Tod in Garmisch
Aber Schwemmer schien davon
nichts mitzubekommen, er kritzelte etwas auf seinen Notizblock, riss das Blatt
ab und steckte es in die Jackentasche.
»In den Anden …«, sagte er dann und schien dabei mit
sich selbst zu sprechen. »Da hat er bestimmt seinen Gleitschirm dabei. Als ich
ihn damals kennenlernte, dachte ich noch, dass er bestimmt Vorteile beim
Fliegen hat, mit seiner Statur. Er ist ja eher ein bisschen schmächtig.«
»Ah, er fliegt ja kaum no«, sagte Mirl abfällig. »Hat
ja nur no sei Musi im Kopf. Und des in dem Alter …«
»Musik? Was spielt er denn so?«
»Greisliches Zeig, wannst mi fragst. Der macht
halt ois mitm Computer. Und am End spuilt er dann auf da Gitarrn dazu. Und
singt.« Mirl Schedlbauer klang wirklich wütend. »Aber jetzt ja nimmer. Jetzt
nimmt er a Auszeit !«
Schafmanns Kiefer war während des Gesprächs ein Stück
nach unten geklappt. Er sah zu Schwemmer, der sich gerade erhob.
»Dann wollen wir Sie nicht länger belästigen«, sagte
Schwemmer mit einem feinen Lächeln.
Schafmann stand ebenfalls auf.
»Wir wünschen Ihnen gute Besserung«, sagte Schwemmer.
Er ließ Schafmann den Vortritt zur Tür, doch dann, Schafmann war schon halb auf
dem Gang, drehte Schwemmer sich noch einmal um.
»Eine Frage habe ich noch …« Er zog den Notizzettel
aus der Tasche und reichte ihn an Mirl. »Das ist ein Handy der Firma SIS . Können Sie mir sagen, welcher Ihrer
Mitarbeiter das benutzt?«
Mirl las den Zettel mit gerunzelter Stirn. »Warum
wollts denn des wissen?«
»Frau Schedlbauer ist nicht verpflichtet, diese
Auskunft zu erteilen«, sagte Bichlmeier.
Schwemmer warf ihm einen freundlichen Blick zu.
»Natürlich ist sie das nicht. Sie bestehen also auf einem Gerichtsbeschluss?«
»Du brauchst nichts zu sagen, Tante Mirl«, sagte
Bichlmeier, aber sie winkte ärgerlich ab.
»I hab koa Zeit für so an Schmarrn«, sagte sie
ärgerlich. »Hab grad gnua am Hals.« Sie reichte den Zettel an ihre Tochter
weiter »Is des ned des Handy, das dem Viggerl gebn host?«, fragte sie.
»Der Viggerl hat das verloren vor ein paar Tagen«,
sagte Nanni hastig, noch bevor sie einen Blick auf den Zettel geworfen hatte.
»Wieso fragen Sie nach diesem Handy?«, fragte
Bichlmeier. Aber Schwemmer schien ihn nicht gehört zu haben.
»Viggerl? Sie meinen Ludwig Allensteiner, Ihren
Verlobten?«, fragte er Nanni.
»Gnau den«, sagte Mirl mit einem gehässigen Ton in der
Stimme. »Hab i mir immer gwünscht, an Schwiegersohn, der fast oid gnua für mi
selber war.« Sie sah herausfordernd zu Nanni, aber die hatte ihr den Rücken
zugewandt.
»Wann genau hat er es verloren? Gestern?«
Nanni schüttelte den Kopf. »Vor ein paar Tagen. Hab
ich doch gesagt.«
»Haben Sie die Nummer sperren lassen?«, fragte
Schafmann.
»Der Viggerl wollt sich drum kümmern«, sagte Nanni,
ohne jemanden anzusehen.
»Wieso fragen Sie überhaupt?«, insistierte Bichlmeier.
Seine Wangen glühten. »Frau Schedlbauer hat ein Recht –«
»Erreichen wir den Herrn Allensteiner zu Hause?«,
fragte Schwemmer.
»Er ist in Norddeutschland. Geschäftlich«, sagte
Nanni.
»Für die SIS ?«
»Gwiss ned«, sagte Mirl.
»Für seinen Vater«, murmelte Nanni.
Schwemmer lächelte freundlich ins Rund. »Dann sagen
wir erst mal servus. Sie hören von uns.« Er winkte zum Abschied, und sie verließen
das Zimmer.
Schafmann ging ein paar Schritte den Gang entlang, bis
sie außer Hörweite der Zimmertür waren, dann blieb er stehen. Er grinste
Schwemmer an. »Ein Hund bist scho«, sagte er.
Schwemmer machte eine beschwichtigende Geste und zog
seinen Notizblock aus der Tasche. »Wir sind noch nicht fertig. Hast du bei
deinem Handy die Nummer unterdrückt? … Gut. Dann wähl mal.« Er diktierte
Schafmann eine Nummer, die er von seinem Block ablas. »Horch nur, wer sich
meldet, dann leg auf.«
Schafmann tat, wie ihm geheißen. Nach drei oder vier
Freizeichen meldete sich eine Frauenstimme mit »Hallo?«, und Schafmann
unterbrach die Verbindung.
»Nanni Schedlbauer«, sagte er. »Kein Zweifel.«
»Das war die Nummer, die zuletzt auf Allensteiners
Handy angerufen hat«, sagte Schwemmer. »Heute Morgen. Es wurde zwei Minuten
gesprochen. Und unser Handy befand sich in Kaltenbrunn.«
»Da ist die Fabrik vom alten Allensteiner«, sagte
Schafmann.
»Genau. Und ich würd sagen, da fahren wir jetzt mal
hin.«
* * *
Magdalena versuchte zu funktionieren, und es gelang
ihr auch. Sie hatte einen Termin mit dem Vertreter einer Mietwäschefirma
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