Tod in Garmisch
sich nicht sicher, was er
weniger mochte.
»Ihr Sohn behauptet, Vinzenz Schedlbauer ermordet zu
haben. Er verzichtet ausdrücklich auf anwaltliche Unterstützung. Ende der
Geschichte.«
»Wieso wurde ich nicht unterrichtet?«, fragte Allensteiner
senior mühsam beherrscht.
»Dem Augenschein nach ist Ihr Sohn seit gut dreißig
Jahren volljährig. Und bei einem solchen Alter ist die Unterrichtung der Eltern
anlässlich einer Festnahme nicht mehr üblich.«
»Wie reden Sie eigentlich mit mir?« Allensteiner
gestikulierte fahrig, offenbar war er es nicht gewohnt, ohne seinen Stock
aufzutreten.
»Ich weiß nicht, was Sie von mir erwarten, Herr
Allensteiner. Ich bin Polizist. Ich habe einen Toten, ich habe einen
geständigen Mörder, damit bin ich gut bedient.«
Allensteiner starrte ihn an. »Meine Anwälte werden
Ihnen das Fell über die Ohren ziehen, Sie … Sie Lümmel!«
Schwemmer sah mit amüsiertem Blick zur Decke und
erschrak ein wenig, als eine Stimme in seinem Kopf »Hallo« sagte. »Hallo«,
sagte die Stimme, und sie klang sehr wie die seiner Frau: »Hallo, mein Großer,
das war ein toller Auftritt gerade, aber jetzt komm bitte wieder auf den
Teppich.«
Er nickte, ergeben zustimmend.
»Also noch mal von vorn, Herr Allensteiner«, sagte er
ruhig und betont freundlich, doch die selbstgewisse Miene des Alten hätte ihn
beinahe sofort wieder aus der Kurve getragen.
Jetzt glaubt der Sack glatt, ich hätte Angst vor
seinen depperten Anwälten, dachte Schwemmer.
Aber er beherrschte sich. Das würde Burgl was kosten.
»Im Ernst, Herr Allensteiner. Es gibt nichts, was ich
für Sie tun könnte. Schicken Sie Ihrem Sohn Anwälte, so viel Sie wollen,
vielleicht empfängt er sie ja.«
» Ich will mit ihm reden«, sagte Allensteiner.
»Schön.« Schwemmer wählte die Nummer der Wache an.
»Fragts doch bitte mal den Allensteiner, ob er mit
seinem Vater reden möcht … Ja genau, Zelle 3.«
Er hielt den Hörer abwartend ans Ohr und zuckte
entschuldigend die Achseln.
Allensteiner sah ihn ungläubig an. »Sie haben mich
wohl nicht verstanden«, sagte er. »Ich sagte, ich will ihn sprechen !
Nicht dass Sie ihn um Erlaubnis fragen sollen!«
»Na, der mog ned«, sagte der Kollege im Hörer, und
Schwemmer legte mit einem »Danke« auf.
»Ihr Sohn möchte nicht mit Ihnen sprechen. Tut mir
leid.«
Allensteiner rang um Fassung. Seine Hände tasteten
herum auf der Suche nach seinem Stock.
»Diese verfluchte Schedlbauer-Brut«, presste er
hervor. »Eine Natter haben sie mir ins Haus geschmuggelt und mir meinen Sohn
gestohlen! Und die Polizei unterstützt dieses Geschmeiß noch!«
»Jetzt mäßigen Sie sich mal!« Schwemmer stieß
ärgerlich den Stock auf den Boden. Der Effekt war beachtlich, und er verstand,
was Allensteiner daran fand.
Nur Allensteiner war nicht sehr beeindruckt.
»Denen werde ich es heimzahlen! Ihnen allen. Auf
Heller und Pfennig. Ich werde diese böse Frau vernichten. Vernichten werde ich
sie! Ich werde –«
»Jetzt haltns die Goschn!«, brüllte Schwemmer.
Allensteiner brach urplötzlich ab und wischte sich mit
den Fingerspitzen über die Lippen.
»Vinzenz Schedlbauer ist tot, Mirl Schedlbauer liegt
im Krankenhaus, nachdem jemand ihr Auto manipuliert hat, und Sie kommen
hier in mein Büro und stoßen Drohungen gegen sie aus! Wollen Sie, dass ich Sie
zu Ihrem Sohn sperre?«
Allensteiner starrte ihn böse, aber immerhin stumm an.
»Sie haben viel Geld beim ISIS -Fonds angelegt«, sagte Schwemmer.
Allensteiner fing sich wieder. »Woher wissen Sie das?
Was geht Sie das an? Das ist eine legale Geldanlage.«
»Sie haben zweihundertfünfundachtzigtausend Euro in
Mirl Schedlbauers Schneeballfonds gesteckt …«
»Schneeballfonds?« Wenn Allensteiners Überraschung
nicht echt war, dann war sie zumindest sehr gut vorgetäuscht. Er war sogar
blass geworden. »Was soll das heißen: Schneeballfonds?«
»Ich bin auf der Suche nach Motiven für zwei
Verbrechen gegen die Familie Schedlbauer. Und Sie liefern mir brav
gleich beide: Hass auf Ihre zukünftige Schwiegertochter … und eine Menge Geld.«
Allensteiner stand wortlos auf und strich seinen
Mantel glatt. Sein Kopf bewegte sich mit überraschten Bewegungen ruckartig hin
und her, als wache er gerade in einer völlig fremden Umgebung auf.
»Meinen Stock«, sagte er und hielt Schwemmer fordernd
die offene Hand hin, ohne ihn anzusehen.
»Den geb ich Ihnen am Ausgang«, sagte Schwemmer. »Und
bei Ihrem nächsten Besuch lassen Sie ihn bitte zu
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