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Tod in Garmisch

Titel: Tod in Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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Platz
zu nehmen. Schafmann zupfte eine Serviette aus dem Steinkrug mit dem Besteck
und tupfte sich den Mund ab.
    »Ich hoff, den Herrschaften hat’s geschmeckt«, sagte
Nanni in einem Ton, der zweifellos das Gegenteil bedeutete.
    »Es war großartig. Vielen Dank«, sagte Schwemmer
lächelnd. Er warf einen Blick zu dem kleinen Alten, aber der saß weit genug
entfernt und starrte in sein Bier. Trotzdem sprach er betont leise weiter.
    »Ich wollt Ihnen die Frage heute Morgen nicht stellen
in Gegenwart Ihrer Frau Mutter«, sagte er. »Und bitte glauben Sie mir: Sie ist
nicht als Unverschämtheit gemeint … Aber ist es möglich, dass Sie sich irren,
was den Aufenthaltsort Ihres Bruders angeht?«
    In Nannis Gesicht begann es zu arbeiten, minimal nur,
aber es war zu bemerken.
    »Anders gefragt«, fuhr Schwemmer fort, »haben Sie wirklich gestern noch mit ihm telefoniert?«
    »Sonst hätt ich’s ja nicht gesagt«, fauchte sie.
    Schwemmer machte eine begütigende Geste. »Sie sind
also sicher, ich meine: absolut sicher , dass Ihr Bruder Vinzenz gestern
Abend … noch lebte?«
    »Was soll das?«, fragte sie. Sie war blass geworden.
    Schwemmer warf wieder einen kontrollierenden Blick zu
dem Alten und der Bedienung, beide waren weiterhin außer Hörweite.
    »Wir haben eine nicht identifizierte männliche Leiche,
bei der es sich möglicherweise, hören Sie?, möglicherweise um Ihren
Bruder handeln könnte . Es mag gute Gründe geben, zu behaupten, er sei in
den Anden, obwohl er es nicht ist. Möglicherweise gehen uns diese Gründe
auch gar nichts an. Aber wenn Sie nicht absolut sicher sind, dass es
Ihrem Bruder gut geht, sollten Sie uns dabei helfen, auszuschließen, dass es
sich bei dem Toten um Vinzenz handelt.«
    Nanni starrte mit verkniffenem Mund die hölzerne
Tischplatte an. Die Bedienung kam lächelnd an den Tisch, um zu fragen, ob alles
recht sei.
    »Scher dich fort!«, keifte Nanni sie an, und die junge
Frau verschwand mit erschrockenem Gesicht.
    Schwemmer hob ruhig sein Glas zum Mund und nahm einen
Schluck von dem Radler. Sie warteten geduldig.
    Schließlich sah Nanni auf ihre goldene Armbanduhr.
»Ich muss nach Murnau«, sagte sie.
    »Ich weiß«, sagte Schwemmer. »Werden Sie uns helfen?«
    »Ich muss nach Murnau«, wiederholte sie, als habe sie
Schwemmer gar nicht gehört.
    Auch Schwemmer sah auf seine Uhr. »Heute würd es
sowieso ein bisserl knapp werden. Wir müssen ja nach München. Wie wäre es
morgen?«
    »Ich ruf Sie an«, sagte Nanni. Dann stand sie auf und
verließ den Gastraum durch die Küchentür.
    »Sie ist nicht sicher«, sagte Schafmann.
    »Und sie ist nicht sicher, was sie tun soll«,
ergänzte Schwemmer.
    Er lockte lächelnd die eingeschüchterte Bedienung
heran und orderte die Rechnung.
    »Und was bedeutet das?«
    »Warten wir’s ab.«
    Schwemmer zahlte und stand auf. »Auf in den Kampf«,
sagte er. »Berichte wollen geschrieben sein.«
    * * *
    Es war kurz nach acht, als Schwemmer endlich seine
Haustür aufschloss, exakt in dem Moment, als ihm einfiel, dass er den Knoblauch
vergessen hatte.
    Burgl stand in der Küche am Herd. Sie sah ihn durch
die offene Tür an und sagte:
    »Du hast den Knoblauch vergessen.«
    »Grüß Gott, lieber Hausl«, sagte Schwemmer freundlich,
während er seinen Mantel aufhängte. »Wie schön, dass du endlich da bist. So spät ist es geworden im Büro? Hast bestimmt einen harten Tag gehabt, armer
Kerl. Magst einen Chantré? … An etwas in der Art hatt ich
gedacht.« Er ging in die Küche und küsste Burgl auf den Mund. »Aber passt
schon.«
    Sie erwiderte den Kuss. »Chantré? So schlimm war’s?«,
fragte sie.
    »Immerhin brauchst heute nicht mittrinken. Aber für
feine Küche hatt ich heut keinen Kopf.«
    Er ging zum Wohnzimmerschrank und schenkte sich einen
Weinbrand ein.
    »Was war denn?«, fragte Burgl, als er mit dem Glas
wieder in die Küche kam.
    »Willst die kurze oder die lange Version? Die kurze
dauert etwa ‘ne halbe Stunde.«
    »Dann essen wir erst, und dann erzählst du mir den
Director’s Cut.«
    »Ach weißt du …«, murmelte Schwemmer. »Ist heut nicht
Champions League?«
    »Nur im Pay- TV .
Du wirst dich mit mir und der Lasagne begnügen müssen.«
    Er trank den Chantré auf einen Zug aus und atmete tief
durch. Allmählich, mit der abnehmenden Anspannung, drang der Duft nach Kräutern
und Gebratenem in sein Bewusstsein. Er sah sich in der Küche um. Der Herd stand
voller Töpfe. Burgl füllte gerade die große Auflaufform abwechselnd

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