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Tod in Florenz

Tod in Florenz

Titel: Tod in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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kennen so was sicher – vor ein paar Monaten reichte er zwei Tage Urlaub ein, um sein Pferd in der Prüfung der Vierjährigen in Grosseto reiten zu können, und er hat sie bekommen, kannte eben die richtigen Leute. Sehen Sie …«
    Während er sprach, hatte Niccolini die Plane hochgeschlagen.
    »Dieser Schnitt …«, meinte der Maresciallo stirnrunzelnd.
    »Sieht merkwürdig aus, ich weiß, aber das kommt daher, daß es nach dem Tod passiert ist, wahrscheinlich von einer scharfkantigen Tonscherbe, als sie hier hingeworfen wurde.«
    »Steht es denn, zweifelsfrei fest, daß sie nicht an dieser Stelle gestorben ist?«
    »Absolut. Außerdem hatte sie nichts an, als sie starb, oder jedenfalls nicht alles. Zum Beispiel diese Jeans, die wurden ihr hinterher wieder angezogen, sagt der Arzt.«
    Der Maresciallo blickte wortlos auf das dunkle, geschwollene Gesicht. Ein Hautfetzen hing von der verletzten Wange, und das eine gebrochene Auge stand etwas offen, so daß der Eindruck entstand, es schiele schrecklich. Nur das blonde Haar, obwohl naß und verklebt, ließ noch ahnen, wie das Mädchen zu Lebzeiten ausgesehen haben mochte.
    »Ein grausiger Anblick …«, sagte Niccolini, als könnte er Gedanken lesen. »Wenn Sie sie gekannt hätten …« Er ließ abrupt die Plane fallen. »Ihre Unterwäsche fehlt.«
    Sie wandten sich ab, als die Träger mit der Bahre kamen, und gingen quer über die nasse Wiese zur Fabrik hinüber.
    »Ich will mich mit Moretti unterhalten«, sagte Niccolini, als sie sich dem Gebäude näherten, dessen Rückwand in der Hitze flimmerte. Es war, als müßte das Bullern des Ofens drinnen den gesamten baufälligen Komplex über kurz oder lang noch zum Bersten bringen. »Er hat vor dem Capitano und dem Vertreter des Staatsanwalts eine schlechte Figur gemacht. Selbst wenn er nichts weiß, muß er sich eine andere Masche ausdenken, sonst gibt’s Ärger.«
    »Glauben Sie, daß er wirklich nichts weiß?«
    »Das kann ich jetzt wahrhaftig noch nicht sagen – wobei – das stimmt nicht ganz. Meiner Meinung nach weiß in einem kleinen Ort wie diesem jeder bis zu einem gewissen Grad, was vorgeht. Ich werde trotzdem mit ihm reden.«
    »Ich warte im Wagen auf Sie, wenn Sie allein reingehen wollen«, schlug der Maresciallo vor.
    »Sie sollen doch bei mir bleiben, oder?«
    Und dem Maresciallo blieb nichts anderes übrig, als Niccolini zu folgen, der, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinaufstürmte und in dem Fabrikgebäude verschwand, der Quelle der Hitze und des Lärms entgegen, und jedesmal, wenn er sich verlaufen hatte, murmelte: »Der Ort hat’s in sich.«
    Als sie im Brennraum ankamen, hätte der Maresciallo fast einen Satz rückwärts gemacht, nicht so sehr der ungeheuren Hitze wegen, die ihn wie eine riesige Welle überrollte, als wegen des Ofens, den er schwarz und offen in Erinnerung gehabt hatte und der jetzt, gleichsam zum Leben erwacht, zitterte und röhrte und Flammen spie wie ein wütender Drache. Moretti war nirgends zu sehen, aber der kräftige Mann mit der Wollmütze war da und beugte sich gerade vor, um den Hahn einer Gasleitung zu justieren, die zum Ofen führte. Niccolini tippte ihn auf die Schulter, und er sah sich um, ohne sich aufzurichten. Sein hochrotes Gesicht war naß vor Schweiß, der ihm vom Mützenrand das Gesicht herablief, was den Maresciallo zu der Überlegung veranlaßte, warum er die Mütze dann nicht abnahm.
    »Wo ist er?« bellte Niccolini.
    Der Mann sah zu der hohen, geschwärzten Decke, deutete nach oben, ohne erst den Versuch zu machen, sich durch Worte zu verständigen, und wies mit dem Kopf nach der Tür, die sie nehmen sollten.
    Im nächsten Raum saß ein Mann allein bei der Arbeit und schnitt tiefe Muster in ein rotes Gefäß, das sich langsam zwischen seinen Knien drehte. Auch Hände und Gesicht waren mit der rostroten Farbe beschmiert, und seine Stiefel standen in den ledrigen roten Bändern, die er weggeschnitten hatte, so daß es aussah, als hätte er Wurzeln geschlagen und im Lauf der Jahre die Farbe seiner Umgebung angenommen. Mit ausdruckslosen Augen starrte er ihnen nach, als sie vorbeigingen, ohne den Bewegungsrhythmus zu unterbrechen, unter dem weitere Bänder aus Ton auf den Haufen zu seinen Füßen fielen.
    Niccolini ging vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, aber der Maresciallo begegnete seinen ausdruckslosen Augen und fühlte sich erneut als Eindringling, der für diese Leute gar nicht wirklich existierte. Gern wäre er stehengeblieben,

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