Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
Vom Netzwerk:
nickte.
    »Dann nehmen wir eine.
     Und eine Tasse Kaffee. Ach ja, und einen von den Schmalzkringeln.«
    Er hatte gehofft, der Junge würde
     auftauen, wenn er erst die Köstlichkeiten sah, doch er schlang alles
     wortlos hinunter und saß dann genauso stumm wie zuvor am Tisch.
    »Du weißt doch,
     welchen Maler ich meine, Paul. Den Mann, der in den Rehbergen gemalt hat.
     In dem Haus mit den großen Fenstern. Und den vielen Bildern.«
     Er fragte sich, ob der Junge ihn nicht verstand
     oder einfach nichts sagen wollte.
    Seufzend griff er nach seiner
     Aktentasche, holte eine Mappe hervor und schob Paul die Zeichnung hin.
    »Erkennst du den?«
    Der Junge biss sich auf die
     Lippen und schaute hilfesuchend zum Fenster, als könnte ihn jemand
     dort draußen vor diesem Gespräch retten.
    »Diese Zeichnung stammt
     von Arnold Wegner. Er hat sie ›Paul‹ genannt. Der Junge
     darauf sieht aus wie du. Dein Vorname steht hinten drauf. Und du willst
     mir sagen, du hast ihn nicht gekannt?«
    »Ich muss nach Hause,
     meiner Mutter helfen. Sonst wird sie böse«, sagte er
     ausweichend.
    Eigentlich hätte Leo
     auch noch seine Fingerabdrücke nehmen müssen, entschied aber,
     dass es keinen Sinn hatte, den Jungen gleich bei der ersten Befragung
     einzuschüchtern. Er steckte die Zeichnung wieder ein, bezahlte an der
     Theke und legte Paul vor der Tür der Konditorei wie beiläufig
     die Hand auf die Schulter. »Kannst du lesen?«
    Kopfschütteln.
    »Wenn dir etwas einfällt,
     das du mir sagen möchtest, gehst du zu Herrn Oster. Er kann dir
     helfen, mich zu erreichen, verstanden?«
    Der Junge nickte kaum
     merklich, zog die Jacke enger um den mageren Körper und stapfte davon
     in Richtung Togostraße.
    *
    Leider war Thea Pabst nicht
     zu Hause, doch der schillernde Herr Castorff erwies sich als umso gesprächiger.
     Er bot Robert Walther einen Kaffee an - echten Bohnenkaffee, keine
     Zichorienbrühe - und stellte Milch und Zucker dazu. Dann setzte er
     sich mit übereinandergeschlagenen Beinen hin und ließ einen
     chinesischen Seidenpantoffel neckisch vom Fuß baumeln. Walther zwang sich, nicht
     hinzustarren, und konzentrierte sich auf den Grund seines Kommens.
    »Wissen Sie von dem
     Porträt, das Arnold Wegner von Fräulein Pabst gemalt hat?«
    Castorff schaute ihn unter
     langen, seidigen Wimpern an. »Natürlich, sie hat von nichts
     anderem gesprochen. Ich möchte übrigens gar nicht verhehlen,
     dass die ganze Sache eine ausgezeichnete Werbung für uns ist, da sie
     sein letztes Modell war. Ich selbst ziehe ja Fotografien vor, sie haben so
     etwas Direktes, geradezu Unbarmherziges, aber Thea war von diesem Gemälde
     einfach hingerissen. Und nun ist sie in Sorge, dass es der Witwe in die Hände
     fallen könnte.«
    Walther hob die Hand, um den
     Redefluss des Tänzers zu unterbrechen. »Mir geht es um
     Folgendes: Als ich letztes Mal hier war, fragte Fräulein Pabst, ob
     sie das Porträt käuflich erwerben könne. Ich schlug vor,
     mit dem Nachlassverwalter darüber zu sprechen. Nun liegt uns die
     Aussage einer Zeugin, einer Nachbarin der Wegners, vor, nach der das
     Ehepaar vor kurzem wegen des Porträts gestritten hat. Nelly Wegner
     warf ihrem Mann vor, er wolle das Bild verschenken, statt Geld damit zu
     verdienen.«
    Stephan Castorff zog überrascht
     die Augenbrauen hoch. »Das wäre mir neu. Von einem Geschenk hat
     Thea nie gesprochen. Vielleicht war sie so gut im Bett, dass Wegner ihr
     das Bild spontan verehren wollte. Auch Männer können impulsiv
     sein.« Er schaute Walter durchdringend an.
    Dieser räusperte sich
     verlegen. »Ohne dass sie davon wusste?«
    »Mir gegenüber hat
     sie jedenfalls nichts erwähnt. Er war wohl kein Mann, der Frauen mit
     Geschenken lockte, sondern mit seiner fesselnden Persönlichkeit.
     Attraktiv war er ja nicht gerade, aber ich bin ihm auch nie nahe genug
     gekommen, um seiner Verlockung zu verfallen.« Er stellte geziert die
     Tasse ab.
    Walther beschloss, die Geschwätzigkeit
     seines Gegenübers auszunutzen. »Sie kennen Ihre
     Tanzpartnerin doch recht genau. Würden Sie sagen, die Beziehung sei
     ernst gewesen?«
    »Ja und nein. Ich
     glaube nicht, dass Thea an eine Ehe gedacht hat, das wäre ihr zu bürgerlich.
     Aber er schien doch mehr für sie zu sein als eine bloße
     Bettgeschichte, so kam es mir jedenfalls vor. Noch nie hat sie von einem
     Mann so viel gesprochen wie von diesem Wegner, und sie war aufrichtig
     traurig über seinen Tod. Sie hat tatsächlich

Weitere Kostenlose Bücher