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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
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heißt?«
    »Vor zwölf. Du weiß doch, dass sie das Mittagsläuten nicht hören dürfen. Sonst noch was?«
    »Noch eine letzte Frage: Was weißt du über Karl Seiboldt?«
    Mein Mann lachte dieses spezielle Lachen, das Männer unter sich manchmal gebrauchen. So eine Mischung aus dreckig und genießerisch.
    »Da hast du aber zweimal ins Wespennest von Klatsch und Tratsch in unserer Kleinstadtidylle gestochen. Der Heilige, der keiner ist beziehungsweise keiner war, und der Seiboldt, der Ritter der Behinderten. Der Supervater und Superwohltäter. Aber auch der Intimfeind von Horst Schmied in seiner eigenen Partei.«
    »Der Heilige, der keiner ist?«
    »Karl Woityla hat bekanntlich auch geboxt, bevor er sich weihen ließ. Und unser Johannes Martin war eben auch kein unschuldiges Lämmchen, bevor er spät im Leben den Priesterrock anzog. Hat seinen wilden Hafer gesät, wie man im Englischen so schön sagt. Aber für manche macht ihn das bisschen Sünde glaubhafter. Bis zu drei Kinder zahlt die Kirche ja.«
    Lachte wieder. »Ich weiß, warum ich ausgetreten bin aus dem Verein! Steuertechnisch gesehen ist das Ganze ein Verlustgeschäft. Ich zahle im Diesseits und weiß gar nicht, ob es eine Rückerstattung im Jenseits gibt!«
    Ich schwieg. Und beschloss, mir ganz genau anzusehen, wann Johannes Martin Priester geworden war. Vielleicht vor ziemlich genau zweiunddreißig Jahren?
    »Und unser Seiboldt soll als junger Kerl ebenfalls recht aktiv gewesen sein. Zumindest erzählt das der Weißkopf gern. Der alte Haudegen von unserem Rotarier-Stammtisch ist besser als die Tageszeitung.«
    »Weißkopf?«
    »Der ehemalige Pilot! Die Familien wohnen schon immer direkt nebeneinander, der kennt unseren rührigen Freund ganz gut. Er sagt immer: Der musste nicht weit fliegen, um hereinzufliegen. Swentja, ich muss wirklich los. Vielleicht ist der   ICE   ausnahmsweise mal pünktlich.«
    Als mein Mann davongeeilt war, um seine steuerlichen Machenschaften in Köln weiterzubetreiben, ließ ich die Espressomaschine zischen und überlegte, wo ich erst kürzlich den Namen Weißkopf gehört hatte. Vergeblich. Ich wanderte unruhig im Haus auf und ab und stellte mich vor den Spiegel, wo ich das dritte graue Haar des Monats entdeckte. Raoul in Achern würde wohl bald einen längeren Besuch von mir bekommen. Haare? Haare!
    Bei Lieselotte Stolze hatte ich den Namen gehört. Sie hatte beiläufig erzählt, dass Marianne Grüber damals im Hause Weißkopf als Friseuse verkehrt hatte.
    Der lebenslustige Nachbarsjüngling könnte sie auf diese Weise kennengelernt haben.
    Lieselotte Stolze! Sie schuldete mir sowieso noch die Kladde mit jenen Haushalten, in denen Marianne Grüber früher gearbeitet hatte. Ich musste sie unbedingt daran erinnern. Das hatte ich glatt vergessen, ich hätte es schon längst machen sollen. Allmählich begann ich, den Überblick zu verlieren. Aber ich arbeitete hier schließlich ohne einen Stab von »Harry, hol den Wagen!«-Adjutanten.
    Es klingelte lange, bevor die Stolze in ihrem Salon abnahm.
    »Das Büchlein?«, sagte sie kurz angebunden. »Ich bin gerade in einer Behandlung. Ich habe es nicht gefunden. Tut mir leid.«
    Kurzes Zögern. Ich hatte den Verdacht, dass sie log.
    Doch dann wartete sie mit einer Überraschung auf. Ihre Stimme klang zögernd und ein wenig lauernd.
    »Aber vielleicht habe ich etwas anderes für Sie. Rufen Sie mich morgen an.«
    »Was anderes? Kann ich nicht gleich kommen?«
    »Ja. Etwas anderes. Nein, kommen Sie nicht. Ich habe jetzt keine Zeit. Morgen. Ich muss erst ihn fragen.«
    Ich dachte an Janine und an das, was dem Kind zugestoßen war. Wollte Frau Stolze noch warnen, doch sie hatte aufgelegt. Vielleicht war es besser so, denn vor wem sollte ich sie warnen?
    Sie wollte mit   ihm   sprechen. Mit wem?
    * * *
    Wie fragte man einen Priester, ob er ein uneheliches Kind gezeugt hatte? Antwort: besser gar nicht. Ich wollte es trotzdem wissen.
    Zunächst einmal besorgte ich mir aus dem Internet einige Informationen über Johannes Martin. Nach seiner aktiven Zeit als Pfarrer in Ettlingen-Bruchhausen, später in Langensteinbach und zum Schluss in Malsch, einer Ortschaft kurz vor Rastatt, hatte er sich nach Straubenhardt-Schwann zurückgezogen, ein größeres Dorf zwischen Waldbronn und Pforzheim. Waren die Hochebenen von Pfaffenrot und Moosbronn für Ettlingen oder Karlsruhe sozusagen wie Vorgärten, so besaß Straubenhardt bereits den Charakter einer Zuflucht für einen Kurzurlaub. Nicht für mich

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