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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Idioten anzulegen. Ein Feind mehr. Dabei reichten ihm schon die anderen. Wer stand eigentlich auf seiner Seite?
    Sicher war es dumm gewesen, was er über Charlotte gesagt hatte, aber er hatte das Gefühl, dass ihm alles aus den Händen glitt, dass er nichts mehr selbst entschied. Was würden Garenne und Fleury als Nächstes unternehmen? Brachte er Caroline und die Kinder in Gefahr? Jacques kam ihm in den Sinn, möglicherweise konnte er weiterhelfen. Er brauchte so etwas wie einen Sicherheitsdienst, Leute, die Caroline und die Kinder im Auge behalten würden. Klüsters wäre der richtige Mann, aber der passte bereits auf den Laden und Frau Schnor auf. Mit diesem Gedanken schlief Martin ein.
    Irgendwann in der Nacht wachte er frierend auf und merkte, dass er angezogen eingeschlafen war. Schlaftrunken schloss er das Fenster, zog sich aus und kroch unter die Decke. Er schlief unruhig, träumte wirres Zeug, er war mit Garenne in der Garage und füllte Wein ab, Fleury lief mit einem großen Koffer herum, in dem bunte Putzlappen waren, und Gauguin spielte auf dem Cello in seinem Wohnzimmer ein Rondo.
    Am Morgen fühlte Martin sich wie gerädert. Er zog seine Joggingsachen und die Laufschuhe an und trabte los. Statt der üblichen zehn schaffte er diesmal nur fünf Kilometer, und das war schon viel bei den Schmerzen im Bein. Caroline war noch nicht von der Schule zurück, wohin sie die Kinder jeden Morgen brachte. Also verzichtete er aufs Frühstück und ging in die Garage.
    In den Gärtanks herrschte Ruhe. Der Zucker war in Alkohol verwandelt, die Gärung beendet, aber die Standzeit auf der Maische noch längst nicht. Im letzten Jahr hatten sie den Wein 27 Tage draufgelassen. Jetzt waren erst zweieinhalb Wochen um. Die Beerenhäute hatten ihren Extrakt, den Farbstoff und ihr Tannin noch nicht gänzlich an den Wein abgegeben. Martin zog aus jedem der drei Gärbehälter ein Glas ab, stellte es auf ein Regal und analysierte Farbe, Duft und Geschmack.
    Der Wein war durchgegoren, Restzucker so gut wie nicht vorhanden, Extrakt und Farbe schon jetzt großartig. Die Mühe, die Gaston sich mit den Rebstöcken und dem Boden gemacht hatte, hatte sich gelohnt. «Der Wein entsteht im Weinberg und nicht im Keller», war Gastons Motto gewesen, und danach hatte er gehandelt. Winterschnitt, Sommerschnitt, die so genannte grüne Ernte, bei der er überflüssige Trauben entfernt hatte, danach die Verbesserung des Lesegutes - jede faule oder matschige Beere zog Vögel an -, natürliche Düngung, Begrünung der Rebzeilen, Blattschnitt für eine bessere Durchlüftung gegen Pilzbefall - Martin sah die Arbeitsschritte vor sich, die er bislang nie zusammenhängend hatte verfolgen können, immer nur in Fragmenten, wenn er zu Besuch gekommen war. Es wäre schön, das ganze Jahr über diesen Weingarten zu erleben, in ihm zu leben, auch im Winter, wenn die Erde ruhte.
    Martin lauschte dem leisen Brummen des Kühlaggregats. In den drei glänzenden Edelstahltanks entwickelte sich ein kräftiger, saftiger und gleichzeitig sanfter Wein, körperreich würde er werden, voluminös geradezu, und er hatte schon jetzt den schönen merlot-typischen Duft nach reifen Kirschen.

Kapitel 13
    Martin verband den ersten der drei Gärbottiche durch einen Schlauch mit der Pumpe, die unten am Tank den Wein abzog und ihn oben über den Tresterhut verteilte. Er stellte eine Leiter an den Tank, kletterte die wenigen Sprossen hinauf, um das Schlauchende oben anzuflanschen, als ihn im Nacken ein Windhauch traf. Es war, als würde ihn jemand von hinten antippen, ihn auf etwas aufmerksam machen wollen. Wie versteinert blieb er stehen und lauschte, die Sinne bis zum Äußersten gespannt. Langsam drehte er den Kopf zur Seite und sah aus den Augenwinkeln, wie sich der schmale Streifen Licht, der durch die Tür der Garage fiel, verbreiterte. Lautlos stieg er die Sprossen wieder hinunter, ließ das Schlauchende geräuschlos zu Boden gleiten und sah sich nach einer Waffe um. Dieses Mal würde er kämpfen. In Reichweite war nur das Paddel aus Edelstahl, mit dem der Trester gelockert wurde. Das musste genügen.
    Mit angehaltenem Atem zwängte er sich zwischen die Gärtanks und wartete. Der durch die Morgensonne in die Länge gezogene Schatten eines Mannes erschien im Türrahmen. An der Bewegung des Kopfes konnte er erkennen, dass der unbekannte Besucher sich vorsichtig umsah. Martin hob das Paddel langsam über den Kopf - und sprang mit einem Satz mitten in den Raum.
    «Nein!», schrie

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