Tod im Herbst
nur ein paar Sekunden!« Un d e r wär e nich t de r erste , de r be i eine m solche n Auftrag erschlagen oder erstochen worden war.
»Ich werd schon aufpassen.«
»Ruh dich noch ein bißchen aus, wenn du mit dem Leutnant gesprochen und dies hier im Labor abgegeben hast.«
Un d nun , d a diese s Proble m au s de m We g geräum t war, machte sich der Hauptmann wieder an die Arbeit, hielt dabei nur gelegentlich inne, um die Fotografie von Hilde Voge l z u betrachte n ode r zu m Fenste r z u sehe n un d sic h zu fragen, wie lange Guarnaccia wohl brauchen würde.
»Zieh deine Schuhe aus«, schlug der Wachtmeister vor, »oder wir bekommen noch mehr Ärger, weil wir alles dreckig gemacht haben!«
Lorenzini setzte sich auf den Badewannenrand, um die Schnürsenkel aufzubinden.
»Ich glaub nicht, daß hier was ist.«
»E s is t di e einzig e Stelle , di e un s noc h bleibt . E s mu ß hier irgendw o sein . War t mal , ic h räum e di e Sache n hie r weg.« Der Wachtmeister nahm sämtliche Flaschen und das GlasmitdenbeidenZahnbürstenausdem Badezimmerschränkchenundstellteallesauf den Fußboden, in eine Ecke. »Los, steig rauf!«
Lorenzini kletterte auf das Bidet und spähte, vorsichtig auf dem Rand balancierend, hinter das Schränkchen.
»Ich kann nichts sehen.«
»Wir müssen das Schränkchen vielleicht von der Wand nehmen.«
»Es ist aber festgedübelt.«
»Die Haken ja, aber man müßte es anheben können.«
»Vo n hie r au s dürft e e s nich t s o leich t gehen.. . Hal t mal, vielleicht kriege ich es ein bißchen...«
Er neigte das Schränkchen etwa einen Zentimeter schräg nac h vorn , un d hinte n rutscht e etwa s a n de r Wan d herunter.
»Es kommt... Jetzt schieb es oben wieder zurück und zieh es unten nach vorne... Da! Halt still, ich hab’s! So, jetzt kannst du wieder runterklettern.«
Nachdem sie aufgeräumt hatten, gingen sie durch das Schlafzimme r nac h draußen . Jetzt , w o di e Suit e vo n ande ren Gästen bewohnt wurde, hatte sie ein ganz anderes Aussehen bekommen. Zwei helle Mäntel lagen auf dem Bett , un d au f de m Frisiertisc h lage n Straßenkarte n un d ein Rom-Führe r sowi e ein e Schachte l mi t ausländischen Cornflakes. Draußen im Korridor wartete schon der Direktor des Bellariva, schlechtgelaunt und nervös bei dem Gedanken, seine Gäste könnten zurückkehren, bevor man hie r ferti g war.
»Alles in Ordnung«, sagte der Wachtmeister, »wir sind fertig. Sie werden uns nicht wieder sehen.«
»Haben Sie gefunden, wonach Sie gesucht haben?« Doch der Wachtmeister verriet nichts.
Etw a ein e halb e Stund e späte r sa ß e r allei n i n de r Küche der Quercis, auf einem Plastikstuhl, der zu klein für ihn war. Er sah hinaus auf ein völlig identisches Fenster im Häuserblock gegenüber. Der Nachmittag war grau ge worden , de r Himme l hatt e sic h bezogen , un d da s winzige Zimmer war von einer düsteren Stimmung erfüllt. Auf de m Spülbret t lage n di e Rest e eine s schnelle n Mittagsimbisses . Di e Uniformmütz e de s Wachtmeister s la g au f dem Plastiktisc h nebe n de r Schreibmaschine . Ohn e sic h umse hen zu müssen, wußte er, daß das kleine Mädchen noch immer durch den schmalen Türschlitz guckte. Die einzigen Stimmen kamen aus der Nachbarwohnung.
Signora Querci kam mit einem Päckchen in der Hand herein.
»Es war dort, wo Sie gesagt haben, auf dem Kleiders chrank.«
Sie schien nicht geweint zu haben, aber ihr Gesicht und ih r ganze r Körpe r wirkt e schlaff , un d si e sa h plötzlic h älter aus. Der Wachtmeister stand auf und nahm das Päckchen. Plötzlich rief das kleine Mädchen an der Tür mit hoher Stimme: »Wo ist mein Papi?«
»Ich hab dir doch gesagt, er ist im Krankenhaus«, sagte ihre Mutter rasch, obwohl sie wußte, daß die Frage nicht ihr gegolten hatte.
Abe r da s Kind , ungläubig , hiel t di e Auge n vorwurfsvoll auf den Wachtmeister gerichtet. Der war so verwirrt, daß er sich umdrehte und die endlos erscheinende Treppe hinunterstieg, weil er befürchtete, die beiden würden ihn anstarren, wenn er dort auf den Lift wartete.
Der Anruf aus Deutschland kam um viertel vor sechs.
Der Himmel hatte sich mit schweren Wolken überzogen, es war früher als sonst dunkel geworden, und der Hauptmann hatte seine Schreibtischlampe eingeschaltet.
»Maestrangelo? Tut mir leid, daß es so lange gedauert hat , abe r wi e Si e scho n vermute t haben , fan d sic h nicht s in unseren Akten, also habe ich mich direkt mit Mainz in Verbindung gesetzt. Das
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