Tod in Garmisch
freundlich den Kopf. »Ich
fürchte, das würde Ihre finanziellen Möglichkeiten übersteigen, Frau Meixner.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
Herr Kant legte den Kopf ein bisschen schräg. »Wie
geht es Ihrem Bruder?«, fragte er.
»Wastl …« Magdalena errötete. Natürlich! Sie hatte
Kant gestern Abend noch vorgejammert, dass sie keine Ahnung habe, wie sie das
Geld beschaffen könne, das Wastl so dringend benötigte. Und was für ein Berater
Kant auch immer sein mochte: Wenn er billig war, würde er nicht so ein Auto
fahren. Jemand, der nicht für einen Fünfzigtausend-Euro-Kredit gut war, konnte
ihn sich nicht leisten.
»Mein Bruder braucht sowieso was anderes als einen
Berater«, sagte sie leise. »Er steckt wirklich in Schwierigkeiten, glaub ich.«
Kant nickte ernst, dann sah er auf seine Armbanduhr.
»Ich habe leider einige wichtige Dinge zu erledigen«, sagte er. »Unter anderem
muss ich meinen Wagen in Oberammergau abholen. Aber über Ihren Bruder sollten
wir uns noch mal unterhalten.«
»Taxi!«, rief eine Stimme aus dem Foyer.
»Ich komme«, antwortete Kant. Er warf ihr noch ein
ermutigendes Zwinkern zu, dann ging er hinaus.
Magdalena sah ihm nach. Sie mochte und bewunderte die
Art, wie er ging. Die Art, sich entspannt und doch kraftvoll zu bewegen. Die
Art, wie er seine lässigen Maßanzüge trug. Und die sehr feine Art, bedrohlich
zu wirken.
Magdalena war seine Armbanduhr aufgefallen. Es war
keine dieser klobigen Austern, die man heute zu tragen hatte, sondern eine sehr
flache, dezent goldene, die ihren Preis allenfalls ahnen ließ.
Er hat recht, dachte sie. Ich kann ihn mir nicht
leisten. Nicht mal als Berater.
Das Telefon am Empfang läutete, und Magdalena ging zum
Tresen. Sie wusste, wer anrief.
»Lenerl, um Gotts willn, hast die Zeitung glesen?«
»Ja, hab ich, Mutter.«
»Was mach ma denn jetzt?«
»Gar nichts, würde ich sagen. Was können wir schon
tun?«
»Der Maiche hat doch gsagt, der Wilderer hätt no
glebt! Wie kimmt der dann in die Klamm?«
»Mutter, ich hab keine Ahnung …«
»Und dieser varruckte oide Mann …« Reserl brach den
Satz ab, als wage sie nicht, weiterzusprechen.
»Was hat er getan?«, fragte Magdalena.
»Der hat dem Aschenbrenner gsagt, dass er an Wilderer
wohl doch richtig dawischt hätt!«
»Oh nein …« Magdalena rieb sich die Stirn.
»Des erfahrt die Polizei doch«, jammerte ihre Mutter.
»Die holn eam ab.«
»Mutter, hör zu.« Magdalena straffte sich. »Du weißt
von nichts. Hörst du? Egal, wer dich was fragt: Du hast von nichts was gehört!«
»Aber die Aschenbrennerin …«
»Der sagst du, dass der Maiche kaum noch was sieht und
nicht mal mehr unser Scheunentor treffen tät, wenn er wollt. Und wenn sie keine
Ruh gibt, sagst halt, der Großvater sei nicht mehr ganz richtig im Kopf.«
»Weißt, was der Maiche ma verzählt, wenn i des sag?«
»Ja, das weiß ich. Aber das hat jetzt er verbockt.«
»Wennst meinst …« Reserl schluchzte. »I wollt, der
Wastl wär da«, sagte sie leise.
»Der fehlt uns grad noch zum Glück«, entfuhr es
Magdalena.
»Red ned so über dein Bruder!«
»Jaja«, sagte Magdalena. »Pfüati.«
Sie legte auf.
Nachdenklich kaute sie auf der Unterlippe. Großvaters
Gewehr muss weg, dachte sie. Endgültig.
* * *
Schafmann verzog das Gesicht, als Schwemmer beschwingt
in sein Büro trat.
»Was ist los?«, fragte Schwemmer.
»Migräne«, antwortete Schafmann.
Das Büro roch wie ein Kamillenfeld. Schwemmer setzte
sich.
»Arme Sau«, sagte er. »So richtig mit Kotzen und so?«
Schafmann nickte.
»Und was machst du dann hier?«
»Wir haben hier doch wohl einen ungeklärten Todesfall.
Da bleib ich nicht wegen Kopfschmerzen zu Hause«, sagte Schafmann.
»Aber Migräne ist doch was anderes als Kopfschmerzen.«
»Es geht schon. Das Schlimmste ist auch vorbei. Ich
kann schon wieder Flüssigkeit bei mir behalten.« Er wies auf einen Becher.
»Frau Fuchs hat mir einen Kamillentee gemacht … Wie war es in München?«
»Am Ende ging’s. Von Pollscheidt hat seinen Auftritt
genossen. Und die Isenwald ihren auch.«
»Mit der haben wir einen Fang gemacht …« Schafmann
nippte an seinem Tee. »Mit dem Felbermayr wär’s gemütlicher.«
»Sie ist gut«, sagte Schwemmer. »Sie geht mir auf die
Nerven. Aber sie ist gut.«
»Sieht auch gut aus.«
»Na, na«, sagte Schwemmer.
Schafmann versteckte die Nase in seinem Teebecher.
»Scheint ja wirklich besser zu werden mit deiner
Migräne«, sagte Schwemmer,
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