Tod in Garmisch
Kopf. »Manchmal fragt man sich schon, was die eigentlich von uns
glauben …«
»Die glauben, dass jemand mit einem Lötkolben kommt
und eine Fangschaltung einbaut, wenn wir mal eine brauchen. Gucken Sie kein
Fernsehen?«
»Wenn ich gucke, drücken die ein paar Knöpfe,
und dann wissen sie, wo der Anrufer zuletzt auf dem Klo war.«
»Ja, wenn Sie auch nur amerikanische Filme
gucken … Haben Sie die Daten?«
Der Kollege reichte ihm einen Ausdruck. »Ist auch per
Mail an Sie raus«, sagte er.
»Der Mitschnitt auch?«
»Na logisch. Brauchen Sie eine Stimmanalyse?«
»Weiß ich noch nicht. Ich kümmere mich selber drum,
danke.«
Schwemmer nahm das Blatt und ging wieder hinauf in den
ersten Stock. Behutsam klopfte er an Schafmanns Bürotür. Als er glaubte, jemand
habe »Herein« geflüstert, trat er ein. Vor Schafmann stand ein dampfender
Teebecher, und es roch noch mehr nach Kamille als vorhin. Schafmann hatte die
Lehne seines Stuhles nach hinten gestellt und ein gefaltetes Tuch über den
Augen liegen.
»Soll ich später wiederkommen?«, flüsterte Schwemmer.
»Nein, nein. Erzähl«, sagte Schafmann und zog den
Lappen von seinem Gesicht.
Schwemmer setzte sich und sah sich das Datenblatt der
Einsatzleitung an.
»Der Meixner-Bauer war’s, sagt er. Hat ihn erschossen.
Anruf kam von einem Handy, Nummer soundso, angemeldet auf die Firma SIS in Murnau. Kennst du die?«
»Schon mal gehört … aber im Moment …« Schafmann trank
aus seinem Becher und legte sich das Tuch wieder über die Augen.
»Der Anrufer befand sich auf den Koordinaten … ja
Herrschaftszeiten, heiß ich Magellan? Moment …«, murmelte Schwemmer. »Ach, da
steht’s ja. Also, der hat aus Murnau angerufen. Ortsmitte etwa.«
»Schedlbauer Immobilien Service«, sagte Schafmann.
»Was?«
» SIS . Das
heißt Schedlbauer Immobilien Service.«
Schwemmer stöhnte auf. »Anonyme Anschuldigungen gegen
den Meixner Melchior von einem Schedlbauer-Handy. Na servus. Da will wohl
jemand das Kriegsbeil wieder ausgraben.«
»Firmenhandy«, sagte Schafmann unter seinem Tuch
hervor. »Wie viele werden die haben?«
Schwemmer kratzte sich am Kopf. »Ich weiß nicht mal,
wie viele Firmen die haben.«
Schafmann setzte sich auf und legte das Tuch zusammen.
»Es nützt ja nichts«, murmelte er. Dann griff er nach dem Telefon und wählte
eine interne Nummer.
»Füchschen«, sagte er in den Hörer. »Kannst du uns die
Isenwald mal an die Strippe holen? … Danke.«
»Füchschen …? Was war das denn?«, fragte Schwemmer.
»Letzte Woche hat sie zu ihrem Geburtstag ein paar
Flaschen Prosecco mitgebracht. Und nach Dienstschluss gab’s ‘nen kleinen
Umtrunk.«
»Als ich bei der KPI war?«, fragte Schwemmer. »Kaum bin ich mal aus dem Haus …«
»War halb so wild. Nur Brüderschaft haben wir halt
getrunken.«
»Brüderschaft? Füchschen …« Schwemmer sah ihn
misstrauisch an. »Und wie nennt sie dich ?«
Zur Antwort zuckte Schafmann nur die Achseln, und
Schwemmer konnte zum zweiten Mal heute sein Lachen nicht unterdrücken.
»Ist ja gut …«, maulte Schafmann.
Das Telefon klingelte, und er meldete sich. »Okay,
stell durch«, sagte er. »Schafmann, grüß Gott, Frau Isenwald, schön, dass wir
Sie so schnell erreichen konnten. Wir haben einen anony–« Er wurde
unterbrochen. »Mein Magen«, sagte er dann, »ist viel besser heute … Ja … Leider
nein … Migräne …« Er sah Schwemmer hilfesuchend an. »Das habe ich versucht, das
hilft gar nicht … Nein … Da haben Sie recht …« Schafmann schloss die
Augen und rieb sich die Stirn. »Ja … Nein … Das werde ich tun … Bitte? Warum
ich Sie ange–? Ach so …« Er straffte sich auf seinem Stuhl und berichtete von
dem anonymen Anruf. »Wir brauchen die Verbindungsdaten des Handys, die
laufenden und die der letzten drei Monate, würde ich sagen … Ja, Peilung auch.
Danke … Danke … Ja, werde ich tun … Kamillentee … Ja … Pfüat Eane, Frau
Staatsanwältin.«
Erschöpft legte er auf.
»Ich hätte doch auch mit ihr sprechen können«, sagte Schwemmer.
»Danke«, flüsterte Schafmann. »Das nächste Mal gerne.«
»Was machen wir mit dem Anruf?«, fragte Schwemmer mehr
sich selbst als den Kollegen. »Nachgehen müssen wir der Sache schon.«
»Als ob der Meixner-Bauer mit Sauposten auf tote Leut
schießen tät …«, sagte Schafmann.
»Ich glaub’s ja auch nicht. Aber immerhin wurde der
Tote mehrfach getroffen. Auch von kleinem Kaliber. Und der Anruf ist im
Protokoll, also
Weitere Kostenlose Bücher