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Tod in Florenz

Tod in Florenz

Titel: Tod in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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dem Capitano unterhalten würde, der wiederum darauf bestehen würde, seinen Maresciallo miteinzubeziehen. Immer dasselbe. Man machte sich doch bloß lächerlich. Und jetzt war der Capitano verärgert. Sein Tonfall wurde um eine Nuance energischer.
    »In dem Fall könnten Sie sich vielleicht im Laufe des Vormittags die Zeit nehmen, zu Niccolini rauszufahren, um gemeinsam alles zu organisieren.« Diesmal war es ein Befehl.
    »Ja, Capitano.«
    Nun, er war auch verärgert. Ihn um Mithilfe von seiner Seite aus zu bitten, war eine Sache, alles völlig in Ordnung, doch er wußte aus Erfahrung, daß der Capitano mehr als das von ihm erwartete. Doch wozu? Diese Leute da draußen mochten keine Außenstehenden. Wenn sie Niccolini nichts sagten, dann ihm doch schon gar nicht.
    Er war immer noch ärgerlich, als er von seinem Gespräch mit Biondini zurückkam und in seine Wohnung ging, um noch eine Tasse Kaffee zu trinken, bevor er losfuhr.
    »Geh rüber, und setz dich ins Wohnzimmer, ich bringe dir den Kaffee.« Seine Frau wischte gerade den Küchenboden, und die Stühle standen umgedreht auf dem Tisch, so daß kein Platz für ihn war.
    Er ging ins Wohnzimmer und lief unglücklich auf und ab, als sei er in einem fremden Haus, wo er nichts zu suchen hatte … also, er würde sich nicht einmischen. Zusammenarbeit von hier aus ja, aber mehr nicht.
    »So, da ist dein Kaffee. Warum setzt du dich nicht einen Augenblick?«
    »Ich habe keine Zeit.« Er nahm die Tasse und trank sie in einem Schluck aus.
    Eigentlich hätte er sich, wenn er es sich recht überlegte, ganz gern fünf Minuten hingesetzt, um ein bißchen Dampf abzulassen, aber in dem Moment holte seine Frau den Staubsauger und fing an, die Möbel herumzuschieben.
    »Könntest du das nicht später machen?«
    »Aber du hast doch gesagt, daß du wegmußt …«
    Das Telefon klingelte.
    »Ist es für mich?«
    »Nein.« Damit stürzte sich seine Frau in eine ihm unverständliche Unterhaltung, offenbar etwas mit der Schule, die seine beiden Söhne besuchten, wahrscheinlich eine andere Mutter. Er hätte gern ein paar Minuten mit ihr gesprochen, nicht daß sie ihm hätte helfen können, nur um es sich von der Seele zu reden. Aber das Telefonat wollte und wollte nicht enden.
    »Nein, nein … Sie haben recht, völlig recht, und wenn wir bis zum nächsten Elternabend warten … Ach, hat sie? Und was haben Sie geantwortet? Nein … nein, das nicht. Also, die Entfernung wäre ja kein Problem, wenn – genau. Genau!«
    Schließlich stieg der Maresciallo über den Staubsauger und stapfte hinaus. Die Tür ließ er offen.
    Auf die Entfernung sah der Hügel aus Tonscherben aus, als dampfe er in dem fahlen Sonnenlicht, das eben den Dunst durchbrach. Männer kraxelten darauf herum, langsam und mühselig, manchmal auf allen vieren. Sie taten sicher ihr Möglichstes, um nichts zu verändern, doch immer wieder kamen die Scherben unter ihnen ins Rutschen, brachten sie aus dem Gleichgewicht, und dann ging eine kleine Tonscherbenlawine an der Seite herunter. Ein Mann in Zivil, zweifellos ein Richter, redete heftig auf Niccolini ein und deutete wiederholt über die naßglänzende Wiese hinter ihnen auf die Stadt, die unter einer Reihe dunkler Zypressen und den schwachen Umrissen der Villa in dichtem Nebel lag, dann wieder auf das baufällige Fabrikgebäude, dessen Schornstein rauchte und qualmte und in der kalten Luft sichtbare Wärmewellen abstrahlte. Der Maresciallo stand ganz still, die Hände tief in den Taschen seines schwarzen Uniformmantels vergraben, und den Augen hinter den dunklen Brillengläsern entging nichts. Er war zu weit entfernt, um etwas von dem zu verstehen, was der Richter sagte, aber kurz darauf hörte er einen Ausruf, und einer der Männer, die auf dem Scherbenhaufen herumkraxelten, hielt etwas in die Höhe. Niccolini und der Richter brachen ihr Gespräch ab und gingen hinüber, um sich den Fund anzusehen. Da wo sie gestanden hatten, entdeckte der Maresciallo jetzt eine verhüllte weiße Gestalt auf dem Boden. Da kam Niccolini auch schon zurück, trat wieder vor die Leiche und blickte andächtig darauf hinunter, wobei er sich mit einer großen Hand übers Gesicht fuhr. Dann sah er auf, entdeckte den Maresciallo und hob grüßend den Arm. Sogleich kam er über die nasse Wiese gestapft, seine Wangen waren gerötet, und seine Augen glänzten im kalten Sonnenlicht.
    »Schönen guten Morgen! Schlimme Sache. Eine rundum schlimme Sache. Also, wir haben Ihr vermißtes Mädchen gefunden. Es

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