Tod in Garmisch
und
einen mit dem des Kreisboten, der etwas enttäuscht war, dass das »Lenas« immer
noch keinen Online-Auftritt hatte. Sie gab ihm recht, es war ein Problem, aber
eines der Kategorie B.
Wastl wollte sich darum kümmern. Und Reserl wollte,
dass Magdalena Wastl sich darum kümmern ließ. Und Magdalena hatte Ja gesagt.
Natürlich war bis dato überhaupt nichts passiert, und nun hatte sie ein Problem
der Kategorie B, das sie nicht benötigte, das sie aber auch nicht loswurde.
Bald, sagte sie dem Mann vom Kreisboten, bald würde
die Seite stehen, und dann würde sie sofort eine Online-Anzeige schalten.
Der Mann war nett, aber sie war erleichtert, als er
weg war.
So kämpfte sie sich durch den Vormittag, und immer,
wenn da ein Moment war, in dem sie nicht von ihrer Arbeit gefordert war,
tauchte in ihrem Hinterkopf der Gedanke an Hausl Schwemmers Rat auf, sich einen
Anwalt zu besorgen. Und die Drohung einer offiziellen Vernehmung. Vernehmung en ,
hatte er gesagt. Den Großvater auch, hieß das wohl, und den Hias und vielleicht
sogar das Reserl.
Und wenn sie nicht an die offiziellen Vernehmungen
dachte, dachte sie an ihren Bruder.
Und wenn sie nicht an Wastl dachte, dachte sie an Herrn
Kant. An Herrn Kant, der eine Waffe trug.
Und wenn sie nicht an Herrn Kant dachte, dachte sie an
Andi.
Und natürlich dachte sie, sie denke an Andi, weil sie
hoffte, er würde auch noch diese Schicht übernehmen. Aber tatsächlich
war sie froh, arbeiten zu können, weil sie sonst nur an offizielle Vernehmungen
oder Wastl oder Herrn Kant und seine Waffe denken musste.
Irgendwann merkte sie, dass sie an Andi dachte, nur
weil sie froh war, dass es ihn gab.
Aber dann dachte sie an seine beigen Hemden, und dann dachte
sie wieder an Herrn Kant, der niemals beige Hemden tragen würde und braune
Augen mit kleinen goldenen Punkten hatte.
Und ein Lächeln, das sie immer noch nicht verstand.
Und eine Waffe.
Aber das hielt sie nicht ab, an seine Augen zu denken
und das Lächeln und die Art, wie er einfach so dastehen konnte und dabei der
Mittelpunkt des Raumes war, ohne irgendetwas zu tun.
Und die Art, wie er Berni Schedlbauer verjagt hatte,
ganz ohne Waffe.
Und dann dachte sie doch wieder an Waffen, Flinten,
Vernehmungen.
Ich kann nicht mehr, dachte sie, aber dann kam die
Weinlieferung, und sie konnte doch noch.
Und als dann kurz nach Mittag Andi hereinkam, Andi,
obwohl er erst um sechs am Abend Dienst hatte, war sein Hemd eher hellbraun als
beige, und die Krawatte war hellrot.
Und es war der schönste Moment ihres Tages.
Sie ging ihm ein paar Schritte entgegen und drückte
ihm einen Kuss auf die Wange.
»Danke«, sagte sie.
Andi sagte nichts. Er war sprachlos.
* * *
»Was hat dich auf Vinz Schedlbauer gebracht?«, fragte
Schafmann, aber der Rasta-Zivi kam mit einer Urinflasche in der Hand aus der
Tür direkt neben ihnen, und Schwemmer winkte Schafmann hinter sich her zum
Aufzug.
Schwemmer antwortete erst, als sie allein im Lift
standen.
»Er ist schmächtig, er hat dunkle Haare, und er ist
weg«, sagte er.
»Und wenn er doch in Südamerika ist?«, fragte
Schafmann.
»Dann«, sagte Schwemmer und trat aus der
auseinandergleitenden Aufzugtür, »hätt ich mich wohl geirrt.«
Sie gingen schweigend nebeneinanderher über den
Parkplatz zu ihrem Passat. Als sie den Wagen erreichten, sagte Schwemmer:
»Du fährst.«
Aber als sie eingestiegen waren und Schafmann den
Motor starten wollte, sagte er: »Warte noch.«
Schafmann fiel auf, dass Schwemmers rechte Hand seine
Jackentaschen abtastete, auf eine Art, als täte sie das ganz von allein. Dann
bemerkte Schwemmer es wohl selbst, denn die Bewegung hörte abrupt auf, und er
fuhr sein Fenster runter und wieder rauf, als müsse er seinen Fingern was zu
tun geben.
»Wenn ich mich nicht irre …«, sagte er langsam,
»dann haben wir einen toten Schedlbauer und gleich zwei verdächtige Meixners.«
Schwemmer kaute auf der Unterlippe.
Eine ganze Zeit lang schwieg er. »Aber warum sollte
die Nanni lügen?«, fragte er dann endlich.
»Wie wär’s, wenn wir feststellen lassen, ob auf einem der
Schedlbauer-Anschlüsse gestern aus Südamerika angerufen wurde?«, schlug
Schafmann vor.
Schwemmer kratzte sich am Kinn. »Was würden wir
gewinnen? Wenn es einen Anruf gab, kann das zum Beispiel auch heißen, dass die
Nanni gut lügt, und das trau ich ihr zu. Anden: Das ist ‘ne Menge Gegend. Sie
hat nicht mal das Land genannt. Vielleicht hat sie Bekannte da irgendwo, mit
denen sie
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