Tod in Bordeaux
endgültig fertig!»
Das Zuschlagen der Wohnungstür hörte Martin nicht mehr, die Ohnmacht hatte ihn endlich von allem befreit.
Kapitel 11
«Ich habe deinen Kommissar gefunden», sagte Charlotte.
«Meinen Kommissar?» Martin drückte überrascht den Telefonhörer fester ans Ohr und zuckte sofort zurück. Jede Berührung der rechten Gesichtshälfte war grauenhaft, letzte Nacht war er aufgewacht, als er sich aus Versehen auf die falsche Seite gedreht hatte. Er hielt den Hörer ans andere Ohr. «Du hast Grivot gefunden? Das ist ja wunderbar. Und wo?»
«Na, in Bordeaux natürlich. Er ist tatsächlich bei der Kriminalpolizei, wie wir, äh ... wie du vermutet hast.»
Das war seit Tagen der erste Lichtblick, gleich in doppelter Hinsicht. Martin fühlte sich schlagartig besser und lehnte sich zurück. «Das ist ja wunderbar», wiederholte er aus vollem Herzen, aber es klang trotzdem gepresst, denn er konnte noch nicht richtig sprechen, der Kiefer tat höllisch weh, und die Unterlippe war dick geschwollen. Am meisten freute er sich jedoch, Charlottes Stimme zu hören. An den komischen Kommissar hatte er in den letzten Tagen oft gedacht, besonders als er versucht hatte, einem deutschen Kriminalbeamten den Grund für den Überfall zu erklären.
Die Version von einem Unfall hatte nicht einmal der Arzt im Krankenhaus geglaubt, der die Kopfwunde genäht und ihn verpflastert hatte. Mit der Wahrheit war er bei der Polizei auf taube Ohren gestoßen. Gefälschter Bordeaux, französische Gangster und verschwundene Unterlagen, das alles klang dem vernehmenden Beamten zu weit hergeholt, und als Martin mit dem Geruchsprofil eines der Männer begonnen hatte, hatte ihn der Uniformierte spöttisch gefragt, wie viel er getrunken habe. Für ihn war Martin Opfer eines Raubüberfalls geworden. Das hielt sich im Rahmen des Normalen, machte, außer ein Protokoll zu tippen, keine Arbeit, und sollten es wirklich Franzosen gewesen sein, so waren die längst außer Landes.
Charlotte redete weiter, aber Martin hörte nicht wirklich zu. Grivot arbeitete also tatsächlich für die Polizei. Besser so, denn jetzt konnte er die Sache in Gang bringen. Aber sofort machten sich Zweifel in ihm breit. Die Schmerzen zermürbten ihn, zumal er tagsüber auf Tabletten verzichtete, denn sie wirkten wie eine Milchglasscheibe zwischen sich und der Welt. Auf dem rechten Ohr hörte er kaum etwas, konnte nichts essen, humpelte seit dem Überfall und fühlte sich permanent verfolgt. Hinzu kam die Angst. Was, wenn der Kommissar ihm nicht glaubte? Wenn er nicht davon zu überzeugen war, dass Gaston ermordet worden war und dass Garenne dahinter steckte?
«Hörst du überhaupt zu?»
«O ja.» Charlottes Stimme war angenehm, sogar am Telefon. «Nein, ja doch, ich höre zu, ich habe nur überlegt, wie es weitergeht. Wie hast du Grivot gefunden?», fragte er, nur, um etwas zu sagen und das Gespräch in Gang zu halten.
«Habe ich dir gerade erklärt. Es war Amtshilfe. Ich habe vom Ministerium aus in meiner Funktion als Staatssekretärin angerufen, da stehen unsere Behörden stramm. In gewisser Weise sind wir Kollegen, Grivot und ich. Meine Sekretärin hat in Bordeaux nach ihm verlangt, und ich hatte ihn gleich darauf an der Strippe. Als du angerufen hast, war die Polizei mitten im Umzug, von St. Seurim ins neue Präsidium an der Rue Géneral de Larminat. Er stand nicht auf der neuen Telefonliste. Grivot ist erst im August nach Bordeaux versetzt worden, vorher war er hier in Paris. Weshalb er versetzt wurde, habe ich nicht erfahren, jedenfalls war er nicht sonderlich beliebt, ungeheuer akkurat und pingelig, so wie ich seinen ehemaligen Chef verstanden habe.»
«Mit dem hast du auch gesprochen?», wunderte sich Martin. Diese Frau war unglaublich agil - vielleicht ein bisschen zu sehr?
«Natürlich», fuhr Charlotte fort. «Er ist froh, dass er Grivot los ist. Anscheinend hat er allen das Leben schwer gemacht.»
«Weißt du, weshalb er mich nicht angerufen hat?»
«Oh, Martin, frag ihn das selbst. Ich habe nur kurz mit ihm telefoniert und ihm ausgerichtet, dass du ihn sprechen willst. Nimm dir was zu schreiben.» Charlotte diktierte ihm Grivots Telefonnummer.
«Ich rufe ihn morgen an, hier ist eine Menge passiert.»
«Hier, was heißt das? Hat es mit Gaston zu tun ... oder mit deiner Freundin?»
«... meiner Ex-Freundin, bitte!», korrigierte Martin bewusst, um klarzumachen, dass er mit Petra nichts mehr zu tun hatte.
«Nein, mit Petra hat es nichts zu tun, oder
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