unten kommen, haben immer Probleme mit der dünnen Luft weiter oben.«
»Sagt das Ihr Mann?«
»Ja. Er hat übrigens ihre Mutter ganz gut gekannt. Die hat seiner Schwester damals die tolle Abschlussballfrisur gemacht. Ein schönes Foto haben wir noch davon.«
Zack.
»Das ist interessant.«
»Nicht wahr? ›Das war eine sehr nette, sanfte Frau‹, hat er gesagt. Sie hätte ihm damals gut gefallen. Das war natürlich lange vor meiner Zeit, und als Friseuse war sie ja eigentlich nur ein besserer Dienstbote. Jedenfalls war sie sowieso mit einem ziemlichen Taugenichts verheiratet. In der Familie hat es die Friederike Schmied wohl nicht ganz einfach gehabt. Und so ist sie geworden, wie sie war. Kein Typ, der auffallen wollte oder nach außen lebte und sich selbst in den Mittelpunkt stellte. Eine wie wir eben.«
»Aha!«
Einen potenziellen Vater hätten wir also schon. Und auch noch dazu den aussichtsreichsten Kandidaten. Tibor Lodemann!
* * *
Szenen meiner Ehe:
»Mit welchem katholischen Priester sind die Schmieds eigentlich befreundet?«
Mein Mann war beim Packen. Termin in Köln.
Er hielt verblüfft inne, seinen Laptop in der Hand.
»Warum willst du denn das wissen, Swentja? In letzter Zeit entwickelst du eigenartige Interessen, finde ich.«
»Kennst du ihn?«
»Priester? Wahrscheinlich der Johannes Martin, der früher Pfarrer in Malsch war. Jetzt ist er pensioniert und kümmert sich um gestrauchelte Jugendliche. Die haben so ein Haus oben bei der Schwanner Warte. Der Horst Schmied hat manchmal mit dem Popen zusammen öffentlichkeitswirksame Projekte gemacht. Geld gesammelt. Einen Garten angelegt. Solche Dinge. Ja, wenn ihm die Frau nicht umgebracht worden wäre, hätte unser Horst vielleicht noch Karriere gemacht. Obwohl – wenn er erst eine Neue hat, wird die Sache vergessen werden. Diesmal sollte er aber das Passende aussuchen.«
»Na toll. Wie schön, dass man uns durch ein aktuelleres Modell so leicht ersetzen kann. Wie lange bleibst du fort?«
»Am Freitagabend, spätestens Samstag um die Weißwurstzeit, bin ich zurück.«
»Das
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