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Tod in Garmisch

Titel: Tod in Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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Schafmann.
    »Kennen wir die?«, fragte er.
    Der Rahmen enthielt das Farbporträt eines jungen
Mädchens. Keine ausgesprochene Schönheit, eher etwas herb. Sie strahlte eine
sympathische Offenheit aus, obwohl ihr Lächeln ein bisschen spröde wirkte. Nach
Kleidung und Frisur zu urteilen war das Foto ungefähr so alt wie das Muster von
Hias’ Tapete.
    »Nie gesehen«, sagte Schafmann. »Krieg ich einen
Abzug?«
    »Klar«, sagte Dräger.
    Durch die Gardinen der beiden kleinen Fenster sah
Schafmann Schwemmer und Magdalena Meixner den Berg herabkommen. Er ging vors
Haus und sah ihnen entgegen. Magdalena schien zu weinen, eine Vermutung, die
sich bestätigte, als sie näher kamen.
    Schwemmer, der hinter ihr ging, nickte Schafmann ernst
zu. Er wusste, was das bedeutete. Sie hatte die Narbe auf dem Foto
wiedererkannt.
    Magdalena stoppte und sah sich verwirrt um, offenbar
wurde ihr gerade erst klar, dass auf dem Hof etwas Ungewöhnliches vorging.
Hilfesuchend wandte sie sich an Schwemmer, doch der vergrub seine Hände in den
Hosentaschen und sah zu Boden.
    »Das kann nicht dein Ernst sein, Hausl«, sagte sie
heiser. »Was machts ihr hier? Nach was suchts ihr überhaupt?«
    Reserl Meixner kam aus dem Wohnhaus und stürmte auf
ihre Tochter zu.
    »Ois habens aufn Kopf gstellt. In mein Küchenschrank
sans neikrocha, als gab’s da was woaß i drin zum Entdecka!«
    Magdalena nahm sie in den Arm und starrte stumm vor
sich hin.
    Schwemmer ging langsam zu den beiden Frauen.
    »Tut mir leid«, sagte er leise.
    »Das hättst mir sagen müssen. Und dem Maiche auch«,
sagte Magdalena.
    »Hättst dann geholfen?«
    »Na, gwiss ned.«
    »Sigst«, sagte Schwemmer. Er blieb dort stehen, obwohl
keine der beiden ihn ansah. Für Schafmann sah es aus, als leiste Schwemmer eine
Art Buße ab.
    Frau Isenwald kam zu Schafmann. »Das mit den Schuhen
macht er aber nicht auch noch«, sagte sie in leisem Kommandoton.
    »Schon klar, ich kümmer mich«, antwortete Schafmann
ebenso leise und sah die Staatsanwältin überrascht an, als sie sagte:
    »Nein. Ich mach das.«
    Schwemmer verabschiedete sich mit einem leisen »Ade«
von den beiden Meixner-Frauen und ging zu seinem Wagen. Er sah niemanden an,
als er einstieg und den Passat langsam vom Hof rollen ließ.
    Schafmann blickte ihm nach. Er ahnte, wie Schwemmer
sich fühlte. Er hatte niemanden angelogen, niemandem geschadet und niemanden
bevorzugt.
    Nur seine Integrität hatte Schaden genommen.
    * * *
    Schwemmer saß an seinem Schreibtisch und grübelte über
das weitere Vorgehen. Der Rossmeisl Hias hatte seinen Namen und seine Anschrift
genannt und kein weiteres Wort gesagt. Normalerweise hätte er den Mann wieder
nach Hause geschickt, sogar nach dem Fund des Waffenversteckes in seiner Stube,
aber Frau Isenwald hatte das verhindert und angekündigt, einen Haftbefehl zu
beantragen.
    So saß der Hias unten in der Zelle neben der von Berni
Schedlbauer, dessen Einvernahme durch zwei Kollegen von der Wache auch keinen
Anlass geboten hatte, ihn vorschnell wieder laufen zu lassen, allen
angekündigten Eingaben des Bichlmeier Stoffl zum Trotz.
    Frau Isenwald hatte sich noch Magdalenas Bergschuhe
zeigen lassen. Lenerl hatte keine Lust mehr auf Spielchen gehabt und der
Staatsanwältin ihren Schuhschrank gezeigt, obwohl es ihr sehr widerstrebt
hatte.
    Sie hatte drei Paar Bergschuhe Größe 42, aber keines,
dessen Sohle zu den Abdrücken über der Klamm passte. Frau Isenwald hatte sich
höflich mit bewundernden Worten über das »Lenas« verabschiedet und Magdalena in
einen trostlosen Abend verabschiedet.
    Die gute Nachricht für Schwemmer war: Frau Isenwald
musste morgen bei Gericht plädieren und wusste noch nicht, ob sie würde kommen
können, aber sie versprach für den Morgen ein Fax mit dem
Durchsuchungsbeschluss für Vinzenz Schedlbauers Wohnung.
    Schwemmer sah auf die Uhr. Am liebsten wäre auch er
nach Hause gegangen. Es war spät genug, und er war erschöpft.
    Aber auch schlecht gelaunt, und das wollte er Burgl
ersparen.
    Es gab auch noch genug zu überdenken. Zu vieles passte
nicht zusammen an dem Szenario, das die Spuren darstellten.
    Jemand – verdächtig hier: der Meixner Maiche – hatte
auf Vinz Schedlbauer geschossen und ihn am Arm getroffen.
    In der Nähe des Schützen war ein Schuss eingeschlagen,
vom gleichen Kaliber und Fabrikat wie dem, mit dem Vinz Schedlbauer ins Gesicht
geschossen wurde.
    Schwemmer kritzelte auf einem Notizzettel herum. Warum
wurde dieser Schuss abgefeuert? Und von wem?

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