Tod in Blau
los, schaute hinauf zu den Hausnummern und entdeckte zwei Häuser
weiter die Schirmhandlung. Als er die Klinke hinunterdrückte, öffnete
sich die Tür mit einem scheppernden Klingelton. Verwundert blickte er
nach oben und fing den belustigten Blick der hübschen jungen Frau
hinter dem Verkaufstresen auf.
»Hat die Chefin
einbauen lassen, damit ich nicht bei der Arbeit einschlafe. Was kann ich für
den Herrn tun? Man sieht, dass Sie einen Schirm brauchen.«
Berns war bei trockenem
Wetter losgegangen, das leider schon bald in einen Bindfadenregen
umgeschlagen war, der ihn ziemlich durchweicht hatte. In den Regalen lagen
Unmengen von Schirmen, dunkle Herrenschirme, bunte Damenmodelle, zarte
Sonnenschirme, die allerdings zunehmend aus der Mode kamen. Die Verkäuferin
fing seinen Blick auf.
»Oh, es soll etwas für
die Dame sein? Leider werden Sonnenschirme immer weniger verlangt. Dabei
sind sie eigentlich am schönsten und wirken so elegant.« Sie
wollte gerade ein hübsches Modell aus dem Regal holen und aufspannen,
als Berns sich räusperte und seine Polizeimarke und den Dienstausweis
vorzeigte.
»Ich möchte
wissen, ob Sie am 21. November hier im Laden gearbeitet haben.«
Sie warf einen Blick auf den
Kalender an der Wand. »Ein Dienstag. Ja, da war ich hier.«
»Können Sie sich
erinnern, ob Sie einer Dame einen Schirm der Marke Sprint verkauft haben?
Laut ihrer Aussage handelt es sich um einen rot-schwarz karierten
Regenschirm.«
Sie legte einen Finger ans
Kinn und überlegte. »Ja, das kommt mir bekannt vor. Moment, ich
schaue mal nach.« Sie holte ein großes Kontenbuch mit grünem
Einband unter der Theke hervor, schlug es auf und fuhr mit dem Finger eine Spalte hinunter. »Ja, da
steht es. Ein Damenschirm Marke Sprint, Modell Aberdeen, rot-schwarz
kariert.«
»Haben Sie auch den
Namen der Kundin notiert?«
»Nein, das ist bei
Barzahlung nicht üblich. Nur Datum, Bezeichnung der Ware und Preis.
Schauen Sie.«
Sie drehte das Buch um und
schob es Berns hin. Hinter diesen Angaben war noch vermerkt, ob es sich um
einen Bar- oder Ratenkauf handelte. Die Käuferin des Schirms hatte
bar bezahlt.
»Können Sie sich
an die Frau erinnern? Um wieviel Uhr sie etwa hier gewesen ist?«, drängte
er weiter.
»Ja, es muss wohl
nachmittags gewesen sein, so gegen drei, nehme ich an. Ich war jedenfalls
schon aus der Mittagspause zurück. Es war nicht viel zu tun, ich
hatte gerade begonnen, neue Ware einzuräumen. Da kam die Dame herein
und sah sich um.«
Berns hob die Hand, um sie höflich
zu unterbrechen. »Beschreiben Sie mir die Frau bitte. Größe,
Haarfarbe, Figur und so weiter.«
Sie dachte nach. »Nun,
sie war ziemlich unauffällig. Ich habe einen Blick für
Gesichter, ich merke mir Haarschnitt, Hut, Kleidung, ob Frauen sich
schminken und so weiter. Aber diese Kundin… sehr helles Haar,
glaube ich. Blasse Haut. Schlichte Kleidung in dezenten Farben, an alles
andere würde ich mich erinnern.«
»Leider sind nicht alle
Zeugen so gewissenhaft wie Siey Fräulein -«
»Schirmer, Else
Schirmer«, sagte die junge Frau lächelnd. »Und kommen Sie
mir jetzt nicht mit dem alten Witz, dass mein Name gut zum Beruf passt.«
»Genau das wollte ich
gerade sagen«, grinste Berns. »Die Beschreibung passt übrigens
auf die Dame, in deren Fall wir ermitteln.«
»Hat sie was geklaut?«,
platzte Fräulein Schirmer heraus. »Verzeihung, ist sie etwa
eine Ladendiebin?«
»Nein, keineswegs. Wie
kam sie Ihnen vor - ruhig, nervös, ängstlich?«
»Na ja, eigentlich ganz
normal. Sie schien es etwas eilig zu haben, hat nicht lange ausgewählt.
Die meisten Kundinnen überlegen, ob der Schirm zur Garderobe passt
und so weiter, aber das war ihr anscheinend egal. Sie kam rein, schaute
ins Regal, suchte sich den karierten aus und bezahlte. Das war alles.«
Berns notierte die Angaben.
Viel war es nicht. Er verabschiedete sich freundlich von Fräulein
Schirmer und beschloss eigenmächtig, keine weiteren Geschäfte in
der Müllerstraße abzuklappern. Hier war vermutlich nichts zu
holen.
*
Ein eisiger Wind peitschte
den Regen jetzt wie eine Wand quer über die Kameruner Straße,
die völlig verlassen dalag, und traf Kriminalassistent Stahnke mitten
ins Gesicht, dass ihm das Wasser aus dem Schnauzbart tropfte. Er schlug
den Kragen hoch, zog den Kopf ein und betrat die nunmehr fünfte
Kneipe
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