Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
Begegnung mit diesem Strickkrawattenkommissar überhaupt nicht vorstellen.«
»Dann ruf Ekki an und frag ihn. Wollte er dir nicht sowieso das Obduktionsergebnis verraten? Das müsste er ja schon längst haben.«
Frank wählte die Handynummer des Justizsprechers. Es war ein relativ kurzes Gespräch, bei dem seine Miene immer ernster wurde.
»Was hat er gesagt?«, fragte Anne gespannt, nachdem er aufgelegt hatte.
»Die Polizei hat die Ermittlungen eingestellt.«
»Wie bitte? Das kann doch nicht wahr sein! Was steht denn im Obduktionsbericht?«
»Er ist durch den Sturz aus dem Fenster gestorben. Mehrfache Schädelfraktur und diverse weitere Knochenbrüche. Davon abgesehen keine Zeichen äußerer Gewalteinwirkung.«
»Wie wollen die das denn auch feststellen? Falls ihn jemand mit einer Waffe bedroht oder unerwartet aus dem Fenster gestoßen hat, hinterlässt das ja wohl kaum Spuren an der Leiche.«
»Für die Polizei ist es Selbstmord. Sie sagen, er muss aus freien Stücken gesprungen sein.« Beaufort biss seine Kiefer fest aufeinander und schaute Anne düster an.
»Aber warum? Bloß wegen dem Abschiedsbrief? Warum hat er den nicht unterschrieben? Das sieht doch jeder, dass daran etwas faul ist.«
»Die Beamten haben seine Krankenakte studiert. Schifferli war vor zwei Jahren wegen einer Depression länger in ärztlicher Behandlung. Die Kripo geht davon aus, dass er einen neuen Schub bekommen hat und sich dem Stress der Ausstellung nicht mehr gewachsen fühlte.«
»Könnte das stimmen?«, fragte Anne nachdenklich. »Wie war er denn so drauf, als du ihm begegnet bist?«
»Auf mich hat Tom Schifferli keinen deprimierten Eindruck gemacht. Auch wenn er schon mal eine Depression hatte, bedeutet das ja nicht, dass er noch mal eine bekommen muss. Aber Ekki sagt, ich soll mich an unsere Abmachung halten und aufhören, Mörder zu jagen, wo es keine gibt.«
Anne schaute ihn ratlos an. »Und was machen wir jetzt? Geben wir auf?«
Beaufort setzte den Krug an seine Lippen, trank ihn in einem Zug leer und ließ ihn mit Wucht auf den Tisch zurücksausen. »Natürlich nicht!«
*
»Haben Sie die Wühlmaus erwischt?«
»Sie ist ausgeschaltet.«
»Gut. Was ist mit dem belastenden Material?«
»Das konnte ich noch nicht an mich bringen.«
»Warum nicht?«
»Es ist nicht ganz reibungslos abgelaufen. Ich musste die Aktion vorzeitig abbrechen und sehen, dass ich wegkomme.«
»Wir haben Sie besser ausgebildet.«
»Das ist schon so lange her.«
»Sie müssen die Akte finden. Ihre Sicherheit hängt davon ab. Ende.«
5. Riposte – Samstag, 16. Juli
Ein fetter Geländewagen, der mehrfach versuchte, rückwärts in eine für ihn viel zu kleine Parklücke zu stoßen, blockierte die Stubenlohstraße. Das Taxi dahinter wartete geduldig, bis der Fahrer des picobello gepflegten Porsche Cayenne die Unmöglichkeit seines Unterfangens endlich einsah, einen Kavalierstart hinlegte und mit mehr als doppelter Geschwindigkeit durch die Tempo-30-Zone raste, wie um die verplemperte Zeit wieder einzuholen.
Carl Löblein hinterm Steuer schüttelte den Kopf. »Der Typ benimmt sich genauso, wie man das von einem erwartet, der so einen Kleinpanzer fährt.« Er legte den ersten Gang ein und fuhr los.
»Man fragt sich sowieso, wozu jemand in der Stadt überhaupt einen Geländewagen braucht«, erwiderte sein Fahrgast Frank Beaufort neben ihm. »Das Auto sah jedenfalls nicht danach aus, als ob es schon mal über einen Feldweg gefahren wäre, geschweige denn durchs Gelände.« Er hatte den netten Taxifahrer heute den ganzen Nachmittag gebucht und eine großzügige Pauschale mit ihm vereinbart.
»Der kennt anscheinend das neue Schlammspray noch nicht.«
»Das was?«
»Spray on Mud – eine englische Erfindung. Das sprüht man auf den Lack, und schon denken alle, man kommt direkt von der Rallye Paris-Dakar.«
»Wie paradox ist das denn, sein Image aufzupolieren, indem man etwas dreckig macht?«
»Dumm därfmer scho sei, mer mussi bloß zu helfn wissn.« Löblein hatte offenbar ein Faible für fränkische Lebensweisheiten.
Ein paar Minuten später hielt das Nürnberger Taxi in der Erlanger Kochstraße vor dem Philosophischen Seminargebäude.
»Sie können sich die nächsten zwei Stunden die Zeit vertreiben. Die Sammlungen, von denen ich Ihnen erzählt habe, sind beide in dem Haus dort untergebracht. Ich rufe Sie dann an, wenn ich fertig bin.«
»Da drin gibt’s ein Museum? Jetzt habe ich so lange an dieser Uni studiert und weiß nichts
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