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Tod in den Anden

Tod in den Anden

Titel: Tod in den Anden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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miteinander zu tanzen. Seine Faxen und sein weibisches Getue irritierten Lituma, und wenn der Wirt mit seiner Vorstellung begann, pflegte er zu gehen. Sie verabschiedeten sich von Doña Adriana, die an der Theke bediente. Sie machte eine übertriebene, leicht sarkastische Verbeugung in ihre Richtung. Sie hatte gerade Radio Junín eingestellt, und man hörte einen Bolero, den Lituma erkannte: Kleiner Mondstrahl. Er hatte einenFilm mit diesem Titel gesehen, in dem eine langbeinige Blondine tanzte: Ninón Sevilla. Draußen hatte man soeben den Generator angeschaltet, der den Baracken das Licht lieferte. Ein paar Gestalten in Jacken oder Ponchos gingen in der Umgebung hin und her und erwiderten mit einem Brummen oder einer Neigung des Kopfes den Gruß der Polizisten. Lituma und Carreño bedeckten Mund und Nase mit den Schals und drückten sich die Käppis tief in die Stirn, damit der Wind sie ihnen nicht vom Kopf riß. Er wehte mit düsterem Pfeifen, das in den Bergen widerhallte, und sie liefen halb nach vorne geneigt, mit gesenkten Köpfen. Plötzlich blieb Lituma stehen:
    »Mir drehn sich die Eingeweide um, verdammte Scheiße!« brach es aus ihm heraus.
    »Weshalb denn, Herr Korporal?«
    »Weil sie den armen Stummen gefoltert haben, in Pampa Galeras.« Er suchte mit dem Licht der Taschenlampe das Gesicht seines Amtshelfers. »Macht dir diese Brutalität keine Gewissensbisse?«
    »In den ersten Tagen hatte ich große Gewissensbisse«, sagte Carreño kleinlaut. »Warum, glauben Sie, habe ich ihn mit nach Naccos gebracht? Hier ist mein schlechtes Gewissen allmählich wieder rein geworden. Hatte ich vielleicht schuld an dem, was passiert ist? Und wir haben ihn hier gut behandelt, wir haben ihm Essen und ein Dach überm Kopf gegeben, nicht wahr, Herr Korporal? Vielleicht hat er mir verziehen. Vielleicht hat er begriffen, daß sie ihn längst umgelegthätten, wenn er oben in der Puna geblieben wäre.«
    »Um die Wahrheit zu sagen, mir ist es lieber, wenn du mir deine Abenteuer mit Mercedes erzählst, Tomasito. Die Geschichte mit dem kleinen Stummen hat mich völlig fertig gemacht.«
    »Ich wär sie ja auch gern los, können Sie mir glauben.« »Was habe ich in Naccos nicht alles zu hören bekommen«, murrte Lituma vor sich hin. »Gendarm in Piura und in Talara sein war ein Kinderspiel. Das Hochland ist die Hölle, Tomasito. Das wundert mich nicht, bei den vielen Indios.«
    »Warum hassen Sie die Indios so, darf man das wissen?«
    Sie hatten begonnen, die Steigung zum Gendarmerieposten zu erklimmen, und da sie nach vorne geneigt laufen mußten, nahmen sie die Gewehre von der Schulter und trugen sie in der Hand. Je mehr sie sich vom Lager entfernten, um so weiter versanken sie in der Dunkelheit.
    »Na ja, du bist ein Indio und dich hasse ich nicht. Du bist mir sogar höchst sympathisch.«
    »Danke, was mich betrifft«, sagte der Gendarm lachend. Und einen Augenblick später: »Glauben Sie nicht, daß die Leute vom Lager kühl zu Ihnen sind, weil Sie von der Küste stammen. Es ist, weil Sie Polizist sind. Auch zu mir halten sie Distanz, obwohl ich aus Cusco komme. Sie haben nichts übrig für Uniformierte. Sie haben Angst, daß die Terroristen sie alsSpitzel hinrichten, wenn sie sich mit uns zusammentun.«
    »In Wahrheit muß man nicht ganz bei Verstand sein, um Gendarm zu werden«, grummelte Lituma. »Du verdienst einen Hungerlohn, keiner kann dich ausstehen, und du hältst den Kopf hin, damit man dich in die Luft sprengen kann.«
    »Das kommt daher, daß einige die Uniform mißbrauchen, und das fällt auf uns alle zurück.«
    »In Naccos gibt es nicht mal Gelegenheit, die Uniform zu mißbrauchen«, sagte Lituma. »Armer Pedrito Tinoco, verdammt. Und in der Woche, in der er verschwunden ist, hatten wir ihm noch nicht sein Taschengeld gegeben.«
    Er blieb stehen, um nach einer Zigarette zu fingern. Er bot seinem Amtshelfer eine an. Um sie anzuzünden, mußten sie mit ihren Körpern und ihren Käppis einen Hohlraum bilden, denn der starke Wind löschte die Streichhölzer. Er wehte und heulte wie eine Herde hungriger Wölfe. Die Polizisten nahmen ihren Weg langsam wieder auf, wobei sie die rutschigen Steine mit der Stiefelspitze prüften, bevor sie den Fuß aufsetzten.
    »Ich bin sicher, daß in der Kantine alle möglichen Schweinereien passieren, wenn wir beide nicht da sind«, sagte Lituma. »Glaubst du nicht?«
    »Es widert mich so an, daß ich deswegen nicht gern hingehe. Aber man würde ja vor Trübsinn sterben, wenn man

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