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Tod in Bordeaux

Tod in Bordeaux

Titel: Tod in Bordeaux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Rückfahrt habe ich nicht mehr mit ihr gesprochen, einen Tag später geschah dann der Überfall, Dienstag war das, vor einer Woche. Einen würde ich wieder erkennen, am Geruch. Sie verstehen das, die Polizisten allerdings haben gelacht und gemeint, ich sei betrunken.»
    «Klingt tatsächlich komisch. Wer benutzt heutzutage seine Nase?»
    «Kaum jemand, die Nervenzellen hat der Fortschritt verklebt. Dabei schmecken wir mit der Nase. Ich habe das als Kind durch Zufall gemerkt.» Martin befestigte den Schlauch oben am Tank, und Monsieur Jérômes schaltete die Pumpe ein, nachdem Martin den Tresterhut aufgebrochen hatte.
    «Ich hatte Grippe und Schnupfen. Wenn ich bittere Medizin nehmen musste, habe ich mir einfach die Nase zugehalten und hinterher Wasser getrunken, dann habe ich nichts davon geschmeckt. Ach, noch was zu den Schlägern: Sie haben mich gewarnt, ich soll mich von Bordeaux fern halten, andernfalls würde es schlimm ausgehen. Und nachdem mein Freund in Hamburg rausgefunden hat, dass der Moulin de la Vaux oder der gefälschte Haut-Bourton nach Singapur und London verschifft wird, kam noch ein Anruf. Dieses Mal von dem Geschäftsführer von Château Clairmont, dem Korsen, von dem habe ich Ihnen schon erzählt.»
    «Wieso hat er Sie bedroht?»
    «Irgendetwas muss schief gelaufen sein, in Hamburg. Anscheinend haben sie mitbekommen, dass jemand nachgefragt hat. Der Korse hat gesagt, ich hätte mich nicht an die Abmachung gehalten. Also muss er von dem Überfall auf mich gewusst haben. Damit ist für mich klar, dass Garenne dahinter steckt. Nur beweisen kann ich nichts! Und hier ist nichts passiert? Ich habe überlegt, Caroline und die Kinder wegzubringen.»
    «Sie wird nicht gehen, denn hier war alles ruhig, bis auf das Intermezzo mit den Leuten vorn an der Straße und mit ihrer Mutter. Erst als diese entsetzliche Person weg war, konnte ich sie umstimmen. Da hat es mich nicht mehr viel Mühe gekostet. Die Hauptarbeit hat Charlotte geleistet, sie kann jeden an die Wand reden. Das muss man wohl in ihrem Beruf.»
    «Das ist mir in Paris klar geworden.»
    «Ach ja, sie sprach davon, dass Sie kommen würden. Sie waren vorgestern da, nicht wahr?»
    «Ja, es war sehr nett, zuerst. Wir waren essen, Charlotte hatte einen Tisch im L’Arpège bestellt, ein unverschämt teurer Laden.» Martin war die Erinnerung daran ziemlich unangenehm. Er hatte sich dumm benommen, dabei hatte er sich so auf die Möglichkeit gefreut, sie besser kennen zu lernen, sie anzuschauen und sie zu riechen. Er empfand ihre Anwesenheit als wohltuend. Gleichzeitig provozierte ihr Verhalten ihn, ihre Bestimmtheit, die Art, mit der sie Widerspruch geradezu herausforderte. Manchmal änderte sie mitten im Gespräch ihre Position oder verstand es, mit vielen Worten nichts zu sagen. Trotz der Vorfreude und des ausgefallenen Menüs hatte der Abend in einem Desaster geendet.
    Charlotte hatte von ihrer Arbeit erzählt, über scheinheilige Kollegen gesprochen und wie der Job sie zu gefühllosen, überheblichen Wesen machte, zu reinen Plappermaschinen, die sich ausschließlich in den eigenen Kreisen bewegten. Martin empfand ihr Urteil als von oben herab, als gehöre sie selbst nicht dazu, als sei sie selbst nicht Teil des Apparates. Und als er sie gefragt hatte, wie sich das alles auf sie auswirken würde, hatte Charlotte sich in ihrer Kritik missverstanden und angeklagt gefühlt und war wütend geworden. Am meisten jedoch hatte ihn verwundert, wie emotional und töricht sie beide argumentiert hatten. Zuletzt hatten sie sich richtig gezankt, und obwohl Charlotte anfangs angedeutet hatte, dass ihre Wohnung über ein Gästezimmer verfügte, war später keine Rede mehr davon. Glücklicherweise hatte sich der Streit nicht so weit zugespitzt, dass die Chancen für ein Wiedersehen auf null standen. Wieso brachte diese Frau ihn so in Rage? Er konnte doch auch Petra an sich abperlen lassen. Wie üblich, wenn er in Paris übernachtete, war er im Saint-Louis abgestiegen, einem moderaten Hotel auf einer der Seine-Inseln. Er war noch zwei Stunden lang durch die nächtliche Stadt geschlendert, die unglaublich lebendig wirkte -ganz anders als die abgestorbenen deutschen Großstädte.
    «Was haben Sie für einen Eindruck von Charlotte?», riss Monsieur Jérômes Martin aus seinen Gedanken. «Ich mache mir Sorgen. Es geht ihr nicht gut in letzter Zeit, sie scheint ziemlich durcheinander.»
    Sicher glaubt er das auch von mir, dachte Martin und schnüffelte verlegen an einer

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