Tod in Garmisch
Fahrrad gestürzt und
hatte sich beide Knie aufgeschlagen. In der Ferienwohnung war das Klo
verstopft.
Nichts Besonderes also.
»Klappt das mit dem Eishockey nachher?«, fragte
Bärbel.
»Ja. Wenn nicht wieder einer in die Klamm geschmissen
wird.«
»Die Keppeler Kati hat mich gefragt, ob du sie
mitnehmen und in Benediktbeuern absetzen kannst.«
Schafmann verzog das Gesicht. »Muss ich sie da auch
wieder abholen?«, fragte er.
»Gesagt hat die Kati nix, aber annehmen tät ich’s
schon«, sagte Bärbel.
Was soll’s, dachte er. Würde er eben über
Benediktbeuern fahren. Die zehn Minuten machten den Kohl auch nicht fett.
»Is scho recht«, sagte er.
Bärbel sagte: »Dank dir«, dann legte sie auf.
Er wollte gerade in seinen Wagen steigen, als eine
schwerfällig wirkende Frau von Mitte, vielleicht Anfang fünfzig auf einem
beladenen Damenrad in die Einfahrt rollte. Sie stieg mit steifen Bewegungen ab,
lehnte das Rad an die Hauswand und lud drei Einkaufstaschen aus dem Korb.
»Verzeihung!«, rief Schafmann über die Straße. Die
Frau sah ihn misstrauisch an. Schafmann ging zu ihr hinüber und stellte sich
vor.
»Ich würde gern mit Frau Rosemarie Schedlbauer sprechen.
Können Sie mir sagen, wo ich sie finde?«
»Mirl ist in München. Den ganzen Tag.« Die Frau
musterte Schafmann eingehend, und er hatte den Eindruck, dass das bereits einen
großen Teil ihres Intellekts forderte. Sie wirkte ein bisschen verdruckst auf
Schafmann, aber trotzdem freundlich.
»Wann kommt sie wieder?«
Die Frau zuckte die Achseln. »Weiß ich nicht.«
»Ich hab nur ein paar Fragen. Sind Sie die Zugeherin?«
»Nein. Ich wohn hier.«
»Dann gehören Sie zur Familie?«
»Ich arbeite bei den Schedlbauers. Schon immer.«
»Immer?«
»Über dreißig Jahre … pass auf Fonsi auf und alles.«
Schafmann nahm eine Visitenkarte aus der Brieftasche.
»Könnten Sie die der Frau Schedlbauer geben, Frau …?«
»Schimunek, Inge Schimunek. Wenn sie kommt, geb ich
sie ihr.« Sie nahm die Karte, sah sie an und hatte offensichtlich keine Ahnung,
was sie damit machen sollte. Schließlich steckte sie sie in eine der
Einkaufstaschen. »Ich muss rein«, sagte sie und wies auf die Tür.
»Dann gehen Sie nur, Frau Schimunek. Frau Schedlbauer
möchte mich bitte anrufen. Vielen Dank und servus«, sagte Schafmann. Er ging zu
seinem Wagen und ertappte sich dabei, ein Lied zu summen.
* * *
Schwemmer saß bei einer Halben und einer
Schinkenbrotzeit und dachte schlecht gelaunt über den Auftritt der beiden Alten
auf dem Meixner-Hof nach. Die Furnierholzeinrichtung der Gaststube verbesserte
seine Laune auch nicht.
Hatte der Meixner-Bauer wirklich etwas zu verbergen,
oder war er einfach nur stur?
Dass der Meixner Maiche kein Freund der Polizei war,
wusste Schwemmer. Irgendwann in den Fünfzigern hatte er mal ein paar Tage
gesessen, nachdem eine Schlägerei mit einem der Schedlbauers für den im
Hospital geendet hatte. Trotzdem hatte sein Kontrahent sich damals geweigert,
gegen ihn auszusagen. Eine Art Ehrgefühl, das über die Jahrzehnte etwas
gelitten hatte, wie der anonyme Anruf von dem Schedlbauer-Handy zeigte.
Schwemmer sah sich im Gastraum um. Er war allein, die
Bedienung war in der Küche. Deshalb erlaubte er sich ausnahmsweise einen Anruf
mit dem Handy.
Diesmal ging Burgl tatsächlich dran. Er freute sich
über ihre Freude über seinen Anruf. Sie kündigte eine klare Ochsenschwanzsuppe
und Nudelfleckerln für den Abend an. Schwemmer durfte noch wählen, ob es sie
mit Schwarzwurzeln, Spitzkohl oder Rettich und Trüffeln geben sollte. Trüffeln
müsste allerdings er mitbringen.
Schwemmer entschied sich für Spitzkohl.
»Und was für Wein?«, fragte Burgl.
»Tegernseer Spezial Spätlese«, antwortete Schwemmer.
»Davon ist noch ein Tragerl im Keller.«
»Dann nehm ich den Riesling für die Suppe«, sagte
Burgl.
»Auf keinen Fall«, sagte Schwemmer in Erinnerung an
den Betrag, den der Krois Ferdl ihm für die beiden Flaschen abgeknöpft hatte.
»Aber deshalb ruf ich gar nicht an. Du erinnerst dich doch bestimmt an den
Knecht vom Meixner-Hof, den Rossmeisl Hias.«
»Den Hias … ja. Warum?«
»Wo kam der her damals?«
»Da müsst ich schon die Mutter fragen«, sagte Burgl.
»Ich war ja noch ein Kind damals. Wir hatten immer Angst vor ihm, oben auf dem
Hof. Obwohl er uns nie irgendwas getan hat. Aber er war uns unheimlich. Was ist
mit ihm?«
»Ich hab ihn heute kennengelernt. Er ist immer noch
unheimlich.«
»Den Hias kennengelernt?
Weitere Kostenlose Bücher