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Tod in Garmisch

Titel: Tod in Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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sind
Gewebepartikel, die wir trotz allem unter den Fingernagelfragmenten der rechten
Hand sicherstellen konnten. Wenn sie menschlich sind, könnten sie aus einem
Kampf stammen. Die Auswertung läuft. Weitere Fragen?«
    Schwemmer kratzte sich am Kinn. »Im Moment nicht.«
    »Nein, ich glaube, das war’s«, sagte Frau Isenwald.
»Wir werden das aus ermittlungstaktischen Gründen vorerst nicht an die Presse
geben. Da sind etliche Dinge passiert, die nur der Täter wissen kann. Wir
wollen also unsere Trümpfe erst mal im Ärmel lassen.«
    Man verabschiedete sich höflich. Dr. von Pollscheidt
wandte ihnen den Rücken zu und beschäftigte sich sofort wieder mit seinem
aktuellen Lieblingskunden. Als sie an der Tür waren, zupfte Frau Isenwald
Schwemmer am Ärmel. Sie blieb stehen und drehte sich noch einmal um.
    »Eine Frage hab ich doch noch, Herr Doktor«, sagte
sie. »Könnte er auch vergiftet worden sein?«
    Dr. von Pollscheidt straffte sich, bevor er sich zu
ihnen umdrehte.
    »Wenn Sie einen toxikologischen Befund innerhalb von
vierundzwanzig Stunden brauchen, dann wenden Sie sich bitte an die Kollegen vom
›Tatort‹. Die können so was. Bei uns dauert das zehn Tage, Frau
Staatsanwältin Isenwald«, sagte er.
    Frau Isenwald nickte höflich und zog Schwemmer mit aus
der Tür.
    »Wie kommen Sie auf vergiftet?«, fragte Schwemmer.
    Die Staatsanwältin unterdrückte ein Lachen.
    »Ich wollte nur noch mal diesen Spruch hören«, sagte
sie. »Den macht er immer. Ich find das super, wenn der Pollscheidt sich richtig
aufregt.«
    * * *
    Der Kölner nebst Dame war abgereist, die japanische
Familie war früh zu einem Ausflug aufgebrochen, die beiden Amis saßen zufrieden
bei ihrer Quiche Lorraine. Die Proktologin hatte sich krankgemeldet und ihren
Kräutertee aufs Zimmer geordert. Weitere Gäste und auch Herr Kant hatten sich
bisher noch nicht zum Frühstück blicken lassen, so fand Magdalena Zeit, einen
kurzen Blick ins Tagblatt zu werfen, den sie bald bereute.
    »Rätselhafter Leichenfund in der Partnachklamm« war
der Aufmacher des Lokalteils. Sie räusperte sich, um den Kloß im Hals
wegzubekommen. Als sie las, dass der Tote von Schrotkugeln getroffen worden
war, begannen ihre Hände zu zittern, und sie spürte Gänsehaut am ganzen Körper.
    Großvater hatte gesagt, dass der Wilderer in Richtung
Klamm geflüchtet war. Aber was, wenn er abgerutscht war, wenn er auf dem
nassen, aufgeweichten Waldboden den Halt verloren hatte?
    Wenn er in die Klamm gestürzt war?
    Sie versuchte, den Artikel noch einmal in Ruhe
durchzulesen, aber es gelang ihr nicht, den Sinn der Wörter zu erfassen.
Schließlich faltete sie die Zeitung konzentriert zusammen und legte sie wieder
in den Ständer im Frühstücksraum. Die Amis bestellten Kaffee nach, und sie war
froh, etwas zu tun zu haben.
    Herr Kant kam zum Frühstück herunter und begrüßte sie
förmlich. Etliche weitere Gäste erschienen im Frühstücksraum, und Magdalena
hatte das Gefühl, auf Autopilot zu agieren. Ihr Körper bekam seine Kommandos
offenbar aus einer Art Routinespeicher, der auch ein Lächeln auf ihrem Mund
hatte festfrieren lassen. Während sie fehlerfrei ihre Aufgaben erledigte,
kreisten ihre Gedanken abwechselnd um den Toten in der Klamm, ihren Großvater
und ihren Bruder, bis sie das Gefühl hatte, ihr platze der Schädel.
    Herr Kant beobachtete sie mit beiläufiger
Aufmerksamkeit.
    »Ich hoffe, Sie fühlen sich wohl«, sagte er, als sie
ihm seine Rühreier servierte.
    Sie nickte nur und bemerkte, dass er ihr nicht
glaubte. Aber das war ihr egal.
    In den Momenten, in denen nichts zu servieren war,
stand sie mit betäubtem Geist am Empfangstresen und spürte dem Zittern ihres
Körpers nach.
    Bin ich nur überlastet, oder ist das schon ein
Nervenzusammenbruch?, dachte sie. Das »Ping« der Küchenglocke weckte sie aus
dem Stand-by-Modus, und sie setzte sich wieder in Bewegung.
    Wenn alle Gäste ihr Frühstück beendet haben würden,
würde sie still hinter ihrem Empfangstresen sitzen bleiben. Einfach dasitzen,
sich beruhigen, so wenig wie möglich tun. Die Aussicht darauf gab ihr genug
Kraft, die nächste Dreiviertelstunde durchzustehen, bis der Frühstücksraum sich
geleert hatte und nur noch Herr Kant dort saß, der Morgensonne in den Fenstern
den Rücken zuwandte und seine F.A.Z. las.
    Magdalena sah zur Uhr. Eine Aufgabe stand noch aus.
Noch war es nicht so weit, aber bald würde ihre Mutter sich zu ihrer
morgendlichen Brotzeit hinsetzen, zu der sie dann das

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