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Tod im Beginenhaus

Tod im Beginenhaus

Titel: Tod im Beginenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Frühstück für ihren Ausflug fertig. Ihrem Vater sagte sie, sie wolle zur Schneiderin wegen des neuen Kleides, das er ihr versprochen hatte. Sie hasste es zu lügen, und sie erinnerte sich, dass sie sich vor fünf Jahren geschworen hatte, nie wieder die Unwahrheit zu sagen. Doch wiehätte sie ihrem besorgten Vater wohl erklären sollen, dass sie in den Wald zur alten Ludmilla, der Kräuterhexe, wollte? Im Grunde durfte sie sie ja nicht einmal kennen! Doch Ludmilla war die Einzige, die ihren Verdacht bestätigen und ihr vielleicht ein Mittel gegen das Gift geben konnte. Burka hatte sie während des gesamten Frühstücks nur schweigend angestarrt. Ahnte er, dass sie nicht die Absicht hatte, bei der Schneiderin vorzusprechen? Falls ja, hielt er sich bedeckt. Dafür musste sie ihm wohl dankbar sein.
    Der Weg, den sie vor sich hatte, war lang. Sie musste zum Hahnentor hinaus und von dort über eine Stunde durch die Vororte, bis sie den Wald erreichte. Hoffentlich würde sie die Hütte noch finden. Glücklicherweise schneite es nicht. Die Straßen und Gassen waren zum größten Teil vom Schnee befreit worden, und dort, wo sich das Eis beständig hielt, hatten die Straßenkehrer Sand und Sägespäne gestreut. Adelina wählte den Weg durch die belebte Schildergasse, die geradewegs auf den Neumarkt führte. Hier bot sich, ähnlich wie auf dem Alter Markt, ein buntes Bild aus Händlern, Käufern, Bettlern und Gassenjungen. Auf der rechten Seite luden mehrere bullige Knechte Karren mit Bauholz ab. Der Neumarkt war Kölns Holzumschlagplatz. Von hier aus belieferte man nicht nur die Dombaustelle, sondern sämtliche Bauplätze der Stadt und der näheren Umgebung. Auch die Weber und Weinhändler waren hier zahlreich vertreten. Normalerweise hätte Adelina sich die bunten Stoffe gerne angesehen, doch heute warf sie nicht einmal im Vorbeigehen einen Blick darauf. Ganz andere Gedanken beschäftigten sie, hatten sie schon in der Nacht nicht schlafen lassen. Wer hatte den giftigen Roggen in ihr Mehl gemischt? In ihre Küche hattedoch niemand Zutritt. Niemand außer Burka … oder Reeses Männern! Aber weshalb sollte der Ratsherr sie entführen und einschüchtern und gleichzeitig ihr Mehl vergiften lassen? Abgesehen davon war es mehr als unwahrscheinlich, dass er von der Wirkweise des faulen Roggens wusste. Sie selbst hatte sich erst bei dessen Anblick daran erinnert. Und das auch nur deshalb, weil sie seinerzeit bei Ludmilla gewesen war, die ihr das Geheimnis der teuflischen Körner anvertraut hatte.
    Der Nachmittag in Reeses Haus kam ihr immer unwirklicher vor. Ludolf Beichgard musste Recht haben. Reese wusste nicht, was er mit ihr anfangen sollte. Deshalb war er so kopflos vorgegangen. Sie hatte nun unter Umständen einiges gegen ihn in der Hand. Doch er war der mächtigere Gegner; er konnte dafür sorgen, dass ihr in Köln die Lebensgrundlage entzogen wurde. Also würde sie es nicht wagen, ihn wegen der Entführung öffentlich anzuklagen, davon ging er bestimmt aus. Schon gar nicht, da nun feststand, dass der einflussreiche Weinhändler Beichgard an ihr Interesse zeigte und sie in Schutz nahm. Ob der wohl ebenfalls in den Stadtrat gewählt werden wollte? Die Vermutung lag nahe, immerhin unterstützte er Reese in dessen Bestreben, in den engen Rat zu kommen. Umsonst tat er das mit Sicherheit nicht.
    In der Hahnengasse kam ihr ein Trupp bewaffneter Reiter entgegen. Sie trugen blaue Mäntel mit roten Kragen, die Livree der erzbischöflichen Soldaten. Adelina drückte sich, wie alle Passanten, an eine Hauswand. Die Hufe der Pferde wirbelten Schnee und Schmutz auf, als die Truppe vorbeipreschte.
    Unbehaglich blickte Adelina ihnen nach. Was hatte die Anwesenheit der erzbischöflichen Garde in Köln zubedeuten? Der Erzbischof selbst war doch gar nicht in der Stadt. Oder würde er aufgrund der Gerüchte um Hilger und dessen Onkel Heinrich früher als sonst herkommen? Entschlossen wandte sie sich wieder ihrem Weg zu. Das war im Augenblick wichtiger.
    Wachposten standen vor dem Hahnentor, die aber vor allem die ankommenden Bauern und Kaufleute anhielten, um den Torzoll und die Abgaben auf eingeführte Waren einzutreiben. Auf Adelina achteten sie kaum. Nur der Torwächter vor der Stadtmauer wies sie, wie es seine Pflicht war, darauf hin, dass das Stadttor zu Sonnenuntergang geschlossen werden würde.
    Mit festen Schritten und unnahbarer Miene durchschritt Adelina die Vorstadt, in der es von Soldaten wimmelte, weil hier die Waffen- und

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